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Die BuchKönig bloggt Bei Donna Leon stirbt man vor Langeweile

Seit der ersten Stunde habe ich die Krimis von Donna Leon um den liebenswerten Commissario Brunetti geliebt. Anders als bei vielen Intellektuellen ist mir das nicht peinlich. Doch diese Liebe ist erkaltet. Auch Brunettis neuster Fall «Stille Wasser» kann daran nichts ändern.

Bewertung: 1 von 5 Kronen
Legende: Bewertung: 1 Krone Colourbox

Ufff. Wer hätte gedacht, dass Brunetti und ich fast gestorben wären. Er an Herzbeschwerden während eines Verhörs. Ich wegen zu wenig Stress bei der Lektüre. Zugegeben: Wir haben das den Ärzten nur vorgegaukelt.

«Stille Wasser» ist Commissario Brunettis sechsundzwanzigster Fall. Nach so vielen Fällen braucht dieser mal eine Auszeit. Um sich vom Alltagsstress in der Questura zu erholen, zieht Brunetti für drei Wochen auf die kleine Insel Sant' Erasmo. Diese liegt idyllisch in der Lagune von Venedig. Der Commissario geniesst die Inselruhe. Er liebt es, ungestört in den Tag hinein zu lesen und frühmorgens mit seinem Freund Casati durch die stillen Wasser der Lagune zu rudern.

«Schnell wurde für Brunetti das Inselleben zur Gewohnheit: Er und Casati trafen sich jeden Morgen und verbrachten die Vormittagsstunden in der Lagune. Wenn sie nachmittags zurückkamen, ging Brunnetti, nachdem Ruder und Eisenrost verstaut waren, in die Villa und las ein Stündchen. Oder er streifte durch die belebteren Teile der Insel, und wenn er jemandem begegnete, grüsste er freundlich.»

Zu viel Entspannung für mich. Vor allem, wenn sich diese über mehrere Kapitel dahinzieht. Wenn ich Inselferien mache, dann maximal eine Woche und mit vollem Programm. Gerade als mir das Buch wegen geistiger und physischer Schlappheit aus der Hand zu fallen droht, wird Guido Brunettis Ruhe durch einen Mord gestört.

EKG-Diagramm mit  Herzstillstand gezeichnet von Annette König
Legende: Mein EKG während der Lektüre Inzwischen aber hat mein Herzschlag wieder eingesetzt AK

Daumen rauf

Die Geschichte lebt von der Wiedersehensfreude. Ich hatte beim Lesen das Gefühl: Da, gleich um die Ecke, sitzt er – mein Freund Guido, vor seinem Teller Spaghetti alle vongole und trinkt dazu ein Glas Weisswein. Leider ist das dann aber auch schon alles.

Daumen runter

  • Langweile pur. Erst sterben Bienchen, dann stirbt ein Imker. Brunetti ermittelt und deckt Giftmüllsünden in der Lagune auf. Das überrascht niemand.
  • Die Autorin Donna Leon ist 74 Jahre alt. Offenbar will sie beim Schreiben nicht mehr aus der Puste kommen. Doch auch beim Krimi schreiben ist es wie beim Velofahren: Kommt man nicht in die Gänge, dann kippt man um.
  • Die schlaffe Krimihandlung habe ich vorausgeahnt. Schon die letzten Fälle waren entsprechend lahm. Aber was in «Stille Wasser» unverzeihlich ist: Brunetti will mit Rudern seinen Bauch abtrainieren. Daher finden selbst kulinarische Höhenflüge in diesem Krimi nicht statt! Ausser einmal. Da verspeist Brunetti einen Korb voll reifer, süsser, saftiger Aprikosen. Immerhin.

Die Autorin

Donna Leon wurde 1942 in Monclair, New Jersey geboren. Mit 23 Jahren hat sie Amerika verlassen und ist nach Italien emigriert. Der Lagunenstadt Venedig gilt bis heute ihre ganze Liebe.

Die BuchKönig

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Ich, Annette König, bin Redaktorin bei SRF Literatur. In meinem Bücher-Blog teile ich meine Lese-Leidenschaft mit allen, die Bücher lieben. Nebenwirkungen wie Herzklopfen, Melancholie, Heiterkeit, Verzauberung, Unbehagen und Anzeichen schwerer (Sprach)Verliebtheit sind nicht ausgeschlossen.

Das Buch: Donna Leon: «Stille Wasser» (2017, Diogenes)

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