Frauen nach dem 2. Weltkrieg - «Kinderkrippen waren für Arme»
Anna Schär erlebte den Zweiten Weltkrieg auf dem elterlichen Bauernhof im Tirol und kam während der Besetzung Österreichs in die Schweiz, um Geld zu verdienen. Anna Mühlemann arbeitete während und nach dem Krieg im Pelzhandel. Zwei Frauen erzählen ihre Geschichte - eine Historikerin ordnet ein.
Anna Mühlemann (98) über den Krieg und die Jahre danach
SRF: Was war die Rolle der Frau im und nach dem Zweiten Weltkrieg?
Franziska Rogger:
Während dem Krieg füllten die Frauen die Lücken, welche die Männer hinterlassen hatten, nachdem sie eingerückt waren. Sie übernahmen den Bauernhof, besetzten teilweise auch wichtige Posten. Sie haben es einfach gemacht, irgendwer musste es machen.
Nach dem Krieg kamen die Schweizer Männer unversehrt nach Hause und viele Frauen verloren ihre Stellen wieder.
Nach dem Krieg kamen die Schweizer Männer unversehrt nach Hause und viele Frauen verloren ihre Stellen wieder.
Franziska Rogger
Historikerin
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Franziska Rogger arbeitete früher als Archivarin und Journalistin und verfasst bis heute historische Publikationen. Sie schrieb unter Anderem das Buch «Kinder, Krieg und Karriere» (2016) mit Selbstbildnissen von Frauen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts.
Wie muss man sich die Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg vorstellen?
Es war noch keine Aufbruchsstimmung. Die Schweiz war quasi in einer Art Schockstarre, auch wenn es ihr im Vergleich zu anderen Ländern wirtschaftlich viel besser ging. Man sehnte sich nach Stabilität und Sicherheit.
So erlebte Anna Schär (95) die Nachkriegsjahre
Die Nachkriegsjahre erscheinen konservativ. Die Frauen kümmern sich zu Hause um den Nachwuchs, die Männer arbeiten auswärts und sorgen für finanzielle Sicherheit.
Das ist unsere heutige Perspektive. Damals dachte man nicht so individualistisch wie heute. Alles war auf den Clan, auf die Familie abgestimmt. Der Haushalt war zudem viel aufwändiger als heute, Fertigmahlzeiten gab es noch nicht. Man ging nicht als Frau ins Leben, sondern als Tochter oder Ehegattin. Alleinerziehende oder ledige, kinderlose Frauen wurden diskriminiert.
Die Frauen haben die Wirtschaft durchgeschleppt im Zweiten Weltkrieg.
Warum finden Sie Berichte von Zeitzeuginnen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit wichtig?
Oft schauen wir auf die Heldentaten von Männern zurück. Wenn eine Frau 13 Kinder aufzieht und sich jeden Tag «abhundet», ist das weniger wert, als wenn ein Winkelried mal eine gute Minute hatte. Nichts gegen Helden! Aber ich finde, man müsste auch die HeldINNEN und das oft belächelte Hausfrauendasein von damals mehr wertschätzen und würdigen. Die Frauen haben die Wirtschaft durchgeschleppt im Zweiten Weltkrieg.
Sendungen zum Thema
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Im Podcast
«Input Story»
erzählt die 95-jährige Anna Schär ihrer Enkelin und Hintergrundredaktorin Céline Raval, wie der Zweite Weltkrieg ihr Leben von Grund auf verändert und geprägt hat und wie sie das Kriegsende in Österreich hautnah erlebte.
Die Hintergrundsendungen
«Input»
und
«Doppelpunkt»
widmen sich am Sonntag 10. Mai und Dienstag 12. Mai den Frauen in der Nachkriegszeit - mit der Geschichte von Anna Mühlemann und der Frage, was von dieser Zeit bis heute geblieben ist.
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