«Es isch der Summer 1982 gsi und im Radio isch fasch jede Tag «Da Da Da» gloufe, e dütsche Song vor Band «Trio», en eifache Song, e banale Song, aber eine, wo passt het zu dene Johr. Uf üsere Boustöu hei si wider einisch gfunge, es tüeg am Lehrbueb guet, chli säubständig z schaffe. Auso han i wuchelang müesse Sanitär- und Elektrikerschlitze zuemuure.»
Charly, 17, Maurerstift, wird auf der Baustelle von seinen Arbeitskollegen ständig drangsaliert und hochgenommen. Das gefällt dem alten Maurer «Primitivo» nicht. Er nimmt Charly unter seine Fittiche und hilft ihm, wenn immer es die Situation erfordert.
Charly und Primitivo kennen sich seit einem Jahr. Unter der Woche mauern sie Seite an Seite. An den Wochenenden treffen sie sich in Primitivos Barackenunterkunft. Essen, trinken, diskutieren über Gott und die Welt. Und der Alte bringt dem Jungen das Leben und die Liebe zu Gedichten bei.
Daumen rauf
- Totau konfortabu . In diesem Buch fühlt man sich sofort zu Hause. Hier geht es um kleine Welten und vertraute Lebensentwürfe, die wir alle kennen.
- Guet gmacht. Der Roman beginnt mit Primitivos Unfall und endet mit seiner Beerdigung. Dazwischen lässt Ich-Erzähler Charly seine Erinnerungen an seinen Freund Revue passieren und verschränkt sein Leben mit Primitivos abenteuerlichen Lebensgeschichte.
- Abetüürlech. Als Kind musste Primitivo in Asturien in der Kohlemine schuften. Als junger Mann war er Revoluzzer, kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg für eine bessere Welt und musste nach Kanada flüchten. Dann durchquerte er den amerikanischen Kontinent und liess sich in Uruguay nieder. Erlebte den Bankencrash und kam zufällig dem berüchtigten Nazi-Kriegsverbrecher Josef Mengele auf die Spur.
- Läbensächt. Pedro Lenz schreibt authentisch. Die Figuren handeln und sprechen wie im echten Leben. Der Schauplatz ist so anschaulich beschrieben, dass man sich die Zementspritzer gleich aus dem Gesicht wischen muss.
- Nochdänklech . In diesem Buch wird über Heimat sinniert. Im Gegensatz zu anderen Gastarbeitern will Primitivo nicht mehr nach Asturien zurück. Er träumt nicht von Heimkehr und verklärt nicht das Leben, das er dort hätte haben können. Er ist sich bewusst: «Dä, wo geit, verlüürt sini Heimat. D Heimat chasch mit ere Frou vergliiche, di chasch ou nid eifach hurti vierzg Johr lang verlo und meine, we de vierzg Johr spöter zrüggchiemsch, sig si no die, wo d mou kennt hesch, und si heig uf di gwartet und aus sig no gliich wi ir erschte Verliebtheit.» Primitivo jammert nicht. Er will seinen Lebensabend in der Schweiz geniessen. Was für ein guter Typ!
- Persönlech. Dieser Roman weist viele autobiografische Bezüge auf und lässt mich an Pedro Lenz' Weltanschauung teilhaben. Pedro Lenz ist wie Charly in Langenthal aufgewachsen, hat eine spanische Mutter und eine Lehre als Maurer gemacht. Auch kennt er sich mit spanischer Dichtkunst aus. U.a. mit den Gedichten von Rafael Alberti, Antonio Machado, Manuel Machado, Miguel Hernández, Blas de Otero, Ángel González, Octavio Paz, Nicanor Parra.
Daumen runter
- Schmärzhaft . Pedro Lenz schreibt im Oberaargauer-Dialekt. Das ist zwar wunderschön, aber nicht für meinen Kiefer. Denn der formt automatisch - zum besseren Verständnis - alle Wörter mit: «loufe», «vüu», «aui», «haubi», «aune», «auni». Autschi.
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Der Autor
Pedro Lenz, 1965 in Langenthal geboren, wohnt in Olten. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Sein erster Roman «Der Goalie bin ig» wurde mit dem Schillerpreis 2011 und dem Literaturpreis des Kantons Bern ausgezeichnet und 2014 von Regisseurin Sabine Boss verfilmt.
Das Buch: Pedro Lenz: «Primitivo» (Cosmos, 2020)
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