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«Susi», «Pussy», «Lauch» Auch Männer werden sexistisch beschimpft

Männer und Frauen werden mit unterschiedlichen Schimpfwörtern betitelt. Dahinter stecken uralte Rollenklischees.

Dass viele Schimpfwörter für Frauen sexistisch sind, ist bekannt: «Schlampe», «Bitch», «Nutte», «Dorfmatratze» und «Flittchen» sind nur die Spitze des Eisbergs. Weniger präsent ist der Umstand, dass auch Männer mit sexistischen Schimpfwörtern betitelt werden.

Während die Beschimpfung von Frauen oft auf zu hohe sexuelle Aktivität abzielt, ist das bei Männern kaum der Fall (der «Wiiberschmöcker» ist eine harmlose Ausnahme). Im Gegenteil: Ausdrücke wie «Stecher», «Frauenheld», «Schürzenjäger» oder «Casanova» sind keine Beschimpfungen, sondern Auszeichnungen.

Wenn die Sexualität von Männern Schimpfwörter hervorbringt, dann geht es vielmehr um mangelnde oder «verschwendete» Potenz: «Schlappschwanz», «Wichser».

Schimpfwörter transportieren alte Geschlechterklischees

Daraus könnte man ableiten: Frauen sollen ja nicht zu viel (oder mit zu vielen Männern) Sex haben; Männer hingegen können sich durch hohe Potenz und sexuelle Aktivität auszeichnen. Die Schimpfwörter zeigen auf, welche verschiedenen gesellschaftlichen Normen über Jahrhunderte für Männer und Frauen galten – und teilweise immer noch in unseren Köpfen sind.

Eine alte Statue von Herkules von hinten fotografiert
Legende: Wie die Sprache zeigen auch Statuen oft Geschlechter-Ideale aus der Zeit, aus der sie stammen. iStockphoto

Das gilt nicht nur für die Sexualität, sondern auch für andere Bereiche: So werden Männer etwa abwertend als «Weichei», «Warmduscher» oder «Heulsuse» bezeichnet. Im Umkehrschluss müssen «echte» Männer immer stark, mutig und hart sein – emotionale Verletzlichkeit gilt als unmännlich.

Beschimpfung von Männern via Frauen

Und in der «Heulsuse» zeigt sich bereits ein weiteres Muster: «Unmännliche» Männer werden mit weiblich Konnotiertem beschimpft: «Heulsuse», «Susi», «Meitli», «Pussy». Diese Abwertung durch Zuweisung weiblicher Attribute wird auch bei Schimpfwörtern für homosexuelle Männer deutlich: «Tunte», «Schwuchtel», «Trine» oder «Schwester» sind nicht zufällig weibliche Wörter.

Der «Umweg» über das Weibliche geht so weit, dass Männer etwa als «Nuttensohn» oder «Hurenbock» bezeichnet werden – sie werden damit indirekt via Frauen beleidigt, die sich nicht entsprechend ihres Geschlechterklischees verhalten.

Was ist ein männlicher Körper?

Natürlich beziehen sich sehr viele Schimpfwörter für Männer auch auf nicht geschlechterspezifische Dinge wie mangelnde Intelligenz («Idiot», «Tubel», «Depp») oder die physische Erscheinung («Fettsack», «Gstabi», «Tschumpel»).

Kandidaten für die Mister Schweiz Wahl 2005 oben ohne in weissen Hosen.
Legende: Kandidaten für die Mister Schweiz Wahl 2005. Sie wurden nach ihrem Äusseren und ihrem Charakter bewertet. Durchgesetzt hat sich übrigens Renzo Blumenthal (unten links). KEYSTONE/Alessandro Della Bella

Aber auch hier landen wir rasch wieder in den Geschlechterklischees: «Lauch» ist in der aktuellen Jugendsprache ein beliebtes Schimpfwort für einen dünnen Jungen oder Mann. Der Ausdruck ist so zu verstehen, dass ein «richtiger» Mann sehr muskulös ist – wer davon abweicht ist eben ein armseliger «Lauch».

Viele Schimpfwörter widerspiegeln also jahrhundertealte Rollenbilder – vermeintlich überholte, aber offensichtlich immer noch präsente Frauen- und eben auch Männerbilder.

Welche Schimpfwörter für Frauen und Männer kennen Sie? Schreiben Sie sie in die Kommentare!

Radio SRF 1, «Dini Mundart», 6.9.2024, 09:40 Uhr

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