Er hat letztes Jahr öfter draussen als drinnen übernachtet. Insgesamt schlief Hans-Jörg «Hansj» Oppliger 203 Nächte unter freiem Himmel. 97 davon in einem kleinen Zelt auf dem Camping Morteratsch. Und zwar nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter.
Mit 1800 Meter über Meer ist der Campingplatz im Engadin der höchstgelegene in Europa, der ganzjährig geöffnet ist. Im Winter liegt meistens viel Schnee und es herrschen Temperaturen um die –25 Grad. Weshalb tut sich das der Naturfreund an? Und wie hält man sich bei diesen eisigen Temperaturen warm?
Mit Daunenfinken und Bettflaschen ausgerüstet
–27 Grad zeigte das Thermometer letztes Wochenende auf dem Campingplatz in Pontresina. Im Zelt von Hansj war es mit –24 Grad immerhin drei Grad «wärmer». Eine gute Matratze, ein warmer Schlafsack, eine Mütze, Handschuhe, zwei Bettflaschen und vor allem Daunenfinken hielten den 67-Jährigen warm.
Zelten im winterlichen Pontresina
Bei –18 Grad benötigt er laut eigener Aussage keine Bettflasche mehr. Kälte spielt keine Rolle, Hauptsache er ist im Freien und spürt die Natur, dann ist es ihm am wohlsten.
Draussen sein als Therapie
Wintercamping hat für den Sportartikelverkäufer viele Vorteile gegenüber seiner Wohnung in Baden. Quasi direkt vor der Zelttüre liegt die Langlaufloipe. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Möglichkeiten für Skitouren und Eisklettern.
Schon sein ganzes Leben lang bewegt sich der Vater von zwei Kindern viel draussen. Hätte man ihn in jungen Jahren untersucht, hätte er wohl Ritalin bekommen, sagt er selbst. Ein «Zappelphilipp» sei er gewesen.
Hansj hatte bereits einige Tiefpunkte in seinem Leben. Jedes Mal konnte er diese durch Bewegung und Draussen-Sein überwinden. Das Draussen-Sein gibt ihm das, wofür andere einen Psychiater benötigen. Jeden Morgen, wenn er aufwacht, bedankt er sich bei der Natur.
Einfach friedlich
Es ist bereits der vierte Winter, in dem Hansj seine Wohnung auch im Winter regelmässig gegen das kleine Zelt tauscht, um möglichst nah an der Natur zu sein. Er liebt den Schnee einfach, deshalb auch das Zelten im Winter.
Ich habe einen rätoromanischen Ausdruck dafür: ‹patschifig›.
Was für viele wohl kaum vorstellbar ist, gibt ihm Energie und Motivation. Egal, ob Winter oder Sommer, «Hauptsache draussen sein», so Hans-Jörg «Hansj» Oppliger.
Auf die Frage: Wie es ist, im tiefen Engadiner Winter in einem Zelt zu übernachten, sagt er: «Ich habe einen rätoromanischen Ausdruck dafür: ‹patschifig›, einfach friedlich.»
Nun sind Sie gefragt: haben Sie bereits einmal im Winter draussen geschlafen? Falls nicht, könnten Sie es sich vorstellen? Oder bleiben Sie lieber in der geheizten Wohnung? Wir freuen uns über ihren Kommentar.