«Tschau» ist eines der beliebtesten Grusswörter der Schweiz. Aber kaum jemand weiss, dass «Tschau» ursprünglich 'Sklave' bedeutet.
Im Venedig des 18. Jahrhunderts grüsste man einander mit «sčiao vostro», wörtlich: '(ich bin) Euer Sklave/Diener'. Diese unterwürfige Grussformel wurde bald zu «ciao» gekürzt und verbreitete sich in dieser Form zuerst in Italien und dann in halb Europa.
Tschau = servus
Auch das bayrisch-österreichische «servus» bedeutet ursprünglich 'Sklave'. Es entstand wohl aus lateinischen Grussformeln wie «servus humilimus, domine spectabilis», zu Deutsch: 'ich bin euer bescheidenster Sklave/Diener, o nobler Herr'. So hatte man im Mittelalter seinen Feudalherrn anzusprechen.
Wem diese sprachlichen Unterwerfungsgesten nicht genehm sein sollten (obwohl sie heute kaum jemand mehr erkennt), kann sich ja anderer Grusswörter bedienen.
Gott zum Gruss
Zum Beispiel sich mit «Grüezi» oder «Grüessech» auf Gott berufen. Kein Witz! Diese beiden typisch schweizerdeutschen Grusswörter entstanden aus «Gott grüez i» beziehungsweise «Gott grüess euch».
Auch im beliebten schweizerdeutschen Verabschiedungsgruss «adjö» oder «ade» steckt Gott. Es kommt vom Französischen «à dieu», was wörtlich 'zu Gott, Gott befohlen' bedeutet.
Was viele nicht wissen: Denselben Ursprung wie «adjö» hat «tschüss». Beide gehen auf das lateinische «ad deum» (wiederum: 'zu Gott, Gott befohlen') zurück. Während «adjö» über das Französische ins Deutsche kam, nahm «tschüss» einen weiten Weg über Spanisch, Niederländisch und Niederdeutsch und wurde daher stärker verformt.
Gesundheit!
Wer auch von religiösen Grusswörtern nichts wissen will, kann dem Gegenüber gute Gesundheit wünschen. Etwa mit dem schweizerdeutschen «sali» oder «sälü».
Dieses Grusswort kommt wie «adjö» aus dem Französischen und hat Wurzeln im Lateinischen. Schon im Alten Rom grüsste man einander mit «salve», was sich mit 'bleib gesund!' übersetzen lässt. Über das französische «salut» kam es wohl erst im 19. Jahrhundert ins Schweizerdeutsche.
Ebenfalls auf die Gesundheit bezieht sich der alte deutsche Gruss «Heil», welcher durch den Naziterror in Ungnade fiel. Im Jägergruss «Waidmanns Heil!» oder im Fischergruss «Petri Heil!» ist er noch einigermassen geläufig.
Zeiten (und Grusswörter) ändern sich
Viele unserer heutigen Grusswörter haben hunderte oder gar tausende Jahre auf dem Buckel. Sie verraten viel über die sozialen Konventionen beim Grüssen im Lauf der Zeit:
In der Antike wünschte man dem Gegenüber gute Gesundheit. Im Mittelalter und der Zeit des Absolutismus – als die Gesellschaft stark hierachisch geprägt war – verwendete man lange und unterwürfige Grussformeln. Und in der fromm-religiösen Neuzeit berief man sich beim Grüssen auf Gottes Segen.
Übrig bleiben (fast) leere Floskeln
Im Lauf der Jahrhunderte haben sich die Grusswörter nicht nur lautlich stark verändert, sondern auch ihre wörtliche Bedeutung verloren. Heute sind sie nur noch Floskeln mit der Bedeutung 'ich grüsse dich/Sie'.
Und trotzdem lässt sich nicht jedes Grusswort in jeder Situation anwenden. Beim Duzen grüssen wir mit anderen Wörtern als beim Siezen. Obwohl: «Hallo», zum Beispiel, wird immer mehr auch beim Siezen verwendet. Auch diese Grüss-Konvention scheint sich also langsam aufzuweichen.
Wie grüssen und verabschieden Sie sich? Schreiben Sie es uns via Mail an mundart@srf.ch!