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Geht Tierschutz auch ohne Jö-Effekt?
Aus Treffpunkt vom 02.04.2024. Bild: Imago / Nature Picture Library
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Jö-Effekt als Werbemittel So werben Naturschutzorganisationen

Im Zentrum von Schutzkampagnen stehen oft Tiere wie flauschige Pandas oder majestätische Tiger. Doch nebst diesen Aushängeschildern gibt es viele andere Arten, die auch vom Aussterben bedroht sind – zum Beispiel Schnecken und Insekten. Auch diese werden geschützt, stehen meist aber nicht im Fokus.

Wer einen Blick auf die Kampagnen von Naturschutzorganisationen wirft, stellt fest, dass oft Tiere im Mittelpunkt stehen, die einen gewissen Jö-Effekt erzielen. So ist der Panda etwa das Symbol des WWF und der Steinbock das Gesicht von Pro Natura.

In der heutigen Zeit liegt der Fokus auf dem Schutz ganzer Ökosysteme.
Autor: Urs Tester Geschäftsleitungsmitglied Pro Natura

Es entsteht der Eindruck, dass nur Tiere mit einem gewissen Charme für den Artenschutz wichtig sind. Doch Urs Tester, Mitglied der Geschäftsleitung von Pro Natura, erklärt: «In der heutigen Zeit liegt der Fokus auf dem Schutz ganzer Ökosysteme, nicht nur einzelner Arten.»

Ein Tier wie der Luchs mag also im Rampenlicht stehen, doch das Ziel ist der Schutz seines gesamten Lebensraums und damit auch aller dort lebenden Arten.

Ziel der Naturschutzorganisationen ist es also, mit der Popularität eines Tieres die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen und gleichzeitig den Schutz für weniger populäre Arten sicherzustellen. So werden gewisse Tiere gezielt eingesetzt, um umfassende Lebensräume zu bewahren. Denn für die Erhaltung der Biodiversität sind alle Tier- und Pflanzenarten von Bedeutung.

Manchmal nehmen sich Naturschutzorganisationen aber der Herausforderung an, auch weniger beliebte Tiere ins Rampenlicht zu stellen. Ein Beispiel hierfür ist die Organisation Pro Natura, welche 2021 den Bachflohkrebs zum Tier des Jahres gekürt hat.

Viele Tiere sind in der Schweiz bedroht

Weltweit sind Tausende von Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Auch die Schweiz bleibt dabei nicht aussen vor. Rund ein Drittel aller Arten in der Schweiz sind entweder vom Aussterben bedroht, stark gefährdet oder gelten als verletzlich. Das zeigen zwei Studien des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) aus dem Jahr 2023.

Menschengrosse Dominosteine, welche auf dem Bundesplatz aufgestellt sind. Auf den Steinen ist jeweils ein Tier zu sehen.
Legende: Die Naturschutzorganisation Pro Natura warnte im Sommer 2023 mit dieser Aktion vor einem gigantischen Dominoeffekt durch den Verlust der Artenvielfalt. Keystone/Peter Klaunzer

Trotz Massnahmen kommt die Schweiz im Artenschutz seit Jahren nicht wirklich vorwärts. Für den Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenarten ist in der Schweiz das Bafu zuständig. Zusätzlich leisten Kantone, Gemeinden und private Institutionen ihre Beiträge, zum Beispiel durch das Einrichten von Schutzgebieten.

Um den Schutz der Arten sicherzustellen, werden Tier- und Pflanzenarten nach Schutzbedürftigkeit eingeordnet. Das beste Beispiel hierfür ist die «Rote Liste gefährdeter Arten» der Weltnaturschutzunion IUCN.

Die Rote Liste der IUCN

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Die Rote Liste ist ein Indikator für den Zustand der aktuellen Biodiversität.

Expertinnen und Experten werten alle relevanten und zugänglichen Daten aus, um eine Tierart der entsprechenden Gefährdungsstufen zuzuteilen. Sie reichen von «gefährdet» und «stark gefährdet» bis hin zu «vom Aussterben bedroht» und «ausgestorben».

Herausgegeben wird die Rote Liste in regelmässigen Abständen von der Weltnaturschutzunion IUCN, dem grössten und ältesten Netzwerk für weltweiten Naturschutz.

Die internationale Rote Liste beruht auf wissenschaftlichen Kriterien und ist die verlässlichste und renommierteste Quelle zur Beurteilung des Zustands der Artenvielfalt.

Rote Listen gibt es auch für einzelne Länder – so auch für die Schweiz. Hier wird jede Liste im Auftrag des Bafu nach den wissenschaftlichen Kriterien der IUCN erarbeitet.

Bisher wurden 10'844 der 56'009 bekannten Arten für die roten Listen bewertet. Das heisst, dass die Gefährdungslage dieser Tier- und Pflanzenarten analysiert, eingeschätzt und in der Roten Liste festgehalten wurde.

Artenzählungen können sehr aufwendig sein

Allerdings seien Artenzählungen aufwendig und teuer und würden immer mühsamer, je seltener die Art sei, wie Volker Homes, Artenschutzexperte beim WWF, im vergangenen Sommer sagte. «Es ist sehr viel schwieriger nachzuweisen, dass ein Tier nicht mehr existiert, als nachzuweisen, dass ein Tier existiert.»

Die Art der Artenzählung variiert von Tier zu Tier. Anhand von Spurensuche, Kamerafallen, Hochrechnungen oder DNA-Analysen werden Tierarten aufgespürt und gezählt. Bei der Artenzählung wird stetig nach neuen und modernen Wegen geforscht.

SRF 1, Treffpunkt, 2.4.2024, 10:03 Uhr

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