Wen soll man als Gotte oder Götti anfragen?
Nimmt man jemanden aus der Familie als Gotti oder Götti, weil das Tradition ist? Oder sollte man die Schwester als Gotte auswählen, weil man ja auch bei ihrem Kind zum Zug kam? Barbara Wüthrich weiss aus ihrer Tätigkeit als Elternberaterin bei der Pro Juventute, dass das Amt oft schon am Anfang, bei der Wahl des Göttis oder der Gotte, mit Erwartungen verbunden ist. Das Gleiche gilt gemäss Wüthrich beim Freundeskreis: Götti oder Gotte sein sollte kein Tauschgeschäft sein oder eine Freundschaft zementieren. Und natürlich sollten sich auch die Eltern einig sein, wen man als Götti oder Gotte anfragen möchte.
Was macht das Amt aus?
«Es geht darum, dem Kind eine erwachsene Person zur Seite zu stellen, die es durchs Leben begleitet», sagt Wüthrich. Das Amt sei schlussendlich eine Beziehung zwischen Kind und Götti oder Gotte. Das Materielle solle in keinem Fall im Vordergrund stehen, vielmehr solle das Kind einen erwachsenen Freund oder eine erwachsene Freundin haben. Deshalb sei es wichtig, von Anfang an zu definieren, was man als Eltern von einem zukünftigen Götti erwarte, aber auch die angehende Gotte solle einbringen dürfen, was sie leisten kann und will.
Erwartungen immer mal wieder definieren
Die hohen Erwartungen kommen meist von den Eltern, nicht vom Kind, sagt Elternberaterin Wüthrich. «Letzthin klagte eine Mutter in der Beratung, dass der früher sehr engagierte Götti nach einer Trennung jetzt eine neue Partnerin habe und nun weniger Zeit für das Patenkind. Einmal pro Jahr aber backe er zusammen mit dem Kind einen Kuchen.» Für die Mutter war das zu wenig Engagement. Bei der Beratung habe sich aber herausgestellt, dass das Kuchenbacken für das Kind etwas ganz Besonderes sei und es genau diese Stunden mit dem Götti sehr geniesse. «Die Mutter konnte dann akzeptieren, dass das Kuchenbacken die Erwartungen des Kindes erfüllt, wenn nicht gar übertrifft.» Eine Kündigung des Amtes sei deshalb nicht nötig gewesen.
Wenn die Beziehung abkühlt
Wie das Beispiel mit dem Kuchenbacken zeigt, muss man nicht immer die Flinte ins Korn werfen. Das Kündigen des Ehrenamtes sollte der letzte Ausweg sein. Schliesslich geht es um das Kind. Andererseits könne sich bei einem Gespräch auch zeigen, dass ein klarer Schnitt den Weg für Neues öffnen könne, vielleicht für eine Person, zu der das Kind ein besseres Verhältnis aufgebaut habe, als zum Götti oder der Gotte. Lebensumstände würden sich ändern und manchmal funktioniere es einfach nicht mehr. «Aber auch wenn eine Freundschaft mit den Jahren abkühlt, kann das Verhältnis zum Patenkind weiter funktionieren», sagt Wüthrich.
Es geht darum, dem Kind eine erwachsene Person zur Seite zu stellen, die es durchs Leben begleitet.
Die Sache mit den Geschenken
Götti oder Gotte sollten nicht nur als Geschenkboten in Erscheinung treten. Bestenfalls spricht man sich gemäss Wüthrich vorher mit den Eltern ab, was man dem Kind schenken darf. Das gelte besonders dann, wenn es um ein Handy oder um Haustiere gehe. «Viel wichtiger ist die Beziehung zum Kind und dass man ihm zur Seite steht», sagt Wüthrich. Klar, gehören da auch Unternehmungen dazu. Und das müssen nicht nur ausgefallene Ausflüge sein.
Sie selber schenkt ihrem «Gottebueb» zu Weihnachten Zeit – Zeit, sich in einem Spielwarenladen zwei Stunden lang alles anzusehen und berühren zu dürfen und so ein Geschenk auszulesen. Das wahre Geschenk sei nicht dasjenige, welches er dann stolz nach Hause trage, sondern die Zeit, die sie ihm schenke. Zeit so lange, wie er Lust habe, mit ihr in einem Spielwarengeschäft zu sein. Wer hätte sich das als Kind nicht auch gewünscht?