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Gewaltvolle Konflikte Gibt es für einen Pazifisten noch Hoffnung?

Nachrichten von Gewalt, Krieg und Konflikten prägen unsere Zeit. Gibt es da für Pazifistinnen und Pazifisten noch Hoffnung? Was sagt ein prominenter Vertreter der Idee der gewaltlosen Konfliktlösung zur aktuellen Weltlage?

Peter Weishaupt

Geschäftsleiter Schweizerischer Friedensrat

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Peter Weishaupt ist seit 2000 Geschäftsleiter des Schweizerischen Friedensrats und Herausgeber der «Friedenszeitung». Seit 1967 engagiert er sich für Friedenspolitik und äussert sich regelmässig zu aktuellen Konflikten. Heute vertritt er unter anderem die Meinung, dass die Schweiz der Ukraine Munition liefern sollte.

SRF: Wie kommt ein Pazifist wie Sie zur Haltung, dass die Schweiz der Ukraine Munition liefern soll?

Peter Weishaupt: Der russische Angriff auf die Ukraine ist eine totale Infragestellung all der Prinzipien, für die sich der Schweizerische Friedensrat einsetzt. Wir sind der Meinung, dass die Ukraine das Recht hat, sich zu verteidigen.

Bei der Abwehr von Raketen werden keine Menschen getötet, sondern geschützt.

Deshalb kritisieren wir, dass die Schweiz die Weiterlieferung von Munition zur Abwehr von Drohnen und Raketen in die Ukraine verhindert.

Sie sagen also, Selbstverteidigung mit gewaltsamen Mitteln ist in gewissen Momenten legitim. Wie geht das zusammen mit Ihren Prinzipien der Gewaltlosigkeit?

Bei der Abwehr von Raketen und Drohnen werden keine Menschen getötet, sondern es werden Menschen geschützt.

Seit dem Zweiten Weltkrieg hat es nie mehr so viele Konflikte gegeben wie heute. Sie sind jemand, der sich seit Jahrzehnten für den Frieden einsetzt. Kommt man da nicht ins Zweifeln?

Es stimmt, die Situation ist sehr schwierig. Dass es heute mehr Kriege gibt, als in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, täuscht aber.

Zwar gab es in Europa keine direkten Kriege zwischen Staaten. Es gab aber diverse gewaltvolle Konflikte, Bürgerkriege und Entkolonialisierungskriege. Ich persönlich habe mich in jungen Jahren stark gegen den Vietnamkrieg engagiert.

Lässt Sie diese Gewalt nicht resignieren?

Es macht mich schon sehr betroffen, dass 80 Jahre nach dem Kriegsende in Europa wieder ein solcher Krieg ausbricht, wie es in der Ukraine der Fall ist. Ausserhalb von Europa gibt es aber ebenfalls grosse Konflikte, zum Beispiel im Kongo oder im Sudan.

Es ist unsere Hoffnung, dass die UNO eine grössere und bedeutendere Rolle spielen kann.

Die Auswirkungen der Gewalt dieser Bürgerkriege sind teilweise noch sehr viel grösser.

Man könnte endlos über die vielen Konflikte sprechen. Zurzeit sind weltweit über 60 Kriege im Gange. Gibt es für Sie auch Momente der Hoffnung, in denen Sie zuversichtlich sind, dass wir als Menschheit dazulernen?

Das ist unwahrscheinlich. Die Konflikte werden sich noch zuspitzen. Der Schweizerische Friedensrat setzt sich deshalb für eine gemeinsame Sicherheit im Rahmen des Völkerrechts und für eine Reform der UNO ein. Die Atommächte sollen kein Veto mehr gegen beschlossene Massnahmen einlegen können.

Es ist unsere Hoffnung, dass die UNO eine grössere und bedeutendere Rolle spielen kann bei der Eindämmung von Konflikten. Das ist unserer Ansicht nach der einzige Weg.

Das Gespräch führte Elena Bernasconi

Radio SRF 1, «Morgengast», 2.10.2025, 7:15 Uhr ; 

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