Zum Inhalt springen
Die Rolling Stones auf der Bühne
Legende: Die Rolling Stones im Sommer 2022 in Deutschland imago/Funke Foto Services

Neues Rolling-Stones-Album «Hackney Diamonds» wäre ein starker Abgang der Stones

18 Jahre hat es gedauert, bis die Rolling Stones wieder eigene neue Songs veröffentlichen. «Hackney Diamonds» ist ihr 24. Studioalbum und deckt musikalisch ihre Sechs-Dekaden-Karriere ab. Abwechslungsreich und dem Bandsound treu zugleich. Sollte es ihr letztes Album sein, es wäre ein starker Abgang.

Diese Band hätte es weiss Gott nicht mehr nötig, neue Songs zu veröffentlichen. Ihr Repertoire ist legendär. Sie sind Musikgeschichte. Mick Jagger (80), Keith Richards (79), Ron Wood (76) haben ein Alter erreicht, das für Rockbusiness-Massstäbe biblisch ist. Sie müssten nicht mehr, aber sie können nicht anders. Im Fall des neuen Albums «Hackney Diamonds» ist das unser Glück.

Griffige Songs

Der Opener «Angry» wurde als Albumankündigung im September vorausgeschickt und ähnlich griffig, mit den Stones-typischen Gitarrenriffs, geht es auf dem Album weiter. «Get Close» ist ein erdiger Mitsinger. Ob es das Saxophonsolo gebraucht hätte, kann man diskutieren - und wenn man Elton John am Klavier hören möchte, muss man schon sehr genau hinhören.

Die Stones streifen auf diesem Album viele Musikgenres, denen sie in ihrer 60-jährigen Karriere begegnet sind: Blues, Rock, Glam-Rock, Country, Gospel. Das Geigen verhangene «Depending On You» erinnert uns, dass sie auch schöne Balladen schreiben können. Bei solch vielen musikalischen Einflüssen könnte man denken, das Album falle auseinander. Tut es aber nicht. Die starke Stimme von Jagger und Richards Gitarre als Bandmerkmale halten es zusammen.

Wie performen die Gäste?

Schon im Vorfeld wurde die illustre Gästeliste bekannt. Nun kann man die Performances überprüfen: Lady Gaga im Background des siebenminütigen Gospels «Sweet Sounds Of Heaven» singt um ihr Leben. Sie gibt alles, aber an Merry Clayton («Gimme Shelter», 1969) kommt sie nicht heran. Elton John am Klavier hört man kaum und spürt man nicht. Auch nicht bei seinem zweiten Auftritt in «Live By The Sword». Er kommt wie ein Boogie-Woogie-Session-Musiker daher. Ein Understatement, das sich nur die Stones leisten können.

Stevie Wonder spielt bei «Sweet Sounds Of Heaven» nur die Klaviernoten, die es braucht. Danke dafür. Bleibt noch die Sensation auf dem Album: Paul McCartney am Bass. Ein Beatle spielt auf einem Stones Album! Und wie! Ausgerechnet in der punkigen Nummer «Bite My Head Off» bekommt er seinen Solopart mit einem verzerrten Bass. Man traut seinen Ohren nicht.

Ist das ihr letztes Album?

In der aktuellen Berichterstattung findet man keine klaren Ansagen, ob das ihr letztes Album ist. Bemerkenswert ist aber schon, dass Jagger und Richards in einer Mini-Session als zwölften und letzten Song Muddy Waters «Rollin’ Stone» covern. Der Song gab der Band den Namen und wurde in den 61 Jahren Bandgeschichte noch nie aufgenommen.

Gedankenspiel zum Schluss: Angenommen, niemand auf der Welt würde die Band The Rolling Stones kennen und es wäre ihr Debütalbum. Ich behaupte, mit diesem Album hätten sie den Durchbruch geschafft.

SRF 1, 20.10.2023, 6:20 Uhr

Meistgelesene Artikel