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Donald Duck, Asterix & Co. «Ächz! Boing! Kreisch!»: Wegen Comics sprechen wir anders

Comics machten neue Ausdrucksformen populär. Ab den 1950er-Jahren prägten sie die Sprache von Generationen.

Beim Teutates! Vorläufer der Comics gab es seit der Antike. Aber die Comic-Geschichten, wie wir sie heute kennen – längere Geschichten, wiederkehrende Charaktere und in Farbe – entstanden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Comicfigur Tim zieht sich im Gehen den Mantel an. Der weisse Hund Struppi rennt nebenher.
Legende: Tim und Struppi hatten 1929 ihr erstes Abenteuer. PICTURE ALLIANCE/DPA

Heute ikonische Figuren wie Donald Duck, Superman oder Tim & Struppi wurden in jener Zeit erfunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang dem Comic(-Heft) dann definitiv der Durchbruch.

Generationen von Kindern mit Comic-Virus infiziert

Vor allem Kinder und Jugendliche lasen Comics – im deutschsprachigen Raum vor allem Übersetzungen aus den USA («Donald Duck», «Micky Maus») sowie aus Frankreich («Asterix», «Lucky Luke») und Belgien («Tim & Struppi»), aber auch deutsche Produktionen wie «Fix und Foxi».

Der obere Teil eines Heft-Covers. In roter Schrift «Fix und Foxi», dazu die Abbildung der beiden Comicfiguren.
Legende: Ein «Fix und Foxi»-Heft von 1982. Kauka: Fix und Foxi, Bd. 43/1982

Diese Comics brachten nicht nur eine neue Art von Geschichten in die Kinderzimmer, sondern auch bisher kaum bekannte sprachliche Mittel.

Lautmalereien

Die modernen Comics entstanden ungefähr gleichzeitig mit den ersten Zeichentrickfilmen. Micky Maus etwa tauchte erstmals 1928 in einem Zeichentrickfilm auf, zwei Jahre später als Comicfigur. Gegenüber den Trickfilmen hatten die Comics einen Nachteil: Ihnen fehlte die Tonspur.

Comiczeichnung eines explodierenden Holzschiffs. Darüber in fetten schwarzen Lettern: «Rabadawummmm».
Legende: Lautmalerei eines Explosionsgeräusches: Asterix auf Korsika von 1975, ins Deutsche übersetzt von Gudrun Penndorf. Goscinny/Uderzo: Asterix auf Korsika

Geräusche wurden darum gezwungenermassen schriftlich dargestellt – mit sogenannten Lautmalereien, auch Onomatopöien genannt: «boing», «puff», «grrrrr», «kawumm», «tapp», «peng», «rumms» – die Liste ist beliebig verlängerbar. Diese Lautmalereien können sowohl direkt im Bild stehen als auch in Sprechblasen.

Donald Ducks Gesicht und eine Hand. Dazu in der Sprechblase der Text «Huch!»
Legende: Ausruf der Überraschung: Donald Duck von Carl Barks (1942) in der deutschen Übersetzung von Erika Fuchs. Barks: Piratengold

Inflektive

Geräusche werden in Comics allerdings nicht nur mit Lautmalereien wiedergegeben. Genauso beliebt sind die sogenannten Inflektive: «ächz», «hüstel», «würg», «kreisch», «schnaub», «dröhn» und so weiter. Auf den ersten Blick scheinen sie den Lautmalereien sehr ähnlich. Aber anstatt einfach ein Geräusch sprachlich nachzuahmen, werden Inflektive aus dem jeweiligen Verb-Infinitiv gebildet: Die Endung «-en» bzw. «-n» wird weggelassen, wodurch nur noch der Verbstamm übrigbleibt. Aus «ächzen» wird «ächz!», aus «hüsteln» wird «hüstel!» etc.

Die Inflektive wurden vor allem durch Erika Fuchs geprägt. Sie übersetzte von 1951 bis 1988 die Entenhausen-Comics («Micky-Maus-Heft», «Lustige Taschenbücher») aus dem Englischen ins Deutsche. Während im englischen Original der Infinitiv ohne das «to» verwendet wird, nahm Fuchs eben die bis dahin kaum bekannten Inflektive zu Hilfe.

Neben Geräuschen werden auch andere unsichtbare Vorgänge in Comics mit Inflektiven wiedergegeben («grübel!», «denk!») – und sogar Sichtbares wird durch Inflektive verstärkt: «kopfkratz!», «stirnrunzel!», «grins!».

Jahrzehntelang Jugendsprache geprägt

Weder Inflektive noch Lautmalereien wurden von den Comiczeichnern (und -übersetzerinnen) erfunden. Aber sie haben diese einem breiten Publikum bekannt gemacht – und mehr als das: Die Comics-Lektüre hatte spätestens ab den 1960er-Jahren Einfluss auf die Jugendsprache.

So haben Generationen von Jugendlichen «ächz!», «stöhn!», «würg!» und Co. in ihre Umgangssprache übernommen. Auch in Online-Chats und SMS hatten die Inflektive Hochkonjunktur – bevor in den 2010er-Jahren die Emojis aufkamen.

Redewendungen aus Comics

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Neben den Inflektiven haben die Comics auch die eine oder andere populäre Redewendung hervorgebracht.

Im deutschsprachigen Raum war offenbar Asterix besonders produktiv, etwa mit den Ausrufen «Beim Teutates!» und «Beim Belenus!» (Teutates und Belenus sind keltische Götter).

Obelix' wiederkehrender Ausruf «Die spinnen, die Römer!» ist zum geflügelten Wort geworden, um Unverständnis mit dem Verhalten einer bestimmten Gruppe auszudrücken. Gerne auch angepasst: «Die Spinnen, die XYZ!».

Und auch der Prolog zu jedem Asterix-Abenteuer ist in den allgemeinen deutschen Sprachschatz eingegangen: «Ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.» Auch dieser Spruch wird gerne humorvoll an alle möglichen kleinen Widerstandsgruppen angepasst.

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts scheint der Einfluss der Comics auf die Jugendsprache nun aber stark abgenommen zu haben. Die Jugend konsumiert halt mittlerweile anderes, das ihre Sprache prägt: Youtube, Tiktok, Deutschrap … Hunderttausend Höllenhunde!

Radio SRF 1, «Dini Mundart», 24.5.2024, 09:40 Uhr

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