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Abtönungspartikeln – darum sind sie so wichtig
Aus Dini Mundart vom 16.02.2023.
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Kleine Wörter, grosse Wirkung Abtönungspartikeln – darum sind sie so wichtig

Dank Abtönungspartikeln wie «halt», «eigentlich» oder «auch» können wir Gefühle ausdrücken. Im Deutschen geht das besonders gut – in anderen Sprachen gar nicht.

Abtönungspartikeln werden oft als «Füllwörter» verschrien – meist zu Unrecht. Wörter wie «denn», «eigentlich», «ja» oder «halt» beeinflussen zwar nicht die eigentliche Aussage. Aber sie verraten die Einstellung der Sprecherin zur Aussage – eine wichtige Aufgabe in der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Zwei Beispiele

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  1. «Das Haus steht ja schon lange dort».
    Die Abtönungspartikel «ja» zeigt an, dass der Sprecher davon ausgeht, dass das Gegenüber den Inhalt der Aussage ebenfalls kennt oder gutheisst.
  2. «Was machst du hier eigentlich?».
    Die Abtönungspartikel «eigentlich» macht aus einer einfachen Frage einen Vorwurf. Die Botschaft: «Es gibt keine offensichtliche Berechtigung für deine Anwesenheit.»

    Die Abtönungspartikeln (auch «Modalpartikeln» genannt) transportieren also eine Botschaft auf der Metaebene – mit ihnen kommunizieren wir Gefühle und Einstellungen.

    • «denn» zeigt Zugewandtheit und Interesse («Wer bist denn du?»)
    • «doch» verlangt vom Gegenüber Zustimmung («Das ist doch klar.»)
    • «halt», «eben» oder «einfach» drücken Resignation aus («Ich kann das einfach nicht.»)
    • «vielleicht» oder «aber» verleihen einer Aussage Emotionalität («Das ist vielleicht ein schöner Pullover!»)

    Füllwörter?

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    Einige Abtönungspartikeln wie «eigentlich», «quasi» oder «sozusagen» werden oft als Füllwörter bezeichnet. Das liegt wohl daran, dass sie oft eingesetzt werden, um eine Aussage relativieren oder abschwächen.

    Als Füllwörter gelten in der Stilistik solche Wörter, die ohne Informationsverlust weggelassen werden können (Klassiker sind «ehm» und «also» oder auch Floskeln wie «ich würde sagen, dass»).

    Die meisten Abtönungspartikeln transportieren aber eben Informationen über Gefühle oder Einstellungen des Sprechers und können daher nicht weggelassen werden, ohne dass etwas verloren geht.

    Und auch klassische Füllwörter haben einen gewissen kommunikativen Wert. Zum Beispiel, indem sie eine Aussage abschwächen und so das Gegenüber vielleicht weniger vor den Kopf stossen. Oder indem sie («eehmm») den Redefluss aufrecht erhalten und («asooo») verhindern, dass einem jemand dazwischenredet. Bei dieser Gruppe von Wörtern spricht man auch von «Diskurspartikeln».

    Nicht alle Sprachen können Abtönungspartikeln

    Die deutsche Sprache ist eine derjenigen mit den meisten Abtönungspartikeln. Neben dem eng verwandten Niederländischen haben auch Griechisch, Japanisch und Indonesisch viele Abtönungspartikeln.

    Andere Sprachen, wie etwa Französisch oder Spanisch, verwenden kaum oder gar keine Abtönungspartikeln.

    Ein Satz wie «Das geht doch nicht!» würde auf Französisch vielleicht «Ça ne va pas!», lauten. Die Erregung und Zustimmungsforderung des deutschen «doch» werden dann durch Mimik, Gestik und/oder Satzmelodie ausgedrückt. Das Übersetzen deutscher Texte in Sprachen ohne Abtönungspartikeln wird so zu einer echten Herausforderung.

    Und vielleicht kommt das Vorurteil von Deutsch als einer kalten, harten Sprache genau daher, dass Gefühle und Einstellung in der deutschen Sprache eben vor allem durch die Abtönungspartikeln ausgedrückt werden anstatt durch ausladende Gesten oder ausdrucksstarke Mienen.

    Aus anderen Wortarten entlehnt

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    Gemeinsam haben die Abtönungspartikeln, dass sie aus anderen Wortarten entlehnt sind. «Aber», «denn» und «doch», zum Beispiel, sind auch Konjunktionen, die Satzelemente verbinden. «Einfach», «vielleicht» und «eben» sind auch Adverbien.

    Als Abtönungspartikeln dürfen sie aber nicht wörtlich verstanden werden. Manchmal kann nur der Kontext klarmachen, ob es sich um eine Abtönungspartikel handelt oder nicht. Nehmen wir nochmal ein Beispiel von oben:

    «Das ist vielleicht ein schöner Pullover.»

    Als Abtönungspartikel kann «vielleicht» durch «aber» ersetzt werden; als Adverb hingegen durch «eventuell» oder «möglicherweise». Die Bedeutung verändert sich, je nach dem, in welcher Funktion das Wort «vielleicht» genutzt wird.

    Schweizerdeutsch hat eigene Abtönungspartikeln

    Als Teil der deutschen Sprache verwendet auch das Schweizerdeutsche sehr gerne Abtönungspartikeln. Es hat sogar eigene, die im Standarddeutschen nicht (mehr) vorkommen:

    «Ächt» drückt Unsicherheit in Bezug auf eine Frage aus und «dänk» bedeutet 'das ist doch klar; weisst du das nicht?' («Was wott die Frau ächt bi s Nachbers Huus?» – «Das isch dänk dene ihri Tochter!»).

    «Ächt» und «dänk» – zwei wunderbar gäbige Abtönungspartikeln, die kaum aus dem schweizerdeutschen Sprachgebrauch wegzudenken sind. Und die sich auch kaum übersetzen lassen – nicht einmal ins ebenso abtönungsfreudige Standarddeutsch.

    Mehr Liebe für Abtönungspartikeln!

    Abtönungspartikeln sind in unserer Sprache allgegenwärtig, besonders in der Umgangssprache. Dennoch sind sich viele nicht bewusst, wie wichtig sie sind, und verkennen sie als «Füllwörter».

    Dabei sorgen die Abtönungspartikeln dafür, dass wir unsere Gefühle und Einstellungen subtil ausdrücken können - eine Leistung, die deutlich mehr Anerkennung verdient hat.

    Weitere Abtönungspartikeln

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    • auch («Was will man da auch machen?»)
    • bloss/nur («Wo bleibt er bloss/nur?»)
    • etwa («Denkst du etwa, ich sei dumm?»)
    • wohl («Wo die uns wohl hinbringen?»)
    • schon («Du meinst das schon ernst, oder?»)
    • überhaupt («Wer bist du überhaupt?»)
    • erst («Ich habe Durst.» – «Und ich erst!»)
    • eh/sowieso («Keine Angst, die merken das eh/sowieso nicht.»)
    • ruhig («Geh ruhig vor! Ich komme dann nach.»)

    Radio SRF 1, «Dini Mundart», 17.02.2023, 09:40 Uhr

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