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Das Geschäft mit den Welttagen Warum Welttage bei Firmen beliebt sind

Viele Welttage dienen zur Aufklärung, Bewusstseinsschaffung oder zum Gedenken. Andere wiederum sind zur Belustigung. Und für viele Firmen sind sie vor allem eines: eine Marketingstrategie.

Vom «Spring-in-eine-Pfütze-und-bespritze-Deine-Freunde-Tag» bis zum «Welt-Aids-Tag» gibt es das ganze Jahr durch eine grosse Anzahl an Welttagen. Ursprünglich eingeführt von der UNO, um Bewusstsein zu schaffen, aufzuklären oder zu gedenken, kann heute jede Institution, von der Katholischen Kirche bis zu PR-Agenturen, oder eine Privatperson einen Welttag einführen.

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Einzig international anerkannte Welttage kann bis heute nur die UNO beschliessen. Ansonsten gilt die Faustregel: Ein Welttag wird zum Welttag, wenn sich genügend Menschen dafür interessieren. Dann können auch Unternehmen davon profitieren.

Viral durch Facebook

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So etwa der Internationale Tag der Jogginghose am 21. Januar. Im Jahr 2009 wurde dieser von vier jungen Österreichern ins Leben gerufen. Gemeinsam mit ihrer gesamten Schulklasse wollten sie am 21. Januar in Jogginghosen zur Schule zu kommen. Aufgrund allgemeiner Begeisterung kürten die Männer ein Jahr später den 21. Januar offiziell zum Internationalen Jogginghosentag. In diesem Fall bedeutet offiziell: Sie gründeten eine Veranstaltung auf Facebook.

Bereits im ersten Jahr fand der Jogginghosentag über 130'000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 2011 stieg die Zahl auf über 600'000. Heute wird der Tag in mehr als 50 Ländern zelebriert. Ist das Interesse gross, können auch Unternehmen von Welttagen profitieren.

So gibt es im Internet diverse Marketinglisten, die sich spezifisch auf Welttage fokussieren. Diese liefern zu Aktionstagen Werbeideen, die sich für Marketing, Kundenbindung, Events oder Employer Branding nutzen lassen. Auch in der Marketingberatung werden sie als Kommunikationsstrategie genutzt. Das bestätigt Stefan Vogler, Marketingberater in Zürich.

Erfolgsrezept Welttage

Welttage sind für viele Unternehmen ein Erfolgsrezept, um auf sich aufmerksam zu machen, so Vogler: «Jeder Welttag ist auch eine Marke. Eine Chance, ein positives Image aufzubauen.»

Stefan Vogler

Marketingberater

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Stefan Vogler ist Markenexperte und Marketingberater in Zürich. Seit 2006 berät er Unternehmen in den Feldern Branding, Marketing und Kommunikation. Ausserdem doziert er unter anderem an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich Business Communications und Marketing Communications. An der Schule für Gestaltung Bern-Bienne ist Stefan Vogler Dozent für Branding.

Etablierte Welttage wie der Muttertag oder der Valentinstag zeigen, dass das Geschäft mit Aktionstagen für Unternehmen lukrativ sein kann. Beide Welttage zusammen bringen den Schweizer Blumenläden insgesamt etwa 40 Millionen Franken ein. Das ist zwischen zwei bis fünf Prozent des gesamten Jahresumsatzes.

Kann die Beteiligung an einem Welttag auch als opportunistisches Marketing wahrgenommen werden? «Ja», meint Vogler, «es sei denn, es wird mit Taten statt Worten auf einen Welttag Bezug genommen». Wer des Produktes wegen einen Tag einführen möchte, muss damit rechnen, dass die Menschen nicht darauf anspringen.

Wenn der Schuss nach hinten losgeht

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Zum «Tag der Mutter Erde» am 22. April zeigte der Autohersteller Mercedes in einer Werbekampagne Muster aus der Natur, die das Mercedes-Logo nachbilden, mit dem übersetzten Slogan: «Unsere Zukunft war schon immer hier». Die englische Version des Slogans lautet: «Nature or Nothing. The new electric vehicle generation. It’s already here.» (Natur oder nichts. Die neue Generation der E-Autos. Sie ist bereits da.)

Die Nachhaltigkeitsplattform «Where From» warf dem Konzern daraufhin Greenwashing vor. Mit der Werbung wolle sich das Stuttgarter Unternehmen als nachhaltig und grün darstellen. Abgesehen davon, dass es sich bei dem Grossteil der produzierten Autos immer noch um Modelle mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren handle, sei auch die Umweltbilanz von E-Autos beziehungsweise ihre Herstellung umstritten. 

Bei sozialen und Umweltthemen könnten Unternehmen ausserdem Greenwashing unterstellt werden: «Die Problematik Greenwashing grassiert momentan extrem.»

Gefahr der Verwässerung

Oft fallen gleich mehrere Welttage auf ein gleiches Datum. Seitens der UNO gibt es zurzeit rund 200 Welttage. Dazu kommen zahlreiche inoffizielle Gedenktage. Weil sich lustige und ernste Welttage bunt durchmischen und es bisweilen nicht weniger werden, besteht laut Vogler die Gefahr, dass wichtige Anliegen verwässert werden.

Das hänge aber vom Umgang der Marken mit Welttagen ab, sagt Vogler. «Eine möglichst einzigartige Kommunikation und Differenzierung von anderen Marken ist ausschlaggebend.» Das Marketing mit Welttagen ist wie jede andere Kommunikation: «Entweder man trifft die Zielgruppe, oder man trifft sie nicht.»

«Ohne diesen Welttag könnten wir unsere Arbeit nicht machen»

Andreas Lehner ist Geschäftsführer der Aids-Hilfe Schweiz. Zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember sagt er offen: «Das ist ein wichtiger Tag für uns.» Einerseits sei es ein Tag, an dem sie Menschen gedenken, die an Aids gestorben sind und Solidarität denen gegenüber zeigen, die mit HIV leben. Es sei aber auch ein wichtiger Tag für das Fundraising: «An diesem Tag nehmen wir die meisten Spenden ein. Ohne diese Spenden könnten wir unsere Arbeit nicht machen.»

Er findet, der Welttag verwässert das Thema nicht: «Die Menschen, die Medien – alle hören uns zu», so Andreas Lehner. Wobei: «Vielleicht noch nicht ganz alle. Darum müssen wir es weiterhin machen.»

Radio SRF 1, Treffpunkt, 20.3.2024, 10:00 Uhr

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