«Es braucht immer weniger, bis jemand aus der Gesellschaft kippt», sagt Michel Steiner. Der Gassenarbeiter beim Basler Verein «Schwarzer Peter» denkt zurück an letzten Januar, als die Temperaturen bis auf Minus 20 Grad gefallen sind.Damals seien sie mit dem Platz in der Notschlafstelle an ihre Grenzen gestossen.
Eine Randgruppe nimmt seit einigen Jahren stetig zu: Jugendliche zwischen 18 und 26 Jahren. Immer öfter suchen die jungen Leute in der Notschlafstelle Unterschlupf. «Auch in Basel werden die Wohnungen immer teurer – manche Jugendliche haben gar keine Chance, eine Wohnung zu bekommen, weil sie jugendlich sind oder Betreibungen haben», sagt Steiner. Deren Wohnsitz ist dann offiziell der «schwarze Peter».
Drögeler sind ein kleiner Teil
Die Anzahl in der Notschlafstelle gemeldeter Personen ist die einzige Bestätigung dafür, dass die Zahl der obdachlosen Jugendlichen stetig steigt. Offizielle Zahlen gibt es keine. Doch auch andere Notschlafstellen meldeten in der Vergangenheit den gleichen Trend (siehe Video).
Nicht überall bestätigt sich die beunruhigende Tendenz. In der Notschlafstelle der Wohnhilfe Thun seien Jugendliche Einzelfälle. «Ich erinnere mich an einen jungen Mann, der aus einer Institution gefallen ist und nicht zurück ins Elternhaus wollte», sagt die Geschäftsführerin Madelaine Rupp. Wie in den meisten Fällen habe man für ihn eine Lösung gefunden. «In der Region Thun - Oberland gibt es viele Angebote für junge Erwachsene. Offensichtlich wirkt sich dies positiv auf deren Lebenssituation aus», sagt Rupp.
Zudem würden die Leute immer normaler, die auf Hilfe angewiesen seien. «Drögeler und Bettler sind nur ein kleiner Teil unserer Klienten. Die Wohnungsnot hat bereits den unteren Mittelstand erreicht.» Als Massnahme will der «Schwarze Peter» zusammen mit der IG Wohnen nächsten Frühling einen Verein gründen. «Die Idee ist, dass wir Wohnungen mieten und günstig an Obdachlose untervermieten», sagt Steiner.