Die Zahl der abgeschlossenen Strafverfahren wegen Misshandlung von Tieren in der Schweiz liegt seit Jahren stabil bei rund 1900. Weit mehr als die Hälfte der Fälle betrifft Tiere in Privathaushalten, meistens Hunde. So auch beim aktuellsten Fall aus Ramiswil (SO), wo über 100 Hunde auf einem Hof eingeschläfert werden mussten. In 600 - 700 Fällen geht es um Delikte gegen Nutztiere, überwiegend Rinder. Und in durchschnittlich rund 140 Fällen sind wild lebende Tiere (Rehe, Hirsche, Fische) betroffen, wie Zahlen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV zeigen.
Behörden und Tierschutzorganisationen sind sich derweil einig: Die Dunkelziffer ist weit höher. Bei den unbestraften Fällen von Tierquälerei und anderer Misshandlung von Tieren müsse mit einem Mehrfachen gerechnet werden, vermutet die Stiftung Tier im Recht (TIR).
Handeln Behörden zu zaghaft?
Die Gründe für die mutmasslich hohe Dunkelziffer bei Tierquälerei und ähnlichen Delikten sind vielfältig. Laut Tierschutzorganisationen findet die Grosszahl der Delikte im Verborgenen statt, in Ställen oder Privathaushalten.
Zudem brächten die Veterinärbehörden Verstösse zu wenig konsequent zur Anzeige und die Kontrollen landwirtschaftlicher Betriebe seien unzureichend.
Sensibilisierung der Öffentlichkeit soll zunehmen
Auch mangele es an Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Beim Erkennen und Melden von Tierschutzverstössen seien ein offenes Auge und ein gewisses Mass an Zivilcourage gefordert, sagt Arlette Niederer vom Schweizer Tierschutz STS. Anzeichen oder Indizien für Tierquälerei seien:
- Offensichtliche Anzeichen wie Verletzungen, Unterernährung oder extreme Verwahrlosung.
- Verhalten eines Tieres: übermässige Angst, Stress oder Aggressivität können auf Missstände hindeuten.
- Bei Heimtieren ist oft nicht sofort sichtbar, dass sie leiden – achten Sie auch auf das Umfeld und fragen Sie sich, ob die Bedürfnisse der Tierart erfüllt sind.
Zunächst das Gespräch, dann die Anzeige
Arlette Niederer empfiehlt, im Verdachtsfall den betreffenden Tierhalter, die betreffende Tierhalterin direkt anzusprechen. Bleibt die Situation unverändert, soll der Fall dem kantonalen Veterinäramt gemeldet werden.
Wer unsicher sei oder anonym bleiben wolle, könne die Meldung auch über den STS machen. Ganz wichtig sei es, die Beobachtungen mit Fotos, Videos und unter Angabe von Ort und Datum zu dokumentieren und zu sammeln und allfällige Zeuginnen und Zeugen zu kennen.
Der Schweizer Tierschutz STS handelt bei Verdachtsfällen unter Umständen auch selbst. Das Vorgehen ist das gleiche, das Privaten empfohlen wird: Zunächst werde der oder die betreffende Tierhalter oder Tierhalterin persönlich angesprochen, sagt Niederer.
Kooperiere er oder sie nicht, erfolge eine Meldung ans Veterinäramt. Weitergehende Möglichkeiten habe man nicht, abgesehen von der Möglichkeit, einzelne Fälle über die Medien an die Öffentlichkeit zu bringen. So oder so sei man auf Hinweise und Unterstützung aus der Öffentlichkeit angewiesen.