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Wanderung des Monats Mai Über Milchopolis zum Bibersee – einer Naturschönheit in Stadtnähe

Auf der Wanderung zum Bibersee im Kanton Zug machen wir Halt in Milchopolis und begeben uns auf einen Streifzug durch Cham, der auch eine Reise in die Vergangenheit ist.

Der Bibersee ist das einzige Binnengewässer der Gemeinde Cham ZG. Der See wurde im 19. Jahrhundert trockengelegt und in den Jahren 2014 und 2015 renaturiert. Die Wanderung des Monats Mai führt zum Bibersee, vorbei an blühenden Kirschbäumen, urbanem Stadtgebiet, der Autobahn und ehemaligen Wirtschaftsgebäuden von nationaler Bedeutung.

Marcel Hähni

SRF-1-Outdoor-Reporter

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Marcel Hähni, Jahrgang 1970, ist Redaktor und Produzent bei Radio SRF 1 und ausgebildeter Wanderleiter. Zu seinen bevorzugten Wanderzielen gehören die Zentralschweiz und die Ostschweiz mit dem Alpstein, dem Rätikon und dem Engadin. Regelmässig berichtet er auf srf1.ch, in der SRF-News-App und am Radio über seine neusten Abenteuer und verrät Tipps und Tricks für die Outdoorwelt.

Der Start der Wanderung ist bei der S-Bahnhaltestelle «Chollermüli» etwas ausserhalb der Stadt Zug. Zuerst stand hier eine Kornmühle, dann eine Baumwollweberei, eine Schiffschraubenfabrik und ab 1955 wurden hier der «Bernina» Kinderwagen hergestellt.

Schon am Start der Wanderung trifft man unweigerlich auf Zuger Industriegeschichte.
Autor: Marcel Hähni SRF 1 Outdoor-Reporter

Heute steht da, wo früher Kinderwagen hergestellt wurden die «Galvanik Zug», ein Kulturzentrum. Schon am Start der Wanderung trifft man unweigerlich auf Zuger Industriegeschichte. Zuerst geht es nun aber vom alten Industriegebiet hinunter an den Zugersee und dann am Strandweg entlang nach Cham – der Stadt, die einst als «Milchopolis» bezeichnet wurde.

Internationale Wirtschaftsgeschichte wurde hier geschrieben. 1866 gründete die amerikanische Familie Page in Cham die Anglo-Swiss Condensed Milk Company, die erste Kondensmilchfabrik Europas. Aus der «Milchsüdi,» wie sie die Einheimischen liebevoll nannten, wurde später der Nestlé-Konzern. Ab 1932 wurde der Betrieb in Cham schrittweise eingestellt. Die Gemeinde Cham ist aber bis heute zusammen mit Vevey Firmensitz von Nestlé.

Bereits ab dem Jahr 1657 wurde an der Lorze, dem Fluss, der durch Cham fliesst, eine Papiermühle betrieben. Ab 1881 produzierte die Chamer Papierfabrik als erste in der Schweiz Zellstoffpapier. Die «Papieri» wurde zum grössten Arbeitgeber in der Region. 2015 wurde der Betrieb eingestellt.

Ziemlich genau in der Mitte der Gemeinde Cham führt jetzt der Wanderweg entlang der Lorze, hinaus in den Ortsteil Lindencham. Hier überquert man die Hauptstrasse und kommt in den Städtlerwald. Dieser grenzt an die schweizweit bekannte Autobahnverzweigung Blegi. Der Weg überquert die Autobahn und führt geradeaus zum Bibersee. Auf der einen Seite, die Autobahn Zürich – Luzern und auf der anderen Seite, kilometerweites Kulturland Richtung Knonauer Amt im Kanton Zürich.

Der Bibersee wurde im 19. Jahrhundert zur Landgewinnung trockengelegt. Erst zwischen 2014 und 2015 wurde er renaturiert und unter Naturschutz gestellt. Seinen Namen hat er vom damals anwesenden Biber, dem grössten einheimischen Nagetier, erhalten. Nachdem der Kanton bereits 1976 den Biber an der Sihl wieder ausgesetzt hatte, wurde dieser im Jahr 2022 zum ersten Mal wieder am Bibersee gesichtet. Von hier aus geht es nun an blühenden Kirschbäumen nach Steinhausen. Hier kann man auf den öffentlichen Verkehr umsteigen und mit besten Verbindungen Richtung Zürich oder zurück nach Zug fahren.

Kirschenkanton Zug

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Kirschbaum in voller Blüte
Legende: Keystone/Alexandra Wey

In der Nähe des Zuger Weilers Hagendorn wurden die ältesten Kirschensteine gefunden. Sie sind mit den Jahren 170 bis 270 nach Christus datiert und belegen, dass die Edelkirsche bereits in der römischen Zeit nördlich der Alpen verbreitet war.

Erste schriftliche Zeugnisse für den Kirschenanbau im Kanton Zug stammen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Kirschbäume galten damals als Allgemeingut. Die Frucht war bei der Bevölkerung beliebt, das Holz als Brenn- und Baumaterial begehrt.

Der Zuger Chriesimärt (Zuger Kirschenmarkt) ist 1627 erstmals urkundlich erwähnt. Der Zuger Chriesisturm besteht seit rund 400 Jahren. Er fällt auf die Tradition zurück, dass die Bürger auf ein Glockenzeichen hin mit ihren Leitern auf die Zuger Allmend rannten und die frischen Kirschen pflücken durften.

Die bekannte Zuger Kirschtorte wurde 1915 von dem Zuger Konditor Heiri Höhn erfunden. Inspiriert wurde der Konditor durch die verschiedenen Kirschbrennereien in der Stadt. Höhn lies das Rezept seiner Zuger Kirschtorte schützen und gewann mit seiner Kirschtorte verschiedene nationale und internationale Auszeichnungen.

Der Kirschenanbau im Kanton Zug figuriert seit 2011 unter den lebendigen Traditionen der Schweiz. 

Radio SRF 1, «Aktuell», 6.Mai 2025, 16.12 Uhr ; 

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