Zwei von fünf Ehen scheitern in der Schweiz. 2017 wurden gemäss Bundesamt für Statistik 15'906 Scheidungsurteile gesprochen. Doch viele Geschiedene gehen erneut einen Bund fürs Leben ein. 11'645 Paare gingen 2017 in eine zweite Runde. Bei rund 40'000 Eheschliessungen pro Jahr bedeutet dies, dass bei jeder vierten neuen Ehe die Frau, der Mann oder beide schon einmal verheiratet waren.
Warum nochmal?
Der Wunsch nach Verbindlichkeit in der Partnerschaft sei, auch in unserer schnelllebigen Zeit, über alle Generationen hinweg vorhanden, sagt Entwicklungspsychologin Pasqualina Perrig-Chiello. Die Ehe sei ein Signal und zeige dem sozialen Umfeld offiziell, dass man zusammengehört.
Zweite Ehen werden häufiger geschieden
Man sollte meinen, dass man aus «Fehlern» lernt. Doch zweite Ehen haben ein höheres Scheidungsrisiko. Dies belegen verschiedene Studien. Gemäss dem U.S. Census Bureau enden 60 Prozent der Zweitehen in einer erneuten Scheidung. Die Unauflöslichkeit der Ehe verliert an normativer Gültigkeit.
Die zweite Ehe ist der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung.
Die Hemmschwelle sinke, sagt Perrig-Chiello. Und: Wir begännen nicht bei Null. «Wir nehmen unsere Persönlichkeit und alten Fehler mit». Im Alter würden Menschen zudem kompromissloser und seien weniger offen. Wenn man beim zweiten Versuch wieder ein Idealbild anpeile, seien erneute Probleme vorprogrammiert.
Zweiter Frühling, aber Achtung
Man gehe immer belastet in eine zweite Ehe, sagt Hochzeitsmessen-Organisatorin Maja Stuber. Oft gehe durch die rosa Brille vergessen, dass eine zweite Ehe auch neue finanzielle und rechtliche Auswirkungen haben könne. Sie ist selbst zum zweiten Mal verheiratet und lebt in einer Patchworkfamilie. Vor der zweiten Frage beschäftigte sie unter anderem die Frage was für Rechte die Kinder ihres künfigten Ehemanns haben werden. Dürfen sie zum Beispiel über sie entscheiden, sollte sie einst «an den Schläuchen hängen»?
Auch das Erbe sollte man vor dem Gang aufs Standesamt besprechen. Rechtsanwältin Daniela Byland erklärt gegenüber Radio SRF: «Wird kein Erbvertrag gemacht, erhält die neue Partnerin die eine -, Kinder aus erster und zweiter Ehe die zweite Hälfte.» Was die Rente anbelangt, lohne sich eine zweite Runde nur bedingt: «Die AHV Ehegatten-Rente ist tiefer als eine Einzelrente.»
Zweite Runden sind im Trend
Zweite Runden seien absolut zeitgemäss, egal ob mit 25 oder mit 50, sagt Caterina Pelosato. Man dürfe das weder verurteilen noch beurteilen. Sie ist seit zwölf Jahren Weddingplanerin. Was das Hochzeitsfest an sich angehe, hätten die Verlobten beim zweiten Mal meist klarere Vorstellungen. Die Hochzeit sei oft individueller und es würden kaum mehr «Pflichtgäste» eingeladen.
Als Weddingplanerin sei sie in der zweiten Runde oft auch Psychologin. Trägt man nochmals weiss? Wie wird die Verwandtschaft auf gewisse Aspekte reagieren? Ist das positiv oder negativ? Was erinnert an die erste Ehe und Hochzeit? «Kürzlich beriet ich ein Paar, welches ihre alten Ringe einschmolz und daraus zwei neue schmieden liess.»
Scheidung und Religion
Verschiedene Religionsrichtungen erlauben Scheidungen ohne Probleme, in anderen sind sie nicht vorgesehen. Christliche Ausprägungen wie der Katholizismus sehen die Ehe als Sakrament und berufen sich auf Jesus Worte im neuen Testament: «Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!». Längst nicht alle christlichen Glaubensrichtungen sehen das aber so eng.
Wollen wir nochmal?
Für alle Geschiedenen und Verwittweten, die noch unsicher sind, ein Zitat der US-Schauspielerin Rita Hayworth: «Die Ehe ist ein viel zu interessantes Experiment, um es nur einmal zu versuchen.» Sie versuchte es fünf Mal.