Für das geschulte Auge sind sie nicht zu übersehen: Die überflüssigen Leerschläge und Apostrophe in Speisekarten, auf Schaufenstern, Geschäftsautos oder gar auf Produkten aus dem Grossverteiler.
Natürlich ist im Kontext klar, was mit «Berg Vorzugsbutter» gemeint ist. Aber ein Berg Vorzugsbutter ist eigentlich etwas anderes als eine Berg-Vorzugsbutter.
In Namen von Geschäften finden sich besonders viele falsche Leerschläge – und in Kombination mit Personennamen oft falsche Apostrophe.
Und die «Deppenleerschläge» und «Deppenapostrophe», wie sie in sprachkritischen Kreisen abschätzig genannt werden, scheinen immer mehr zu werden.
Die Gründe
1. Der Einfluss des Englischen
Gerade bei Namen von Geschäften ist der Einfluss der englischen Sprache nicht zu unterschätzen. Englische Namen sind besonders bei Restaurants, Imbissbuden und kleinen Läden beliebt.
Das Problem: Während im Englischen der Apostroph vor dem Genitiv-S vorgeschrieben ist, ist er im Deutschen falsch: Das Genitiv-S wird im Deutschen direkt ans Wort angehängt. Über hybride englisch-deutsche Ladennamen (z.B. «Harry's Ski Bar» in Zermatt) gelangte der Genitiv-Apostroph in den letzten Jahrzehnten vermehrt in eigentlich deutsche Namen.
Und von dort breitet sich der falsche Apostroph an weitere Stellen aus – etwa vor das Plural-S, wo auch im Englischen kein Apostroph steht; oder gar in Wörter wie «nicht's», «recht's» oder «sonntag's».
Dasselbe gilt für die Leerschläge: Im Englischen werden zusammengesetzte Substantive (Komposita) auseinandergeschrieben, im Deutschen zusammen. Auch hier trägt die Omnipräsenz der englischen Sprache dazu bei, dass immer mehr deutsche Komposita auseinandergeschrieben werden.
2. Die Bildung
Seit einigen Jahrzehnten wird in der obligatorischen Schulzeit immer weniger Gewicht auf die Rechtschreibung gelegt – das Diktat ist praktisch ausgestorben. Das wirkt sich möglicherweise auch auf die Rechtschreibkompetenz der Schulabgängerinnen und -abgänger aus – wobei in Fachkreisen umstritten ist, ob diese zuletzt wirklich abgenommen hat.
Ausserdem schreiben immer mehr Menschen, die nicht deutscher Muttersprache sind, auch in der Öffentlichkeit Deutsch. Das könnte zur Zunahme von im öffentlichen Raum sichtbaren Rechtschreibfehlern beitragen, ist aber gleichzeitig eine erfreuliche Entwicklung.
3. Die Faulheit
Der Hauptgrund für die Zunahme falscher Leerschläge und Apostrophe ist aber wahrscheinlich mangelnde Sorgfalt. Immer weniger Leute geben sich Mühe, korrekt zu schreiben.
Und immer weniger Leute stören sich an Rechtschreibfehlern in der Öffentlichkeit. Ein Shitstorm wegen eines falschen Apostrophs? Undenkbar. So besteht kaum Druck, Fehler zu vermeiden.
Diese mangelnde Sorgfalt hat wohl damit zu tun, dass heute im Alltag viel mehr geschrieben wird – hauptsächlich elektronische Kurznachrichten. In solchen, informellen Texten spielt die Rechtschreibung kaum eine Rolle – Hauptsache, man versteht sich. So verliert die Rechtschreibung ganz allgemein an Prestige.
Fazit: Alles halb so schlimm
«Deppenleerschlag» und «Deppenapostroph» scheinen sich also auszubreiten. Das mag manche stören, ist aber rational betrachtet kein grosses Problem. Solange man sich versteht, sind ein paar falsche Leerschläge und Apostrophe lediglich «Schönheit's Fehler».