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Keine Lust auf Digital Die analoge Fotografie ist zurück und erobert die Jugend

Wir alle tragen ständig mehrere Digitalkameras in Form von Smartphones mit uns herum. Täglich fluten digitale Bilder die Festplatten und das Internet. Viele junge Menschen sehnen sich daher nach einer entschleunigten Art von Fotografie und schätzen die Ästhetik von analogen Bildern.

Mit der Marktreife der ersten Digitalkameras schien das Ende der Analogfotografie nur noch eine Frage der Zeit. Verschwunden ist die Fotografie auf Film jedoch nie. Im Gegenteil, in den letzten Jahren hat sie eine Renaissance erlebt. Besonders junge Menschen interessieren sich für diese Technologie aus dem letzten Jahrhundert.

Den Film in die Kamera legen, 36 Bilder machen, ins Fotogeschäft gehen und erst Tage später die Bilder zu Gesicht bekommen. Nichts könnte langsamer und aufwendiger sein.

Vor allem, wenn man die analoge Technologie mit der blitzschnellen Fotografie von Digitalkameras und Smartphones vergleicht. Genau das aber fasziniert eine junge Generation, die mit der Schnelligkeit und der Masse an digitalen Bildern aufgewachsen ist.

Wer fotografiert heute analog?

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Laut Adrian Samuel, dem Inhaber des Fotohaus Wolf in Basel, gibt es primär drei Gruppen, die analog fotografieren:

  1. Ältere Menschen, die sich gar nie für Digitalfotografie interessiert haben und bei der alten Technologie geblieben sind.
  2. Junge Menschen zwischen 15 und 30, die sich für die alte und häufig nostalgisch konnotierte Technologie und Ästhetik begeistern.
  3. Eine kleine Gruppe dazwischen, die sich mit grossem Aufwand und künstlerischem Anspruch der Analogfotografie widmet.

Viviane Kübler hat erst vor Kurzem mit Analogfotografie angefangen. Die 24-jährige Studentin hat sich dafür interessiert, wie Fotografie in ihren Grundzügen funktioniert. An der Analogfotografie schätzt sie die bewusste Art, sich Dinge und Menschen anzuschauen – anders als beim Fotografieren mit dem Smartphone. Zudem gefalle ihr der körnige Look analoger Bilder.

Nicht nur das Fotografie-Erlebnis ist mit der analogen Technologie anders, sondern auch die Ästhetik. Jeder Film besitzt spezifische Eigenschaften: Kontrast, Körnigkeit und das Farbspektrum sind charakteristisch.

Ich glaube, dass man in der analogen Fotografie nach Affekten sowie Entschleunigung sucht und dass man den Moment mehr würdigt und die Bilder auch materiell umsetzt.
Autor: Estelle Blaschke Fotografie-Historikerin, Universität Basel

Diese Ästhetik, der häufig auch der Reiz des Unvollkommenen innewohnt, ist mittlerweile auch das Ziel zahlreicher Filter-Apps, die digitale Bilder analog aussehen lassen sollen.

Auch die Fotografie-Historikerin, Estelle Blaschke, stellt ein wiederkehrendes Interesse an Analogfotografie fest. Dieses sieht sie als Gegenreaktion auf die Flüchtigkeit und die Dematerialisierung digitaler Medien.

Die Nachfrage nach analogen Kameras und Filmen ist stark gestiegen. Bei beliebten Filmen verkaufen wir zwischenzeitlich nur drei pro Person, um Hamsterkäufe zu vermeiden.
Autor: Adrian Samuel Inhaber Fotohaus Wolf, Basel

Dabei verzichteten Analogfotografinnen und -fotografen auch bewusst auf die Möglichkeiten, die in der digitalen Bildbearbeitung Standard sind. Stattdessen stehe beim Fotografieren auf Film der Moment und das mit Händen Greifbare im Vordergrund. «Ich glaube, dass man in der analogen Fotografie nach Affekten sowie Entschleunigung sucht und dass man den Moment mehr würdigt und die Bilder auch materiell umsetzt», sagt Blaschke.

Im Fotogeschäft spürbar

Adrian Samuel führt in der Basler Altstadt ein traditionsreiches Fotogeschäft. Er spricht von einer neuen und wachsenden Bewegung, die sich auf eine langsame Art von Fotografie zurückbesinnt. Mittlerweile seien sie wieder mehr als die Hälfte der Zeit mit analogen Themen beschäftigt, sagt Samuel.

Wer bietet heute Analog-Service an?

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Analoge Filme gibt es in Fotogeschäften zu kaufen oder im Internet. Eine kleine Auswahl an Filmen findet man auch in gewissen Supermärkten oder Elektrofachgeschäften.

Analoge Kameras kauft man in der Regel als Occasionen. Es gibt sie im Brockenhaus, auf Internetportalen, oder revidiert im Fotogeschäft.

Filme entwickeln lassen kann man ebenfalls im Fotogeschäft oder bei Online-Anbietern. Je nachdem, ob man Scans, Abzüge oder beides wünscht, lohnt sich ein Preisvergleich.

Mit dem Aufkommen der Digitalfotografie sind viele traditionelle Filme vom Markt verschwunden. Mittlerweile erscheinen aber wieder viele neue Film-Kreationen. Teils auch von kleinen Start-ups.

Film-Klassiker wie Kodak Gold sind nach wie vor erhältlich und wegen der hohen Nachfrage teils wochenlang ausverkauft. Adrian Samuel betont: «Die Nachfrage nach analogen Kameras und Filmen ist stark gestiegen. Bei beliebten Filmen verkaufen wir zwischenzeitlich nur drei pro Person, um Hamsterkäufe zu vermeiden.»

Radio SRF 1, Treffpunkt, 28.10.2022, 10:00 Uhr

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