Eis ist viel mehr als nur gefrorenes Wasser. Eis ist faszinierend für Aktiv- und Passivsportler. Kommen Sie mit und wagen Sie sich mit mir diesen Winter aufs Glatteis.
Marcel Hähni
SRF 1 – Outdoor-Reporter
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Marcel Hähni, Jahrgang 70, ist Redaktor und Produzent bei Radio SRF 1 und ausgebildeter Wander- und Schneeschuh-Wanderleiter. Regelmässig berichtet er auf srf1.ch und am Radio über seine neusten Abenteuer und verrät Tipps und Tricks für die Outdoorwelt.
1. Schlittschuhlaufen auf der Alp – Feldis (GR)
Ich war schon auf vielen Alpen mit den Schneeschuhen oder den Tourenski. Schlittschuhe hatte ich bis anhin noch nie dabei. Bis ich das Natur-Eisfeld auf der Alp Raguta oberhalb von Feldis entdeckt habe. Es ist eines der höchstgelegenen Natureisfelder Europas und aus meiner Sicht eines der schönsten. Vor einem gewaltigen Alpenpanorama kann man hier Schlittschuhlaufen oder sich mit Curling oder Eisstockschiessen vergnügen.
Impressionen und Anreise
Entstanden ist das Natur-Eisfeld durch die Initiative von Kurt Attinger, der zusammen mit seinen Brüdern Curling Schweizermeister im Curling war und 1984 EM-Gold gewann. Er hat auf der Alp Raguta ein 20 Meter breites und 44 Meter langes Natureisfeld geschaffen, dass jedes Jahr mit viel Familien- und Freiwilligenarbeit betrieben wird.
Vom Eisfeld aus sieht man bis zum Finsteraarhorn im Wallis und den ersten Gipfeln Italiens.
Mit der Sesselbahn zum Eisfeld
Das Natureisfeld auf der Alp Raguta erreicht man mit der Luftseilbahn Rhäzuns-Feldis und der Sesselbahn Feldis-Mutta. Von dort aus führt ein Winterwanderweg in rund fünf Minuten zum Eisfeld. Schneeschuhläufer verbinden den Besuch des Eisfeldes mit einer Rundtour über den Dreibündenstein. Mit der Seilbahn gelangt man dann von Brambrüesch hinunter nach Chur.
Kunst- oder Natureis?
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Natureis
Die ersten Natureisbahnen befanden sich auf gefrorenen Seen. Später kamen Eisfelder auf geeigneten Flächen an Land dazu. Für solche Eislaufbahnen muss noch heute eine bestehende Schneedecke kompakt und eben gewalzt werden. Danach wird die Fläche bei tiefen Temperaturen mit Wasser vereist und mit einem Balken oder Spezialfahrzeug präpariert. So wird die Fläche schön eben und glatt.
Kunsteis
Mit der Erfindung der Kältemaschine wurde es möglich künstliches Eis zu produzieren. Dazu wird unter einer tragbaren Fläche, ein zusammenhängendes Rohrsystem aufgebaut. In dieses wird ein Gemisch aus Frostschutzmittel und Wasser gefüllt, welches die Kältemaschine kühlt. Anschliessend werden mit einem Wasserschlauch verschiedene Wasserschichten aufgesprüht, bis sich eine sechs bis acht Zentimeter dicke Eisschicht bildet.
2. Eisfischen auf dem Bergsee – Melchsee-Frutt (OW)
Fischen stand bis jetzt nie auf meiner «To-do-Liste». Das Eisfischen auf der Melchsee-Frutt ist meine Premiere. Ich bin freudig nervös, hoffe aber auf einen entspannten Tag. Etwas Positives vorne weg: Während ich hier am Eisloch sitze, können sich die restlichen Familienmitglieder beim Skifahren, Schneeschuhwandern, Langlaufen oder mit den Schlittenhunden auspowern.
Impressionen und Anreise
Fischen entspannt kolossal, ob du was fängst ist eigentlich egal. Eventuell wäre es aber noch entspannter, wenn es noch etwas wärmer wäre. Auf der Frutt kann man auf den beiden Stauseen Melchsee und Tannensee unter Anleitung und bei meist eisigen Temperaturen auf Fischfang gehen. Wie beim Fischen im Sommer gelten auch beim Eisfischen strenge Regeln. Die Regeln betreffen unter anderem die Grösse des Eisloches, die Art der Köder und die erlaubte Fangmenge. Beisst ein Fisch an, hört man das durch das Bimmeln eines Glöckleins an der Fischerrute.
Beim Eisfischen gibt es kein Patentrezept. Am besten vertraust du auf dein Bauchgefühl.
Eisfischen im Herzen der Zentralschweiz
Melchsee-Frutt liegt in den Zentralschweizer Bergen auf knapp 2000 Meter über Meer. Von Sarnen her fährt man Richtung Kerns, Melchtal bis Stöckalp. Von hier aus fährt eine Gondelbahn auf die Melchsee-Frutt.
Betreten von gefrorenen Seen
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Gefrorene Gewässer dürfen nur betreten werden, wenn sie durch die Behörden freigegeben wurden.
Bei der Gefahr eines Eisbruches legen sie sich flach auf das Eis und kriechen sie auf das Ufer zu. Rufen sie sich nach Hilfe.
Als Retter werfen sie dem Eingebrochenen, wenn vorhanden einen Rettungsring, ein Seil oder einen Ast zu. Rufen sie nach Hilfe. Betreten sie die Eisfläche nicht.
3. Adrenalin am Eiskanal – Oberengadin (GR)
St. Moritz kenne ich als Reporter von den zwei Skiweltmeisterschaften 2003 und 2017. Beide Male berichtete ich auch über die Bobbahn. Passagier-Bobfahrten wären schon damals möglich gewesen. Doch mir wird schon beim Beschleunigen der S-Bahn schlecht. Und deshalb beschränke ich mich auch beim dritten Besuch aufs Zuschauen. Ich spüre und sehe die Faszination. Wer Adrenalin pur in den Blutbahnen spüren will, ist hier richtig.
Impressionen und Anreise
Im Jahr 1904 offiziell in Betrieb genommen, ist der Olympia Bob Run von St. Moritz nach Celerina die einzige noch bestehende Natureis-Bobbahn der Welt. Die Bahn wird seit Jahrzehnten jedes Jahr von einer Südtiroler Baumannschaft von Grund auf neu aufgebaut. Dazu werden rund 5000 Kubikmeter Schnee und 4000 Kubikmeter Wasser verwendet.
Wer das erste Mal als Passagier mit dem Bob herunter fährt, sollte die Strecke erst im Nachhinein besichtigen.
Im Blick des Wahnsinns
Der Start der Bahn befindet sich in der Nähe des Hotels Kulm. Entlang der Bobbahn führt ein rund zwei Kilometer langer Wanderweg vom Start bis ans Ziel. An den vielsagenden Streckenpunkten mit den Namen wie Snake, Tree Leap oder Horse Shoe hat man eine gute Sicht auf die Pilotinnen und Piloten. Es ist der absolute Wahnsinn. Wer jetzt noch nicht genug gesehen hat, disloziert an den Cresta Run. Hier geht es praktisch schnurgerade und kopfvoran in eine andere Eisbahn. Das gibt mir den Rest.
Cresta, Skeleton oder Bob?
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Cresta
Ist der Ursprung von Bob und Skeleton. Cresta-Rennen wurden 1885 zum ersten Mal in St. Moritz ausgetragen. Als einige Jahre später zwei Fahrer die Idee hatten, zwei Schlitten aneinander zu binden, wurde der Bobsport erfunden. Cresta ist nach einem Ortsteil von Celerina benannt. In dieser Ursprungsform wird die Sportart nur in St. Moritz ausgetragen.
Skeleton
Hat sich aus dem Cresta entwickelt. Beim Skeleton fahren die Athleten wie beim Cresta, bäuchlings und Kopf voran durch den Eiskanal. In St. Moritz in der gleichen Bahn wie die Bobfahrer. Der Name Skeleton ist durch die Bauart des Schlittens entstanden, die an ein stählernes Skelett erinnert.
Bob
Der Bobsport ist eng mit dem Rennrodeln verwandt. In einem Bob sitzen bis zu vier Personen. Von diesen vier Personen ist jeweils eine für die Steuerung und eine für das Bremsen verantwortlich. Der Rest ist Anschub-Power. Neben dem Viererbob gibt es noch einen Zweier- und seit ein paar Jahren auch einen Einer-, den Monobob.
4. Klettern an gefrorenen Wasserfällen – Urnerboden (UR)
Den Urnerboden, die weitläufige Alp zwischen Linthal im Kanton Glarus und dem Klausenpass im Kanton Uri, kennen viele von Velo- oder Töfftouren im Sommer, auch ich. Im Winter ist der Urnerboden noch ein Geheimtipp. Zum ersten Mal war ich hier mit Eispickel, Steigeisen und Klettergurt. Denn in Begleitung einheimischer Bergführerinnen kann man hier ungestört erste Versuche im Eisklettern machen.
Impressionen und Anreise
Eisklettern ist klettern am Eis. An bestehenden Eisformationen oder gefrorenen Wasserfällen und Eiszapfen. Beim Eisklettern werden alle Kenntnisse des alpinen Kletterns abgerufen. Geklettert wird wie im Sommer mit Steigeisen, der persönlichen Schutz- und Kletterausrüstung, aber mit speziellen Eispickeln. Es ist schön, kalt und anstrengend. Und Achtung: Eisklettern ist kein Sonntagsausflug, sondern eine Extremsportart.
Es ist wichtig das geeignete Gelände zu finden und sich dann langsam heranzutasten.
Eisiger Klettergarten
An den Felswänden auf dem Urnerboden findet man Kletterrouten in den unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden. Auch für Anfänger wie mich. Während ich im Eis hänge und die Muskeln spüre, kann die Familie zwischen einer Schlittelpartie vom Fisetenpass oder einer Langlaufrunde auf der schneesicheren Gulispur wählen. Erreichbar ist der Urnerboden von Linthal aus. Vier mal pro Tag fährt ein Postauto.
Wie entsteht eigentlich ein Eiszapfen?
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Wasser besteht aus vielen kleinen Molekülen. Normalerweise bewegen sich diese Moleküle hin und her. Wenn die Temperatur nun unter Null Grad sinkt, können sich diese Teilchen nicht mehr bewegen. Das Wasser wird fest.
Ein vom Dach fallender Tropfen erstarrt und wird zu Eis. Rollen weitere Tropfen nach, gefrieren auch diese. Sie werden auch zu Eis und der Eistropfen wird immer grösser.
5. Eine Expedition ins Innere des Gletschers – Zinal (VS)
Ich stand schon auf verschiedenen Gletschern. In einem Gletscher drinnen war ich aber noch nie. Beim Zinalgletscher zu hinterst im Val d'Anniviers ist das für fast alle möglich. Sicher aber für jene, die mit den Schneeschuhen rund 400 Höhenmeter und drei- bis fünf Stunden wandern können. Allerdings nur im Winter, weil die Gletscherhöhlen nur dann gut erreichbar sind.
Impressionen und Anreise
Nach dem Aufstieg vom Dorf Zinal trifft man auf eine andere Welt. Der Zinalgletscher endet hier mit einem 15 auf 30 Meter grossen Höhleneingang, der mich an ein geöffnetes Walfischmaul erinnert. Das Eis ist rundgeschliffen, schimmert und funkelt in einem aquamarinen blau in meinen Augen. Ich bin ob der natürlichen Schönheit dieses Naturspektakels sprachlos.
Wegen der Gefahr eines Steinschlags kann man im Sommer nicht zur Eishöhle wandern.
Nur im Winter erreichbar
Weil im Sommer zu viel Wasser aus dem Gletscher in die Bäche abfliesst und der Weg über hohe Steine führt, ist die Gletscherhöhle nur im Winter gut erreichbar. Da der Weg über nicht signalisiertes hochalpines Gelände führt, muss die Lawinensituation stetig beobachtet werden. Die Tour sollte daher von einer Bergführerin oder einer bergerprobten Person begleitet werden.
Zinal erreicht man mit der Bahn von der Deutschschweiz her, am besten durch den Lötschbergtunnel. Dann mit dem Postauto ab Sierre Richtung Val d'Anniviers.
So verabschieden sich Gletscher
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Rund 1400 Gletscher gibt es heute noch in der Schweiz. In den letzten 40 Jahren sind die Gletscherflächen um einen Drittel geschrumpft. Alleine in den letzten drei Jahren haben die Gletscher in der Schweiz 1500 Millionen Kubikmeter Eis verloren. Der Zinalgletscher ist seit 1891 um fast zwei Kilometer geschmolzen.
Schuld am Gletschersterben ist der Klimawandel, der die Erdtemperatur ansteigen lässt. In den immer wärmeren Sommern schmilzt mehr Eis als in der kalten Jahreszeit wieder hinzukommt.
Informieren Sie sich vor einer Reise bitte bei den Destinationen und Veranstaltern.
Radio SRF 1, Outdoor-Reporter/Online-Talk, 17. Januar 2022, 15:15 Uhr
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