Projekte für Rentner - Wie der Ruhestand zur aufregenden Lebensphase wird
Mit der Pensionierung verlieren viele Menschen einen wichtigen Teil ihres Lebensinhalts. Auf der Suche nach neuem Sinn im Leben entstehen manchmal auch verrückte Ideen.
Menschen im Pensionsalter sind nicht untätig. Laut Bundesamt für Statistik (BFS) leisten 45 Prozent der Personen zwischen 65 und 74 Jahren institutionalisierte und/oder informelle Freiwilligenarbeit. Aber es gibt Menschen, die finden neue Energie in ungewöhnlichen Projekten.
Auf der Suche nach einem neuen Lebenssinn
Einer von ihnen ist Hanspeter Bäni. Der preisgekrönte Dokumentarfilmer wurde 2021 pensioniert. Der Ausstieg aus dem Berufsleben fiel ihm nicht leicht: «Die Pensionierung brachte mir nicht das Gefühl von Freiheit, sondern eine Leere, weil mich die Gesellschaft nun nicht mehr braucht.»
Ich habe mit dieser Reise mehr Abstand zu meinem Berufsleben gefunden.
Zusammen mit einem Freund brach er zu einer 1300 Kilometer langen Wanderung zum nördlichsten Punkt Deutschlands auf. Spontane Begegnungen sollten ihnen Antworten zum Ruhestand liefern.
Die ungewöhnliche Reise wurde zur Zerreissprobe, auch wegen der körperlichen Strapazen. «Ich habe mit dieser Reise mehr Abstand zu meinem Berufsleben gefunden», sagt Bäni im Rückblick.
Eine Fernwanderung als Pensionierungsprojekt
Bänis Wanderung mit Filmprojekt ist ein Beispiel für unkonventionelle Projekte nach der Pensionierung. Wer sich umhört, findet aber viele weitere abenteuerlustige Rentnerinnen.
Nach der Pensionierung ins Rustico
Barbara und Toni Theus waren schon pensioniert, als sie vom Münstertal mit eigener Tierarztpraxis ins wilde Calancatal zogen.
Ich wollte einfach noch etwas Neues erleben und nicht einfach sagen: Jetzt sind wir alt, und fertig.
In Braggio leben sie in einem kleinen Rustico und betreiben als Quereinsteiger eine Minigastwirtschaft mit Gästezimmern. Braggio ist nur zu Fuss oder mit einer Kleinseilbahn erreichbar.
Eingetauscht haben sie ein grosses Haus mit vielen Annehmlichkeiten gegen ein kleines Rustico. «Ich wollte einfach noch etwas Neues erleben und nicht einfach sagen: Jetzt sind wir alt, und fertig», sagt Barbara Theus: «Wir mussten alt werden, um zu merken, dass man mit weniger glücklicher leben kann.»
Im Rentenalter zum Bahnhofbesitzer
Auch die Liebe zu Geschichte und Handwerk führt zum Ziel: Kurz vor seiner Pensionierung kaufte Roland Baldinger ein Firmengebäude für seinen Familienbetrieb, einen Fachmarkt für Kellereitechnik.
Auf der Grossparzelle stand auch der still gelegte Bahnhof von Rümikon-Mellikon. Mit seiner ‹Laubsägeli›-Fassade scheint er einer Modelleisenbahnlandschaft entsprungen zu sein.
Ein Bahnhof als Hobby
Roland Baldinger liebt Modelleisenbahnen, hat eine handwerkliche Ader und ein Bewusstsein für Historisches. Deshalb liess er den Bahnhof stehen.
Seither ist er am Renovieren des rund 150-jährigen Bahnhofs, mithilfe seiner Familie und unter Beizug diverser Fachleute. Der Bahnhof ist Zeitzeuge, Museum, Wohnung und Eventlokal unter einem Dach.
Warum aktiv bleiben so wichtig ist für die Psyche
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Thomas Ihde, Chefarzt Psychiatrie Spitäler fmi AG und Stiftungsratspräsident Pro Mente Sana, sagt:
Für eine ganzheitliche Gesundheit müssen nicht nur die körperlichen, sondern auch die ‹geistigen Muskeln› trainiert werden.
‹Aktiv bleiben› heisst: Neue Aufgaben und Verantwortung übernehmen, neues Wissen aneignen, neue Kontakte knüpfen und nicht einem permanenten Feriengefühl verfallen.
Geistig fit bleibt man weniger mit dem Lösen von Kreuzworträtseln. Effektiver ist ein Denken in Varianten, d.h. sich bei einem kleinen Projekt verschiedene Lösungswege zu überlegen.
Etwas Neues anpacken, nicht dasselbe wie im Beruf nur einfach als Hobby.
Mit 67 Jahren zum Hochsee-Segeln
Auch sportliche Hochleistungen können ein Ziel sein: Während eines Sabbaticals in Kopenhagen, entstand bei Werner Frei, damals 63 Jahre alt und früher in der Kommunikation und Gestaltung tätig, die Idee, segeln zu lernen.
Er besuchte Segelkurse und schaffte eine erste Prüfung. Das war ihm zu wenig. Deshalb klemmte er sich hinter den Hochseeschein. Ausbildung und Prüfung waren anstrengend, aber er schaffte es und absolvierte danach fast 2000 Seemeilen.
Mit 70 Jahren zog er aber einen Schlussstrich unter das Segeln. «Ich war damals nudelfertig«, sagt Werner Frei (75) heute. «Mir fehlt eben die langjährige Erfahrung, und deshalb segle ich heute nicht mehr. Ein Misserfolg ist es deshalb nicht, denn ich hatte mein Ziel erreicht.»
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