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Feiner, kleiner Tourismus Kleine Tourismusorte sollen zeigen, was sie haben

In der Schweiz gibt es grosse, zum Teil global operierende Tourismusorte und -regionen. In ihrem Schatten versuchen sich kleine Tourismusdestinationen zu behaupten. Erfolg haben sie dann, wenn sie authentisch sind.

Die grossen Ströme der weltweit angereisten Touristen aus allen Kontinenten besuchen die immer gleichen heissen Punkte des Schweizer Tourismus: zum Beispiel das Jungfraujoch, die Stadt Luzern mit der Kappelbrücke, dem See und dem Pilatus, die Rigi, Interlaken, die Stiftsbibliothek St. Gallen, die Gotthard Bergstrecke, Genf, St. Moritz.

Die «Grand Tour» wirft ihre Schatten über die Kleinen

Für diese bereits bekannten Orte werben Schweizer Touristiker weltweit. Von den Attraktionen, die die kleinen Tourismusorte zu bieten haben, erfährt man aber in China, Indien und den USA nichts. Oft genug bemerken auch Herr und Frau Schweizer nicht immer, was ihnen quasi vor der eigenen Haustüre angeboten wird.

Authentisch und nicht austauschbar

«Von den grossen Ideen kopieren, bringt keinen Erfolg», sagt Heinz Keller, Schweiz-Experte bei Schweiz Tourismus. «Man soll das zeigen, was man hat. Dann ist man unverwechselbar und attraktiv. Da der Kunde heute zelten geht und morgen ins Fünfsternehotel, ist er nicht mehr langfristig berechenbar. Kleine Tourismusorte tun gut daran, nur den Heimmarkt zu bearbeiten und mit ihrem beschränkten Werbebudget sogar nur gezielt bestimmte Regionen ansprechen.»

Münstertal: Eine kleine Region mit unverwechselbarem Gesicht

Ein Beispiel für einen kleinen regionalen Anbieter, der eine Nische besetzen kann, ist das Münstertal; hinter dem Ofenpass, an der Grenze zu Italien gelegen. Dieses Tal ist ein Beispiel dafür, wie sich eine kleine Tourismusregion versucht zu behaupten, indem sie den Reisenden Einmaliges und Authentisches anbietet.

Das Kloster als Besuchermagnet

Das Kloster Müstair steht seit 1200 Jahren und hat dem Tal seinen Namen gegeben. Die Benediktinerinnen leben ihr eigenes, abgeschiedenes Leben, haben sich aber in den vergangenen Jahren ein wenig geöffnet. Ein Gästehaus macht es möglich, im Kloster eine Auszeit zu nehmen.

Die Klosterkirche ist berühmt für ihre eindrücklichen Fresken. Die gesamte Klosteranlage ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbe.

Kloster inmitten der Berge
Legende: Die Aussicht rund um das Kloster Müstair ist traumhaft. Keystone/Arno Balzarini

Schnapsbrennen als regionale Kultur mit lokalen Ingredienzen

Luciano und Gisi Beretta betreiben in Tschierv eine lokale Lohn- und Spezialitätenbrennerei. Luciano Beretta selber ist schon rund 40 Jahre lang im Geschäft. Die «Antica Distilleria Beretta» wurde bereits 1792 gegründet. 2008 entschied sich Luciano, mit seiner Brennerei ins bündnerische Val Müstair heimzukehren.

Mann vor Brennofen in der Schnapserei
Legende: Luciano Beretta ist stolz auf seine Brennerei «Antica Distilleria Beretta» im bündnerischen Val Müstair. SRF

Hier, auf fast 1700 Metern über Meer, produzieren sie hochwertige Spirituosen und Liköre, gelangen damit immer wieder unter die besten Schnäpse der Schweiz und werden regelmässig ausgezeichnet. In ihre Spirituosen und Liköre gelangen nur Ingredienzen, die hier oben wachsen. Die Brennerei befindet sich in einem alten Bauernhof mit Stall, den das Ehepaar Beretta mit viel Aufwand renoviert, damit vor dem Verfall gerettet und zu einem Bijou gemacht haben.

Grandiose Natur mit Auszeichnung

Schöne Natur gibt es in der Schweiz an manchen Orten. Im Münstertal ist sie aber ausgezeichnet. Das Val Müstair ist ein Naturpark und Teil des Biosphärenreservats Engiadina Val Müstair, zusammen mit dem Nationalpark und der Region Scuol. «Der Lai da Rims ist einer der schönsten Bergseen der Welt», sagt David Spinnler, der neue Geschäftsführer des Naturparks «Biosfera Val Müstair». «Und im Val Mora können Sie stundenlang wandern gehen und wähnen sich in diesem unberührten Tal im Nirgendwo.»

Die Handweberei Tessanda ist eng mit dem Tal verwoben

Wie vieles im Münstertal ist auch die traditionsreiche Handweberei Tessanda in Santa Maria eng mit der Geschichte des Tals verknüpft. Um die Jahrhunderte alte Tradition des Handwebens im Münstertal zu erhalten und den Frauen ein Einkommen zu sichern, gründete Pfarrer Rudolf Filli 1928 die Tessanda. Die damalige Leiterin Fida Lori startete mit acht gekauften und gemieteten Webstühlen. Als es zu eng wurde, zog die Weberei in ein Haus, wo die rund zwanzig Webstühle bis heute in Betrieb sind. Über all die 90 Jahre verschaffte die Tessanda vielen Frauen im Tal zumindest ein Teilauskommen.

Video
Wie zu alten Zeiten: Webstuhl in Handweberei Tessanda
Aus Radio SRF 1 vom 21.08.2018.
abspielen. Laufzeit 31 Sekunden.

Familienhotel durch und durch

Das Hotel Münsterhof in Müstair ist ein Familienbetrieb. Die Gebrüder Linus und Kevin Meyer übernahmen das Hotel in historischem Gebäude. Sie glauben an die Zukunft des Tals und investierten in den Betrieb. Bei der Renovation legten sie gleich selber Hand an und halfen mit, das Hotel zu modernisieren, gleichzeitig aber die historische Substanz zu belassen. Heute bieten sie Zimmer, Appartements und Chaletübernachtungen an. «Wir betreuen unsere Gäste persönlich und haben immer wieder neue Ideen. Das ist unser Erfolg», sagt Linus Meyer.

Junger Mann sitzt hinter Reception
Legende: Linus Meyer ist mit 25 Jahren bereits Hotel-Co-Direktor im Hotel Münsterhof. SRF

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