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Annette König steht auf einer Waage. Die Anzeige ist 100.1 Kilogramm. Und zwischen den Füssen liegt das Buch «Unter der Mitternachtssonne»
Legende: Das Gegenteil von spannend Annette König gibt diesem übergewichtigen Thriller zwei Kronen. SRF

Die BuchKönig bloggt Keigo Higashino ist mir zu dick!

«Unter der Mitternachtssonne» von Keigo Higashino ist ein dicker, schlapper Thriller. Ein Thriller ohne Thrill. Erst gegen Ende kommt so was wie Spannung auf. Zu spät. Bei mir ist da schon längst die Luft raus. Pfffffffff.

Normalerweise ist Keigo Higashino ein sicherer Wert. Sein letztes Buch «Ich habe ihn getötet» hat mich begeistert. Ein Ermittlungskrimi, aus der Perspektive von drei Mordverdächtigen geschrieben. Super packend.

Keigo Higashino ist ein Könner, deshalb habe ich mich auf seinen neuen 720 Seiten starken Thriller «Unter der Mitternachtssonne» gestürzt. Und bin enttäuscht. Grummel.

Bewertung: zwei Kronen

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Zwei Kronen

Keigo Higashinos Hinhalte- und Verzögerungstaktik funktioniert in diesem Thriller nicht.

Alles beginnt 1973. Ein Pfandleiher wird in Osaka umgebracht. Doch die Ermittlungen verlaufen im Sand. Bis Kommissar Sasagaki 20 Jahre später auf die Spur von Ryo und Yukiho kommt. Ryo ist der Sohn des Opfers. Yukiho die hübsche Tochter der Hauptverdächtigen. In ihrem Umfeld häufen sich Mord und sexuelle Übergriffe. Kommissar Sasagaki wird hellhörig. Kennen die beiden sich? Spannen sie zusammen? Er entwickelt eine Theorie: Ryo und Yukiho bilden eine Symbiose wie zwei Meerestiere:

«Ein Knallkrebs gräbt sich eine Höhle und wohnt darin. Aber manchmal nistet sich auch jemand anders darin ein. Eine Grundel. Zum Dank bewacht sie den Eingang der Höhle und warnt den Krebs, wenn sich von aussen ein Feind nähert. Eine für beide profitable Zusammenarbeit, so was nennt man Symbiose.»

Grafik mit Figur die die Yoga-Übung «Hund» macht.
Legende: Aus fehlendem Thrill wird Meditation Annette König empfiehlt, Keigo Higashinos Thriller in der Yoga-Stellung «herabschauender Hund» zu lesen. So schaut wenigstens etwas dabei raus. Man übt innere Ruhe und Kraft. Das Hirn wird durchblutet, der Geist geklärt. Man entwickelt Willenskraft und aus Langeweile Kreativität. SRF

Daumen rauf

  • Gut, wie der Autor die Perspektiven wechselt. Erst bin ich mit Kommissar Sasagaki unterwegs. Dann sehe ich ihn mit den Augen der Opfer und der Verdächtigen: Ein Polizist, der aussieht wie ein Sushi-Koch, mit grauem Haar und Mittelscheitel.
  • Interessant auch der Blick in die japanische Gesellschaft. Ich erfahre, dass sexuelle Übergriffe in Japan ein grosses Tabu sind. Wer damit an die Öffentlichkeit geht, verstösst gegen die Regeln und wird fertiggemacht. Bang, Bang. Hat man auch in der japanischen #MeToo-Debatte gesehen.

Daumen runter

  • Dieser Thriller ist kein Thriller. Erst auf den letzten 100 Seiten entwickelt er einen Anflug von Spannung. Nur leider weiss ich da schon lange, worauf die Geschichte hinausläuft.
  • Viel zu viel Personal. Und dann noch alle mit japanischen Namen. Am Ende weiss ich nicht mehr: Wer ist wer und wer hat wen umgebracht. Vor lauter: Sasagaki, Tagawa, Terasaki, Nishimoto, Nagatsuka, Matsuno, Koga, Kirihara, Fujimura, Akiyoshi, Imadea, Takamiya, Misawa, Sugawara, Kazunari, Tezuka, Shinozuka. Und das sind nur ein paar!
  • Verwirrende Zeitsprünge. Der Autor hüpft im Drei-Jahres-Rhythmus voran. Macht das aber nicht kenntlich. Das nervt mich.

Was haltet ihr von «Unter der Mitternachtssonne»? Diskutiert mit auf Facebook.

Das Buch «Unter der Mitternachtssonne» liegt auf einem weissen Teller. Messer und Gabel daneben.
Legende: Kommissar Sasagaki steht nicht auf westliche Küche. Das verstehe ich. Auch ich liebe Sushi, Sashimi und Sake. SRF

Der Autor

Keigo Higashino, geboren 1958 in Osaka, Japan. Nach seinem Ingenieur-Studium begann der Kapitän einer Bogenschützenmannschaft Kriminalromane zu schreiben. Viele davon wurden für Kino und Fernsehen adaptiert und mit Preisen ausgezeichnet. Er lebt zurückgezogen in Tokio.

Das Buch: Keigo Higashino: «Unter der Mitternachtssonne» (2018, Tropen)

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Ich, Annette König, bin Redaktorin bei SRF Literatur. In meinem Bücher-Blog teile ich meine Lese-Leidenschaft mit allen, die Bücher lieben. Nebenwirkungen wie Herzklopfen, Melancholie, Heiterkeit, Verzauberung, Unbehagen und Anzeichen schwerer (Sprach)Verliebtheit sind nicht ausgeschlossen.

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