Zum Inhalt springen

Ratgeber für den Garten Disteln – stachelige Schönheiten mit überraschendem Nutzen

Disteln sind mehr als kratzige Stachelblumen. Ihre vielfältigen Eigenschaften und wenig bekannten Talente faszinieren.

Disteln faszinieren mit ihrer Selbstschutzstrategie, sie sind geschätzt als leuchtend-farbige Augenweide, wegen ihrer kulinarischen Eigenschaften und dienen sogar als Wettermelder.

Disteln sind äusserst wehrhafte Pflanzen. Die indogermanische Bedeutung des Wortes «distel» ist spitz, stachelig, scharf. Verschiedene Disteln wurden in der Schweiz seit Jahrhunderten verwendet als:

  • Gemüse: Die in der Romandie verbreitete «Wälschdistle», die Wilde Artischocke, Cardy.
  • Viehfutter: Die verschiedenen Gänsedisteln, auch «Bitter-Distle», «Milch-Distle» und «Sü-Distle».
  • Heilpflanze: Die Mariendistel heisst auch «Frosch-Distle» wegen der getupften Blätter.
  • Wetterzeiger: Die Silberdistel zeigt steigende Luftfeuchtigkeit und somit nahende Tiefdruckgebiete an.
  • Schnitt- und Trockenblumen: Die Edeldistel auch Mannstreu oder «Chrüsi-Distel».

In Gärten und auf Feldern sind Disteln weniger erwünscht. Doch ihre Stacheln haben einen Zweck: Sie leiten Regenwasser zu den Wurzeln, was das Überleben an trockenen, sonnigen Standorten ermöglicht. Kühe meiden sie, Ziegen und Esel fressen die Pflanzen.

Delikatessen aus der Distel-Familie

Von Frühsommer bis Spätherbst haben essbare Disteln Saison. Im Juni beginnt die Zeit der Garten-Distel – besser bekannt als Artischocke. Später folgen die «Äss-Distel» (Juli/August) und im Spätherbst die «Wälsch-Distel», auch Cardy genannt.

Cardy ist eine wilde Verwandte der Artischocke mit bis zu einem Meter langen, graugrünen Blättern – teils stachelig, teils glatt. Besonders geschätzt wird eine alte Sorte aus Genf mit nussigem Geschmack. Gegessen werden die dicken Stängel: geschält, in Salzwasser mit Essig gedünstet und dann gratiniert, frittiert oder im Salat serviert.

Auch heimische Arten wie die stängellose Kratzdistel wurden früher gegessen – der Blütenboden war eine geschätzte Zutat.

Ungeliebte stachelige Kratzbürsten

Zwei Distelarten gelten als invasive Plage: die Acker-Kratzdistel mit lila Blüten und die Acker-Gänsedistel mit gelben Blüten und milchigem Saft. Beide verbreiten sich über Samen und unterirdische Rhizome.

Die beste Bekämpfung: Einzelpflanzen im Knospenstadium bodennah abschneiden über zwei Jahre hinweg. Bei grösseren Beständen hilft die Motorsense.

Pflanzenbestimmungs-App Flora Incognita

Box aufklappen Box zuklappen

Die Gratis-App «Flora Incognita» ermöglich die halbautomatische Bestimmung von Pflanzen mit dem Handy. Es ist ein bürgerwissenschaftliches Projekt von Studierenden der Uni Ilmenau und des Max-Planck-Instituts in Deutschland. Mithilfe von «Deep Learning» analysiert die KI-App Bild- und Standortdaten, um Pflanzenarten zu identifizieren.

Blaue Pracht für Garten und Vase

Zwei Disteln sind besonders beliebt als Schnitt- und Trockenblumen: die Edeldistel (auch Alpen-Mannstreu) mit stahlblauen, zylinderförmigen Blüten und die Kugeldistel mit runden, tiefblauen Köpfen.

Die Edeldistel wächst in den Alpen. Sorten wie Blue Star, Amethyst oder Superbum bringen Farbe in den Garten. Die Kugeldistel gedeiht am besten in mageren, sonnigen Böden. Sorten wie Veitch’s Blue oder die kompakte Ukrainische Kugeldistel eignen sich auch für Töpfe.

Hotspots der Artenvielfalt mit vielen Beobachtungsmöglichkeiten

Disteln bieten Nahrung für Insekten. Den süssen Nektar und den proteinreichen Blütenstaub schätzen Wildbienen, Schmetterlinge und Käfer. Die ölreichen Samen dienen Vögeln (Distelfink) und Insekten (Distelrüssler, Distelwanze) als Nahrung. Vögel verbreiten die Samen weiter.

Anderen Tieren sind Disteln Lebensraum und Schutz. Distelfalter legen ihre Eier gezielt auf Disteln. Die Raupen spinnen sich in die Blätter ein und sind so gut geschützt. Wollbienen nutzen die feinen Pflanzenhaare der Eselsdistel, um ihre Brutzellen zu bauen.

SRF 1, Ratgeber, 16.6.2025, 11:15 Uhr

Meistgelesene Artikel