Eigentlich hatten sich die Dänen 1992 nicht für das Turnier in Schweden qualifiziert. Doch da Jugoslawien aufgrund des Balkan-Konflikts zehn Tage vor Turnierbeginn ausgeladen wurde, rückte das Team direkt aus den Ferien nach.
Mit dem Dabeisein gaben sich die Dänen allerdings nicht zufrieden: Geschickt kultivierten sie das Image der Burger essenden Freizeittruppe, doch auf dem Platz schalteten sie einen Gegner nach dem anderen aus. Im Finale hatte auch der amtierende Weltmeister Deutschland keine Chance gegen «Danish Dynamite» – die Nachrücker holten mit einem 2:0-Sieg sensationell den Titel. Damals übrigens mittendrin: der Schweizer Schiedsrichter Bruno Galler. Er leitete das Endspiel.
Bruno Galler erinnert sich an den EM-Final 1992
25 Jahre später erinnert sich Bruno Galler auf Radio SRF 1 an das Finalspiel zurück: «Ich war damals nicht besonders nervös», so der Ex-Schiedsrichter. «Meine Stärke war immer, dass ich mich immer gut auf solche Ereignisse fokussieren konnte.» Ob der mittlerweile 70-jährige Aargauer noch einmal so ein Spiel pfeifen möchte? Seine Zeit im Fussball sei vorbei, sagt er. «Und wenn ich heute die Rudelbildung um den Schiedsrichter sehe, bin ich froh, dass ich 1992 den Final pfiff und heute nicht mehr muss.»
Brasilien 1950: Aus 0:1 wird 10:1
Dass Hochmut vor dem Fall kommt, durften die Engländer gleich bei ihrer ersten WM-Teilnahme 1950 in Brasilien erfahren. Im Mutterland des Fussballs hielt man es quasi für naturgegeben, auch die beste Mannschaft der Welt zu stellen. Zumindest eine Niederlage gegen die USA schien völlig undenkbar. Als das Ergebnis von 0:1 über den Atlantik telegrafiert wurde, hielt man das auf der Insel für einen Fehler und die Presse druckte kurzerhand ein standesgemässes 10:1. Doch die Realität sah anders aus: Das einzige Tor der Partie erzielte Joseph «Joe» Gaetjens für die USA. Der Haitianer war gerade erst als Tellerwäscher und Student nach New York gekommen und besass noch nicht einmal die amerikanische Staatsbürgerschaft. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, sich in die Geschichtsbücher zu schiessen.
Als Österreich gegen die Färöer-Inseln verlor
Hoch oben im Nordatlantik liegen die Färöer-Inseln. Knapp 50'000 Einwohner trotzen dort den Gezeiten, gehen fischen und treiben gelegentlich auch Sport. Bis am 12. September 1990 ein Spiel gegen Österreich auf dem Programm stand, nahm davon kaum jemand Notiz. Es sprach auch wenig dafür, dass sich das ändert: Vor dem Spiel hatte Goalie Jens Martin Knudsen ein 0:5 als «blendendes Ergebnis» bezeichnet, während Österreichs Stürmer Toni Polster von einem 10:0-Sieg fabulierte. Am Ende stand ein sensationelles 1:0 für die Färöer auf dem Spielbericht. Ein Ergebnis, das in Österreich gerne verdrängt und auf den Schafsinseln wohl immer gefeiert werden wird.
Griechenland im Sport-Olymp: Europameister 2004
Seit geraumer Zeit kommen aus Griechenland eher traurige Schlagzeilen. Im Sommer 2004 war das anders: Die Hellenen hoben die europäische Fussballwelt aus den Angeln und feierten an der EM in Portugal einen Erfolg, den kaum jemand für möglich gehalten hätte. Kein Gegentor zulassen und irgendwie eins schiessen – so einfach kann Fussball sein, wenn man einen Lauf hat. Am Ende sahen die Ballzauberer der grossen Fussballnationen allesamt alt aus und der junge Cristiano Ronaldo stand weinend auf dem Rasen, während die Griechen den Europameistertitel feierten.
Oh Wunder: Leicester City ist englischer Meister 2016
Während in Barcelona, München oder Turin wie jeden Mai routiniert Trophäen in den Himmel gereckt wurden, hat sich in England ein echtes Fussball-Wunder ereignet. Nicht Manchester, nicht Chelsea, nicht Arsenal heisst der Meister – nein, die krassen Aussenseiter von Leicester City holten den Titel. Hier sieht man was passiert, wenn ein Underdog-Champion vor Freude förmlich explodiert.
Dass sich diese Geschichte ausgerechnet im englischen Fussball ereignet, wo das ganz grosse Geld regiert, ist die besondere Pointe dieser Geschichte. Als 5000:1-Aussenseiter in die Saison gestartet, haben die «Foxes» allen Wahrscheinlichkeiten getrotzt. Mit anderswo ausgemusterten oder schon abgeschriebenen Profis und Typen wie Jamie Vardy, dessen Geschichte ganz grosses Kino ist.
Jamie Vardy – eine Karriere mit Kino-Potential
2010 spielte er noch für 30 Pfund Gehalt pro Woche in der 8. Liga bei den Stocksbridge Park Steels, arbeitete in einer Kohlefaserfabrik und handelte sich nach einer Schlägerei und anschliessender Verurteilung eine elektronische Fussfessel ein. Das beste Fussballer-Alter verbrachte er in unteren Ligen, doch dann startete Jamie Vardy durch: Nun, mit 29 Jahren, ist er Englands Fussballer des Jahres, Meister und Hoffnungsträger für die Europameisterschaft in Frankreich. Wer weiss, welche Fussball-Märchen uns bei diesem Turnier erwarten.