Indien ist ein sehr dicht bevölkertes Land, da leben viele Familien in kleinen Einzimmerwohnungen und schlafen auf dem Boden. Privatsphäre ist ein sehr relativer Begriff.
Das erlebte ich als ich mit dem Nachtzug ins Hinterland von Maharashtra fuhr, um über die Dürre zu berichten . Ich fahre gerne mit dem Zug, man kommt da viel mehr in Kontakt mit der Bevölkerung, als wenn man fliegt.
In ganz engen Kontakt geriet ich auf dieser Zugfahrt etwas unfreiwillig: Inder stehen gerne früh auf, so um 5 Uhr 30. Meine Station war nicht vor 8 Uhr zu erwarten, also drehte ich mich nochmals in meiner Couchette und liess mich nicht stören von den anderen Passagieren, die ihr Frühstück zubereiteten und lauthals ihre Kehle reinigten.
Plötzlich wurde ich aber aus dem Schlaf gerissen, als ein behäbiger Mann sich, ganz mir-nichts-dir-nichts, auf der Höhe meines Bauches auf mein Bett sass. Ich dachte mir, «ja geits no?» Schliesslich war das ja mein Bett, dass ich für mich allein reserviert habe.
Doch wurde mir schnell klar: Mein Anspruch auf das Bett wohl lediglich für die Teile bestand, die mein Körper tatsächlich bedeckt. Der Rest ist öffentlich. So setzten sich kurz danach auch zwei Kinder auf die untere Ecke des Bettes, die ja meine Füsse nicht ganz abdeckten.
Ich merkte bald, dass nicht sie der Störfaktor waren, sondern ich und setzte mich auf, obwohl meine Station noch gute zwei Stunden entfernt war. Dafür wurde ich mit einem herrlichen indischen Frühstück von der Familie, die mit mir im Abteil reiste, kompensiert.