Reisezeit! Schweizerinnen und Schweizer entdecken die Welt bis in die entferntesten Ecken. Aber gerade dort kann es passieren, dass sie auf ein Stück Heimat treffen. Im «Switzerland County» im US-Bundesstaat Indiana etwa, in der «Kleinen Schweiz» bei Haifa in Israel oder in der «Suiza peruana» bei Huaraz in Peru. Rund 540 Schweiznachbenennungen zählt der Historiker Philippe Frei in einer Studie.
Die allermeisten «Schweizen» auf der Welt sind zu ihrem Namen gekommen, weil die Gegend an eine Landschaft erinnert, die als typisch schweizerisch gilt. Die Kleine Schweiz in Israel zum Beispiel ist besonders felsig. La Suiza peruana wirbt mit Schneebergen und blauen Seen um Touristen.
Aber wann und wie kam es dazu, dass gerade die Schweiz weltweit zum Vorbild für gewisse Landschaftstypen geworden ist?
Die Beherrschung der Natur führt zu ihrer Überhöhung
Die Ursprünge dieses Mythos gehen ins 18. Jahrhundert zurück. Auftakt war das Gedicht «Die Alpen» des Berner Arzts und Dichters Albrecht von Haller aus dem Jahr 1729. Mit ihm mutierte die Alpenlandschaft vom Ort der Unberechenbarkeit zum Ideal der Schönheit und Natürlichkeit.
Immer mehr Dichter, Maler, Gelehrte und die Jeunesse dorée Europas bereisten fortan die Schweiz. In Bildern und Erzählungen verbreiteten sie die romantische Überhöhung der Schweizer Landschaft überallhin. Bis in die Landschaftsnamen.
Vorbild war auch der Jura
Erste Landschaften wurden im frühen 19. Jahrhundert in England und Deutschland nach der Schweiz benannt. Vorbild waren allerdings nicht die Hochalpen. Charakteristisch an der Sächsischen Schweiz oder an Little Switzerland in Südengland sind bizarre Felsformationen, die aus dichten Wäldern herausragen – wie man sie typischerweise vom Juragebirge kennt.
Natürlich inspirierten von Anfang an auch die Alpen mit ihren schneebedeckten Gipfeln, der Tiefe der Schluchten und dem Tosen der Bergbäche die Namensgebung weltweit. Ebenfalls schon im frühen 19. Jahrhundert wurde Wales deswegen mit der Schweiz verglichen.
Andere Motive waren bewaldete Hügel mit Seen und Flüssen. So kamen selbst berglose Landschaften, wie die Mecklenburgische oder die Holsteinische Schweiz zu einem Schweizbezug im Namen.
Demokratie als Exportschlager
Meist jüngeren Datums sind Bezeichnungen wie «die Schweiz Mittelamerikas» für Costa Rica oder «die afrikanische Schweiz» für Lesotho. Sie beziehen sich nicht auf die Landschaft, sondern auf den Grad an Wohlstand, Organisiertheit und Demokratie, der einem Land im Vergleich zu den Nachbarländern zugeschrieben wird. Hier dient die Charakterisierung «Schweiz» als Symbol für einen demokratischen und wohlhabenden Staat.
Das allerdings ist stark den Zeitläufen unterworfen. So hat der einst prosperierende Libanon seit dem Bürgerkrieg die Bezeichnung «Schweiz des Orients» vorläufig eingebüsst.
Auswanderer nahmen ihre Heimat mit
Auch beim oben erwähnten «Switzerland County» in Indiana war nicht die Landschaft namensgebend, sondern die Herkunft der Gründerväter. Den Hauptort des Countys, Vevay, gründete 1814 ein Waadtländer Weinbauer, der ihn nach seiner Heimatstadt Vevey benannte. Der Schweizbezug ging später auf das gesamte County über.
Ähnliche Fälle sind New Bern und New Glarus in den USA, wo noch heute Spuren des Schweizerdeutschen zu hören sind. In anderen Auswandererstädten wie Nueva Helvecia in Uruguay oder Nova Friburgo in Brasilien erinnern, ausser dem Stadtnamen, einzig noch Familiennamen, vielleicht noch gewisse Traditionen an die Schweizer Wurzeln.