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Paraplegiker-Stiftung wird 50 Wie die Schweizer Paraplegiker-Stiftung Leben verändert

Ein Unfall, ein Sturz, ein Sprung ins Wasser: innert Sekunden kann ein Leben kippen. Seit 1975 begleitet die Schweizer Paraplegiker-Stiftung Menschen mit Querschnittlähmung zurück in den Alltag. Heute gilt ihr Zentrum in Nottwil als führend.

Als Guido A. Zäch die Stiftung 1975 gründete, hatten Menschen im Rollstuhl kaum Perspektiven. Berufliche Integration war selten möglich, viele landeten nach der Reha in Heimen.

Das Zentrum in Nottwil: Zahlen und Fakten

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  • Gegründet: 1975 von Guido A. Zäch
  • Gönnerinnen und Gönner: 2 Millionen
  • Mitarbeitende: über 2000
  • Campus: 160’000 m², 23 Fussballfelder gross
  • Besucherinnen und Besucher: rund 30’000 pro Jahr
  • Stationäre Patientinnen und Patienten: ca. 1000 jährlich
  • Ursachen Querschnittlähmung: Krankheiten und Unfälle halten sich in etwa die Wage und bei den Unfällen sind es meist Stürze, gefolgt von Verkehrs- und Sportunfällen
  • Rückkehr ins Berufsleben: 64 Prozent
  • Internationale Bedeutung: grösstes Zentrum Europas für Querschnittgelähmte

Bereits zwei Jahre nach der Gründung zählte die Stiftung 100’000 Gönnerinnen und Gönner. Heute sind es zwei Millionen. 1990 eröffnete in Nottwil das Paraplegiker-Zentrum, seither das grösste Zentrum Europas für Querschnittgelähmte.

Persönliche Erfahrungen

Christian Hamböck kennt diesen Weg persönlich. Nach einem Gleitschirmunfall 1988 sass er im Rollstuhl.

Von Anfang an war das Ziel, die Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen
Autor: Christian Hamböck Mitarbeiter der Stiftung und selbst betroffen

Er erinnert sich an eine Zeit, in der Rollstuhlfahrende in Restaurants nicht bedient wurden oder bei der SBB im Postwagen reisen mussten – und dort teils vergessen gingen. Berufliche Perspektiven gab es kaum, viele landeten nach der Reha in Heimen. «Von Anfang an war das Ziel, die Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen, vor der Rente und nicht danach», sagt er.

Auch Rückschläge prägten die Geschichte. Der Abgang von Gründer Guido A. Zäch endete im Veruntreuungsskandal. Für die Stiftung war das eine kommunikative Krise, doch die Vision überzeugte weiter, und die Zahl der Gönnerinnen und Gönner erholte sich rasch.

Alltag in der Reha

Jährlich werden im Zentrum rund 1000 Menschen stationär betreut. Die Hälfte erleidet ihre Lähmung nach einem Unfall, am häufigsten durch Stürze, gefolgt von Verkehrs- und Sportunfällen. Drei Viertel der Betroffenen sind Männer.

Heute funktioniert fast alles wieder, das macht mich glücklich.
Autor: Urs Marti Patient im Paraplegiker-Zentrum Nottwil

Einer von ihnen ist Urs Marti. Der 65-Jährige erlitt im Ausland einen Aortariss und ist seither inkompletter Paraplegiker. «Ich kann meine Beine bewegen, aber nicht gehen», sagt er. In der Reha trainiert er Kraft und Selbstständigkeit. Besonders belastend sei am Anfang die Darm- und Blasenfunktion gewesen. «Heute funktioniert fast alles wieder, das macht mich glücklich.»

Medizin zwischen Prognose und Hoffnung

Chefarzt Björn Zörner erlebt täglich die schwierigen Gespräche mit Betroffenen. «Ein Gespräch, in dem man sagt: Sie können wohl nie mehr laufen, ist immer schwer. Aber Prognosen sind unsicher. Hoffnung darf man nie zerstören.» Jede Querschnittlähmung sei individuell. Oft seien es nicht die fehlenden Schritte, sondern Fragen nach Sexualität oder Blasenfunktion, die die Patientinnen und Patienten am meisten beschäftigen.

Hoffnung darf man nie zerstören.
Autor: Björn Zörner Chefarzt Schweizer Paraplegiker-Zentrum

Gleichzeitig gebe es berührende Momente: «Wenn jemand nach Wochen wieder selbstständig essen kann oder aufsteht, das sind Sternstunden.» Auch Angehörige würden stark belastet und in die Betreuung einbezogen.

Blick in die Zukunft

Das Ziel der Stiftung ist ein möglichst selbstständiges Leben. 64 Prozent der Patientinnen und Patienten schaffen die Rückkehr ins Berufsleben – weltweit ein Spitzenwert.

Eine Heilung ist noch Zukunftsmusik. Aber wir machen Schritt für Schritt Fortschritte.
Autor: Björn Zörner Chefarzt Schweizer Paraplegiker-Zentrum

Auf dem Campus wird auch geforscht. Technologien wie Nervenstimulatoren oder Computersteuerungen sollen Bewegungen erleichtern. In der Grundlagenforschung beschäftigen sich Fachleute mit dem Eiweiss NOGO A. Es wirkt wie eine Bremse und verhindert, dass verletzte Nerven nachwachsen. Antikörper sollen diese Blockade lösen. «Eine Heilung ist noch Zukunftsmusik», sagt Zörner. «Aber wir machen Schritt für Schritt Fortschritte.» 

Zwei Männer stehen in einem Spitalzimmer, links im weissen Arztkittel, rechts im Anzug.
Legende: Chefarzt Björn Zörner mit Stiftungsgründer Guido A. Zäch im Paraplegiker-Zentrum Nottwil, 2025. Keystone/Stefan Bohrer

Seit 50 Jahren begleitet die Stiftung Menschen mit Querschnittlähmung. In Nottwil wird weiter geforscht – Schritt für Schritt Richtung Zukunft.

Radio SRF 1, 2.09.2025, 10:00 Uhr, «Treffpuntk» ; 

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