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Die BuchKönig bloggt Mein Solothurner Literatur-Tage-Buch

SRF-Buchbloggerin Annette König präsentiert die Highlights der Solothurner Literaturtage 2019.

Sonntag, 18 Uhr

Annette König hält ihre Füsse ins Wasser
Legende: Auf zu neuen Büchern. Annette König erholt sich von der Bloggerei bei der Lektüre vom frisch erschienenen Roman «Eine Welt in den Händen» von Maylis de Kerangal. SRF

«Tschüssi – macht’s gut». Mit der Lesung von Thomas Hürlimann sind die 41. Solothurner Literaturtage vorbei. Es war schön mit euch!

Sonntag, 17 Uhr

Annette König neben einem Stapel Bücher
Legende: Auf Beutezug in der Literaturtage Buchhandlung. SRF

70 Autorinnen und Autoren haben an den 41. Solothurner Literaturtagen aus ihren Büchern gelesen. Mehr als 200 Veranstaltungen hat es gegeben. Und auch wenn ich mich gevierteilt hätte, ich hätte nicht alles erleben können. Die rappelvolle Lyriklesung von Sascha Garzetti mit ganz viel jungem Publikum. Den grossartigen Film über den Lyriker Fabio Pusterla. Eine Bekannte ist so ins Schwärmen gekommen, dass ich das Gefühl habe, den Film des Jahres verpasst zu haben. Oder dann die Spoken-Word-Performance von Gerhard Meister.

Eben habe ich noch einen Tipp gekriegt: die Autorin Rinny Gremaud aus Lausanne müsse ich unbedingt auf dem Radar haben. Ihr Debüt sei was ganz Besonderes. In «Un mode en toc» gehe sie auf eine Reise zu den grössten Malls der Welt. Die Autorin blicke fasziniert und ironisch auf die Welt der Konsumtempel. Für ihr Debüt hat sie den renommierten Prix Michel-Dentan erhalten. Ihr Roman wird nächstes Jahr auf Deutsch im Verlag Die Brotsuppe erscheinen.

Sonntag, 14 Uhr

Live im «BuchZeichen» in der Cantina del Vino. Rolf Hermann, drei Leserinnen und ich unterhalten uns über Hermanns Buch «Flüchtiges Zuhause» und darüber, was Bücher bedeutet. Es moderiert Literaturredaktorin Britta Spichiger.

Sonntag, 13 Uhr

Dima Wannous ist vie Skype zugeschaltet und ihr Bild auf eine Leinwand übertragen.
Legende: Dima Wannous an den 41. Solothurner Literaturtagen. SRF

Eben erfahre ich, dass die Pen-Veranstaltung mit der Syrerin Dima Wannous jetzt doch stattfindet. Sie wurde abgesagt, weil ihr der Laptop und der Pass gestohlen wurde und sie nicht von London in die Schweiz fliegen konnte. Nun wird sie einfach via Skype zugeschaltet. Innerlich jubelnd rase ich in die Säulenhalle. Ihren Roman «Die Verängstigten» finde ich unglaublich stark. Selten hat mich ein Buch derart berührt. Wannous gibt der Angst, die 23 Millionen Syrerinnen und Syrer verbindet, ein Gesicht. Sie sei immer mutig gewesen. Doch dann wurde ihr Ex-Mann inhaftiert, weil Journalist. Und als er dann nach mehreren Monaten wieder rausgekommen sei, da hätte bei ihr die Panik begonnen. Die Panik, ihn erneut zu verlieren. Während ich Dima Wannous zuhöre, kämpfe ich mit den Tränen.

Sonntag, 12.30 Uhr

Tabea Steiner liest aus ihrem Roman «Balg» auf der Aussenbühne unter einem Sonnenschirm
Legende: Tabea Steiner an den 41. Solothurner Literaturtagen. SRF

Tabea Steiner liest auf der Aussenbühne aus ihrem Debüt «Balg». In ihrem Roman entlarvt sie das Familienidyll auf dem Land. In diesem Dorf, in dem jeder jeden kennt, man aber lieber übereinander statt miteinander spricht, dokumentiert die Autorin das Ungesagte, das schwer über dem Dorf wiegt. Ein berührendes Debüt aus der Ostschweiz, das man entdecken muss!

Sonntag, 12 Uhr

Larissa Bender und Annette König in einer Arbeitssitzung
Legende: Larissa Bender datiert mich auf in Sachen arabischer Literatur. SRF

Zufällig treffe ich auf die Übersetzerin Larissa Bender. Sie ist Kennerin der arabischen Literatur. Wir unterhalten uns angeregt über die neusten Bücher aus dem arabischen Raum. Eines davon ist «Das Schneckenhaus» von Mustafa Khalifa. Er sei ein klassischer Autor und dieser Roman gelte als das meistgelesenste Buch in Syrien.

Sonntag, 10.30 Uhr

Karen Duve nimmt den Solothurner Literaturpreis 2019 im Stadttheater entgegen.
Legende: Karen Duve nimmt den Solothurner Literaturpreis 2019 entgegen. SRF

Der Solothurner Literaturpreis 2019 geht an Karen Duve! Eine Schrifstellerin, die immer aufs Ganze geht. Nicola Steiner hält eine Laudatio, die mich und Karen Duve glücklich macht. Ich würde am liebsten gleich alle Bücher von ihr verschlingen und Duve gleich rauslaufen, um weiter zu schreiben. Win Win!

Sonntag, 7 Uhr

Das Buch  «Flüchtiges Zuhause» von Rolf Hermann liegt auf einer weissen Bettdecke
Legende: Rolf Hermann und ich sind heute Gäste im «BuchZeichen» um 14 Uhr in der Cantina del Vino. SRF

Meine morgendliche Bettlektüre heute ist «Flüchtiges Zuhause» von Rolf Hermann. Ein zartes und poetisches Erinnerungsbuch. Der Autor blickt auf seine Kindheit und Jugend im Wallis zurück. Er erzählt, wie ihn die Landschaft mit den steilen Berghängen geprägt hat. Die Familie, Erlebnisse, Abschiede und Sehnsüchte. Ausgangspunkt seiner Geschichten sind Erinnerungen. Erinnerungen an flüchtige Momente tiefster Verbundenheit: mit der Natur, mit sich selbst, mit anderen Menschen und der Welt. Indem Rolf Hermann über sie schreibt, verleiht er ihnen Beständigkeit. Solche liebevollen Bücher braucht die Welt. Hätte ich es nicht bereits vor Solothurn entdeckt, dann bestimmt hier!

Samstag, 21 Uhr

Hungrig von den vielen Eindrücken verschlinge ich zufrieden Steak mit Pommes. Während es um mich herum zugeht wie im Taubenschlag. Erst ist da Joey Goebel, dann Martin R. Dean, gefolgt von Roman Bucheli und Nell Zink. Die einen flattern weiter an die Fussballlesung, die anderen ans Spoken-Word-Bühnenbrogramm «Schlaflos – Ich wach mich kaputt» von Sibylle Aeberli und Stefanie Grob und die dritten in die Duftbar zu Tim Krohn. Alle ausser mir - und Nell Zink. Wir plaudern fröhlich in die Nacht und freuen uns bereits auf ein Wiedersehen am Literaturfestival in Leukerbad.

Samstag, 18 Uhr

Joe Goebel, Ruth Geiger und Annette König sitzen an einem Tisch und lachen in die Kamera
Legende: Joey Goebel, Ruth Geiger und Annette König an den 41. Solothurner Literaturtagen. SRF

Jetzt gerade liest Joey Goebel im Landhaussaal aus seinem neuen Sammelband mit Short Stories. Gestern habe ich ihn getroffen. Ein verschmitzter, ruhiger, scheuer Typ. In breitem Kentucky erzählt er mir, auf der Bühne zu stehen, vor Publikum zu lesen, sei für ihn so richtig schlimm. Und das, obwohl er früher als Teenager oft mit einer Band aufgetreten sei. Erst mit 20 habe er begonnen zu Schreiben. Und jetzt habe er sich zum ersten Mal an Short Stories versucht.

«Irgendwann wird es gut» erzählt von einsamen Menschen, die in einer Kleinstadt in Kentucky ein ödes Leben fristen. Ihre Träume haben sich in Luft aufgelöst. Sie fühlen sich um ihr Stück vom Glück betrogen. Gleichwohl geben sie nicht auf. Kämpfen weiter, weil sie wissen: Irgendwann kommt alles gut.

Und dann kommen Joey Goebel und ich irgendwie auf die Comedy-Serie «Full House» zu sprechen. Warum unsere Kids sie so lieben und stundenlang schauen können. Die Antwort liegt in Goebels Buch: Am Ende jeder Episode kommt nämlich immer alles gut!

Samstag, 16 Uhr

Cornet Glace
Legende: Banane-Schokolade zum Zweiten. Welche Kombi habt ihr ausprobiert? SRF

Komme nicht vom Fleck. Wollte eben schnell einen Cappuccino trinken und gleich weiter. Doch bevor ich die Tasse an die Lippen geführt habe, bin ich in ein Gespräch verwickelt. Erfahre was Arthur Schopenhauer über Schriftstellerei und Stil geschrieben hat. Kriege eine Must-Read-Empfehlung für das Debüt «Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat» von Demian Lienhard. Genau das liebe ich an Solothurn. Und was ich auch noch liebe: die beste Gelateria in town. Der Aare entlang Richtung Wengibrücke, dann den Stalden rauf. Banane-Schokolade. Yammi. Ein Traum!

Samstag, 14 Uhr

Drei Romane vor Betonhintergrund - Julia von Lucadou: Die Hochhausspringerin, Heinz Helle: Eigentlich müssten wir tanzen und Karen Duve: Macht.
Legende: Dystopische Leseempfehlung! SRF

Sitze in der Podiumsdiskussion «Dystopie». Erfahre, warum negative Zukunftsentwürfe so wichtig sind. Sie sagen etwas über eine gegenwärtige Entwicklung aus. Und ein Infragestellen einer solchen könne zu Veränderungen führen. Aber warum dann nicht gleich Utopien? Diese seien einfach langweilig. Niemand wolle so was lesen. Was interessiere, sei das Doppelbödige. Darum würden Dystopien boomen. Selbst Karen Duve räumt ein, dass sie Spass daran gehabt hatte, ihren Protagonisten in ihrem Roman «Macht» kriminell werden zu lassen. Übrigens eine der Dystopien nebst dem Klassiker von George Orwell, die ich nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Samstag, 12 Uhr

Buchsignatur von Judith Schalansky
Legende: Wenn Judith Schalansky ein Buch signiert, dann ist das Kunst. SRF

Eben bin ich Gallus Frei-Tomic begegnet. Er ist ein leidenschaftlicher Leser und Blogger. Immer wenn wir uns sehen, tauschen wir uns rege aus. Gallus kommt gerade aus Judith Schalanskys Lesung. Er erzählt mir mit solcher Begeisterung von Schalanskys Buchkunst, von ihrer Sprachvirtuosität, dass es ansteckend ist. Von ihrem Können, die Errungenschaften der Welt aus dem Astralleib des Vergessens hinauszutragen in eine Perle der Literaur. Wow. Verstehe ich zwar nicht wirklich, aber meine Neugier ist geweckt. «Verzeichnis einiger Verluste» kommt gleich nach «Das goldene Notizbuch» auf meinen Lesestapel.

Samstag, 10 Uhr

Nell Zink
Legende: Nell Zink an den 41. Solothurner Literaturtagen SRF

Erneutes Aufeinandertreffen mit Nell Zink. Dieses Mal gibt sie mir ihren ultimativen Buchtipp. Jane Austen habe sie geprägt. Aber «Das goldene Notizbuch» von Doris Lessing finde sie den grössten Roman des 20. Jahrhunderts. Es sei praktisch das einzige Buch, in dem die Psychologie und die Politik des 20. Jahrhunderts eine aktive Rolle spiele. Sie verneige ihr Haupt in tiefster Ehrfurcht davor. Ein hypnotisches Buch, das fesselnd vom schmerzlichen Versuch erzählt, in dieser Welt eine ganze Frau zu sein. Doris Lessing hat dafür 2007 den Literaturnobelpreis erhalten.

Freitag, 19 Uhr

Ferdinand von Schirach
Legende: Ferdinand von Schirach an den 41. Solothurner Literaturtagen. SRF

Ferdinand von Schirach treffe ich zufällig in einem der Gartenrestaurants an der Aare an. Nichts abgemacht, Solothurn like spontan. Wir sprechen kurz über sein Buch. Dann über Solothurn. Dieser Ort sei grossartig. Freundlich, offen. Gleiches kann man auch vom deutschen Schriftsteller sagen, der übrigens mit Benedict Wells verwandt ist. Die Lesung dann im vollen Landhaussaal ist grossartig. Geistreich, witzig, tiefgründig. Ferdinand von Schirach ist alles in einem: humorvoller Entertainer und glänzender Redner.

Sein Erzählband «Kaffee und Zigaretten» ist sein persönlichstes Buch. Schirach verwebt autobiografische Erzählungen, Notizen und Beobachtungen zu einem grösseren Ganzen. Sinniert über den Unterschied von Wahrheit und Wirklichkeit. Über das Glück, das immer nur für einen flüchtigen Moment andauert.

Und am Schluss hält der Schriftsteller eine eindrückliche Brandrede für Europa, Demokratie, Diversität und Freiheit. Diese seien die wahren Utopien, die endlich Wirklichkeit werden müssen. Einziger Wermutstropfen: Seine Fans warteten am Signiertisch vergeblich auf den Autor. Ferdinand von Schirach ist scheinbar gleich nach der Lesung nach Zürich verschwunden.

Freitag, 16 Uhr

Milena Moser und Annette König lachen
Legende: Nachher-Bild SRF

Auf Video-Dreh mit Milena Moser. Sie begrüsst mich freundlich und sagt: ach, du bist das! Ich, leicht betupft, nicke. Ja, das bin ich. Ich habe über ihr neues Buch «Land der Söhne» eine kritische Anmerkung gemacht. Diese hat Milena Moser nicht vergessen. Sie zieht mich damit auf. Und - fetz - die Chemie stimmt, wir beginnen herzhaft zu lachen. Ich mag diese Frau, wie sie mich mit ihren Büchern an ihrem Leben teilhaben lässt.

Gerade schreibt sie an einer mexikanischen Kultur- und Liebesgeschichte. Es geht um den Dia de los muertos, den Tag der Toten. Das Verhältnis zum Tod sei in Mexiko ein ganz anderes als in der Schweiz. Und das wolle sie ergründen. Denn obwohl sie schon einige Jahre in Santa Fe, New Mexiko lebe, sei ihr dort vieles kulturell sehr fremd. Und sie wolle sich auch mit dem Tod auseinandersetzen. Denn ihr Partner sei schwer krank.

Buchhinweis: «Den Toten geht es blendend» erscheint bei Nagel & Kimche im Herbst 2019.

Milena Moser und Annette König stehen nebeneinander
Legende: Vorher-Bild SRF

Freitag, 14 Uhr

Das Stadtheater ist voll. Grund: die Podiumsdiskussion «Machtstrukturen im Literaturbetrieb». Es diskutieren Annette Hug, Dani Landolf und Silvia Ricci Lempen. Neues erfahre ich nicht. Ausser: legt man Zahlen und Fakten auf den Tisch, dann hat das Gewicht. Nach der Veranstaltung begegne ich der Amerikanerin Nell Zink in einer der Gassen. Sie schüttelt den Kopf. Solche Diskussionen würden doch nichts bringen. Ich frage sie, was denn etwas bringen würde? Frage zu komplex, Zeit zu knapp. Zink huscht in die eine, ich in die andere Richtung weiter.

Blick auf die Bühne des Stadttheaters
Legende: Die Zuschauerinnen und Zuschauer lauschen gebannt der Diskussion. Die Zeit reicht aber nur für eine Auslegeordnung. SRF

Freitag, 10 Uhr

Jetzt gerade liest Martin R. Dean im Landhaussaal aus seinem neuen Roman «Warum wir zusammen sind». Ich habe sein Buch gelesen. Dean nimmt mich mit aufs Eis. Befreundete Paare feiern auf der Kunsteisbahn den Millenniumwechsel. Das ist der Anfang von «Warum wir zusammen sind».

Martin R. Dean an den 41. Solothurhner Literaturtagen
Legende: Martin R. Dean an den 41. Solothurner Literaturtagen. SRF

Ein kluger Beziehungsroman, der auf den Punkt bringt, mit was für Herausforderungen heutige Paare klarkommen müssen. Beziehungsarbeit ist eben vergleichbar mit Spitzensport. Da braucht es Durchhaltewillen und viel Training. Da läuft nicht immer alles glatt. Da gibt es Ausrutscher, da drücken die Schlittschuhe, da schneiden die Kufen. Da schlägt man auch mal ganz schön hart auf. Also: dranbleiben und dieses Buch lesen. Denn es kommt gut, wie es kommt.

Freitag, 6 Uhr

Annette König im SRF-Sendewagen
Legende: Im SRF-Sendewagen an der Aare, bei der Cantina del Vino. SRF

Morgen früh um sechs talkt die kleine Hex. Vielleicht habt ihr mich ja gehört. Und wenn nicht, dann könnt ihr das jetzt gleich: im «Treffpunkt» auf SRF 1 zum Thema «Literatur erleben». Mit einem schönen Quote von Franz Hohler. Gestern bin ich ihm begegnet und habe die Chance gleich genutzt. Wie das halt so ist – in Solothurn heisst es derzeit: Bücher, Begegnungen und anregende Gespräche.

Donnerstag, 18 Uhr

Annette König freut sich darüber, dass die Solothurner Literaturtage eröffnet sind
Legende: Juhu! Die Solothurner Literaturtage sind eröffnet Annette König ist von so viel Literatur an einem Ort euphorisiert. SRF

Endlich mal eine Eröffnung, die mir von A bis Z gefallen hat. Die Stimmung war super, die Musik groovy. Die Reden klug, der Apéro gut. Die Leiterin Reina Gehrig hat Solothurn als Ort der Literatur gefeiert. Die amerikanische Autorin Nell Zink hat mit einer ironisch-provokativen Rede die Gender-Debatte befeuert.

Nell Zink an der Ëröffnung der Literaturtage
Legende: Die Amerikanerin Nell Zink weiss, wie man mit Sprache aufrüttelt. Sie schreibt in ihren Büchern gegen die Diskriminierung der Frauen an. In der Literatur habe es keinen Platz für Frauen, die als elende Opfer ein Randfigurendasein fristen müssten. SRF

Und was so noch nie da gewesen ist: bei der heutigen Eröffnung waren ausschliesslich Frauen auf der Bühne. Diese haben sich in ihren Texten und Reden für Gleichberechtigung stark gemacht. Dafür, dass Literatur eine Verantwortung hat. Und das ist mir und vielen anderen so richtig eingefahren, am Auffahrtsabend. Beim Apéro war dies das Thema Nummer eins.

Zwischen Risotto, Truffe-Cake und gesunden Fruchtspiesschen habe ich mit Kolleginnen und Freunden über die versteckte Diskriminierung von uns Frauen im Alltag diskutiert. Und diese Diskriminierung ist - da waren wir uns alle einig - strukturbedingt. Howgh.

Die Musikerin und Sängerin Pink Spider auf der Bühne
Legende: Am meisten Applaus gab es für den groovy Sound von Pink Spider! SRF

Donnerstag, 16 Uhr

Kaum im Hotel eingecheckt geht’s schon los: an die Schmiedengasse 11 ins Künstlerhaus S11. Dort findet die Vernissage der Ausstellung «Das Leben ist rund wie ein Dreieck» von Beat Brechbühl statt. Brechbühl ist Schriftsteller, Grafiker, Verleger und wird dieses Jahr 80 Jahre alt. Ich staune über sein vielfältiges Werk, das von Lyrik über Prosa bis zu Kinderbüchern reicht und mehrfach ausgezeichnet ist. Über seinen Unternehmergeist, der unzählige kulturelle Projekte angestossen hat.

Beat Brechbühl
Legende: Beat Brechbühl an der Vernissage seiner Ausstellung «Das Leben ist rund wie ein Dreieck» SRF

Da sind zum Beispiel seine Bodoni-Blätter, mit Texten und Gedichten, die sich einrahmen und an die Wand hängen lassen. Da stosse ich auf seinen Roman «Kneuss» aus dem Jahre 1970. Ein Bestseller, ein Krimi-Reisser. Oder ich werde an seine «Geschichten von Schnüff» erinnert. Als Kind habe ich diesen Lausbub geliebt. Diese Schweizer Version des Michel von Lönneberga, der einmal – so erinnere ich mich verschwommen - 12 Eier verzehrt, mit den entsprechenden Folgen. An die Folgen erinnert sich Beat Brechbühl nicht mehr. Viele seiner Geschichten seien wie weg. Auch an die Titel seiner Bücher erinnere er sich nicht mehr. Ja, Schnüff! Schnüff. Beat Brechbühl putzt sich ergriffen zwei Tränen weg.

Buchhinweis: Beat Brechbühl neustes Buch ist ein Lyrikband «Flügel der Sehnsucht» (Wolfbach, 2019). Mit Gedichten aus 57 Jahren, die seinen Werdegang als Lyriker nachzeichnen. Am Samstag, 1. Juni wird der Autor im Poesiesalon, Landhaus Säulenhalle zu hören sein. Und auch die «Geschichten von Schnüff» gibt es noch. Die müsst ihr unbedingt euren Kids vorlesen.

Mit einem Gedicht von Beat Brechbühl bedrucktes Papier
Legende: So sieht ein Bodoni-Blatt aus. SRF

Donnerstag, 12 Uhr

Die Koffer sind gepackt. Das Programm steht. Und weil reichlich sportlich, schlürfe ich erst mal eine Tasse Grüntee. Ist halt so, wenn man als SRF-Literaturbloggerin unterwegs ist. Morgen Freitag zum Beispiel. Da geht’s bereits um 6.45 Uhr los, direkt aus dem Sendewagen an der Aare, bei der Cantina del Vino. Die ersten Eindrücke auf SRF 1. Was gerade in der Szene brodelt auf SRF 2. Dann Einschalter in den Treffpunkt von 10-11 Uhr. Danach spurte ich los Richtung Landhaus. Drehe mit der Video-Crew. Interviewe Martin R. Dean, Milena Moser, Tabea Steiner. Um – endlich! – um 12 Uhr in meiner ersten Lesung zu sitzen: in der von Donat Blum.

Eine Tasse Grüntee steht auf Audrucken mit dem Programm der Solothurner Literaturtage
Legende: Die 41. Solothurner Literaturtage finden vom 31.5-2.6.2019 statt. SRF

Auf das freue ich mich!

Mehr als 70 Autorinnen und Autoren lesen in Solothurn. Darunter auch viele junge, neue Stimmen, die es zu entdecken gibt. Das finde ich grossartig. Denn im Zentrum der Solothurner Literaturtage steht die Schweizer Werkschau. Sie gibt Einblick, was im letzten Jahr geschrieben wurde und welche Themen besonders bewegt haben. Die 41. Literaturtage stehen daher im Zeichen von Dystopie, Gender, Liebe und etwas, das in all dem innewohnt: Macht.

Aus dem packenden und reichhaltigen Programm habe ich mir folgende Rosinen gepickt.

Meine Programm-Tipps

Freitag 31. Mai: 10 Uhr Martin R. Dean, 11 Uhr Ernst Halter, 12 Uhr Donat Blum, 13 Uhr Viola Rohner, 14 Uhr Machtstrukturen im Literaturbetrieb, 15.30 Uhr Branchengespräch Autor*innen, 16 Uhr Heinz Helle, 18 Uhr Ruth Schweikert, 20 Uhr Ferdinand von Schirach, danach Literarisches Flanieren

Samstag 1. Juni: 10 Uhr Judith Schalansky, 11 Uhr Sabine Gisin, 12 Uhr Nell Zink, 13 Uhr Fussballspiel Raketen Solothurn gegen die Schriftsteller-Nati, 15 Uhr Maylis de Kerangal, 16 Uhr Anna Stern, 17 Uhr Sascha Garzetti, 18 Uhr Joey Goebel, 20 Uhr Schlaflos – Ich wach mich kaputt, danach Literarisches Flanieren

Sonntag 2. Juni: 10 Uhr Solothurner Literaturpreis Karen Duve, danach Ausstellung «Das Leben ist rund wie ein Dreieck» von Beat Brechbühl, 13 Uhr Dima Wannous, 14 Uhr Rolf Hermann, 15 Uhr Klaus Merz, 16 Uhr Milena Moser, 17 Uhr Thomas Hürlimann, 18 Uhr Schlussapéro

Audio
BuchBar zu Solothurn Teil 2
aus BuchZeichen vom 04.06.2019.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 19 Sekunden.
Annette König

Annette König

SRF Literatur Redaktorin & Bloggerin

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Die Germanistin teilt in ihrem Blog «Die BuchKönig» ihre Lese-Leidenschaft mit allen, die Bücher lieben. Nebenwirkungen wie Herzklopfen, Melancholie, Heiterkeit, Verzauberung, Unbehagen und Anzeichen schwerer (Sprach)Verliebtheit sind nicht ausgeschlossen.

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