Die Schweizer Bevölkerung wird immer älter. Gemäss Schätzung des Bundesamts für Statistik wird die Anzahl der über 65-Jährigen bis ins Jahr 2035 von 1,5 auf 2,4 Millionen ansteigen. Es ist davon auszugehen, dass auch im Strassenverkehr mit immer mehr älteren Autofahrenden zu rechnen ist.
Im Alter sinken die sensorischen, motorischen und kognitiven Fähigkeiten. Man sieht z.B. schlechter, kann den Kopf nicht mehr so gut drehen, und das Gehirn wird langsamer. Damit wird die Teilnahme im Strassenverkehr anspruchsvoller und riskanter.
Gemäss Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) sind ältere Autofahrende überdurchschnittlich häufig an Unfällen beteiligt. Das Risiko, einen schweren Autounfall zu verursachen, ist für Lenkende ab 65 Jahren doppelt so hoch wie bei Lenkenden zwischen 25 bis 64 Jahren. Bei Personen ab 75 Jahren steigt das Unfallrisiko um das Fünffache.
Fahrtauglichkeitsprüfung
Seit den 1970er Jahren müssen Personen ab 70 Jahren alle zwei Jahre ihre Fahrtauglichkeit medizinisch überprüfen lassen. 2019 wurde die Alterslimite auf 75 erhöht. Die Untersuchung findet bei den Hausärzten statt. Diese prüfen neben dem Sehvermögen und dem Vorliegen gewisser Krankheiten ausserdem die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit der Autofahrenden. Die BFU empfiehlt zudem, den Online FahrsicherheitsCheck , mit dem sich jede und jeder selbst beurteilen kann.
Wenn die Checks nichts nützen, muss man sie abschaffen.
Beschränkter Nutzen
Pro Jahr müssen rund 450'000 Personen über 75 Jahren in die Kontrolluntersuchung. Sie soll die Verkehrssicherheit erhöhen. Eine Studie der BFU kommt jedoch zum Schluss, dass die medizinischen Checks keinen positiven Einfluss auf die Verkehrssicherheit haben. Sie deckt sich mit internationalen Studien.
Trotzdem empfiehlt die BFU, die Checks vorerst beizubehalten. Weil erst 2019 die Alterslimite für die erste Untersuchung von 70 auf 75 Jahre erhöht wurde, sei abzuwarten, wie sich das auf die Sicherheit auswirkt.
Anders sieht es SVP Nationalrat Benjamin Giezendanner. Wenn die Checks nichts nützen, muss man sie abschaffen. Die aktuelle Lösung sei reiner Behördenwahnsinn, der unter dem Strich viel kostet, wenig bringt und zusätzlich die Hausärzte überlastet. Natürlich könnten die regelmässigen Checks in Einzelfällen nützen. Hausärzte seien aber ohnehin zur Meldung verpflichtet, wenn sie feststellten, dass ein Patient nicht mehr fahrtauglich sei.
Die persönliche Freiheit hört dort auf, wo man die Freiheit und Sicherheit der anderen tangiert.
Dem widerspricht die Grüne Nationalrätin Marionna Schlatter. Die Kontrolluntersuchungen abzuschaffen wäre ein Fehler. Die Checks bringen ältere Autofahrende dazu, sich selbst und ihre Fähigkeiten zu hinterfragen. Nicht wenige geben deshalb freiwillig den Fahrausweis ab. Das erhöhte Unfallrisiko im Alter könne man nicht wegdiskutieren. Wenn das aktuelle System zu wenig bringt, muss man sich viel mehr überlegen, wie man die Checks verbessern bzw. allenfalls ausbauen kann.
Sollen die obligatorischen Fahrtauglichkeitstest abgeschafft werden? Oder braucht es einen Ausbau der Checks?