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Segelfliegerin und Kartografin Diese Frau war Pilotin, bevor sie Auto fahren durfte

Die ehemals jüngste Segelflugpilotin zeichnet heute Karten für die Schweizer Luftwaffe. Präzision und Fokus prägen das Leben der Appenzellerin.

Wer die Funktionsbezeichnung auf Stefanie Hautles Visitenkarte liest, versteht nur Bahnhof. Die Appenzellerin ist bei der Schweizer Luftwaffe Expertin für geografische Informationssysteme. Das sind Systeme, die es für die Navigation im Cockpit braucht. «Sie sorgen dafür, dass die Piloten wieder nach Hause finden», sagt Stefanie Hautle lachend.

Die studierte Geografin und Mutter einer Tochter ist bei der Schweizer Luftwaffe in Dübendorf für das Erstellen von hochkomplexen Karten zuständig. Ein Helikopterpilot brauche andere Karten als ein Jet- oder Drohnenpilot.

In dieses Spezialgebiet habe sie sich hineinmanövriert und da komme sie auch nie mehr heraus, ist die Appenzellerin überzeugt. Jetzt sei sie an einem Punkt, wo sie die Materie verstehe und gut könne, was sie macht.

Blick auf die Instrumente im Cockpit.
Legende: In einem Cockpit der Schweizer Luftwaffe kommen viele Daten zusammen. zVg Stefanie Hautle

Stefanie Hautle zeichnet für die Schweizer Luftwaffe nicht nur Karten, sie fliegt auch selber – Flugzeuge mit und ohne Motor. Ihre Leidenschaft fürs Fliegen habe keinen familiären Hintergrund. In ihrer Familie sei niemand geflogen. Nur sie wusste schon früh, dass sie abheben will.

Mit 16 hatte sie bereits das Brevet in der Hosentasche. Als damals jüngste Segelflugpilotin der Schweiz. Zum Flugplatz Altenrhein hätten die Eltern sie gebracht – geflogen sei sie alleine. «Fliegen darf man, bevor man Autofahren darf», so Hautle.

Meisterin der Präzisionslandung

Der erste Flug alleine war super, erinnert sich Stefanie Hautle. Kein Fluglehrer mehr mit an Board zu haben, der alles kommentiert, sei schön gewesen. «Man ist wie ein Vogel.» Dabei beobachte sie das Wetter und die Wolken und überlege, wo die Thermik stimmt, um zu steigen. «Den Weg muss man suchen.»

Segelfliegen ist eine Disziplin in der Fliegerei, wo es keinen «Go Around» gibt, sagt Hautle. Im Notfall durchstarten geht nicht. «Ich kann nicht Gas geben und habe nur einen Versuch, um zu landen.» Das kann auch auf einem Acker sein.

Vor allem beim Landen abseits eines Flugplatzes sei Präzision gefragt. Als mehrfache Schweizermeisterin im Segelflug-Präzisionslanden ist Stefanie Hautle mit Punktlandungen vertraut.

Die Hexen der Lüfte

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Segelfliegerinnen posieren vor einem Flugzeug.
Legende: zVg Stefanie Hautle

Von gut 2000 Segelflugzeugpilotinnen und -piloten sind nur gerade 2 Prozent Frauen. Von den wenigen Pilotinnen sind fast alle im Verein der schweizerischen Segelfliegerinnen, besser bekannt als die «Hexen». Auch Stefanie Hautle ist eine dieser «Hexen».

Seit der ersten Damenweltmeisterschaft im Jahr 1949 in Polen werden die Segelfliegerinnen «Hexen» genannt. Die Pilotinnen aus Polen, die damals die Pionierarbeit im Frauensegelflug leisteten, hatten eine Hexe «Babajaga» in ihrem Logo. Dieses Symbol wurde danach von fliegenden Frauen in zahlreichen Ländern übernommen, sodass sich Segelfliegerinnen heute weltweit «Hexen» nennen.

Aufgewachsen ist Stefanie Hautle zusammen mit einer jüngeren Schwester auf einem Hof in Enggenhütten AI. Ihr Vater Bauer, ihre Mutter war Lehrerin und Kantonsrichterin. Dem Appenzell ist sie treu geblieben.

«Bschütti-WhatsApp-Gruppe»

«Ich brauche Platz für mich und meine Tochter». Und den hat sie etwas ausserhalb des Dorfes Weissbad AI in einem alten, renovierten Appenzeller Bauernhaus gefunden. Dort ist Stefanie Hautle Mitglied der «Bschütti-WhatsApp-Gruppe». Eine Art Alarmsystem, für Tage, wo der Bauer rund ums Haus Gülle ausfährt. So könne sie am Morgen, wenn sie das Haus verlässt, alle Fenster schliessen, um den «Bschüttigschmack» am Abend nicht im Haus zu haben.

Kind zeigt auf eine Kuhherde.
Legende: Stefanie Hautle war als Kind gerne auf dem Bauernhof ihrer Eltern. Da gab es nicht nur Tiere, sondern auch ganz viele Bücher. zVg Stefanie Hautle

Was jedoch im Haus nicht fehlen darf, sind Bücher. In jedem Zimmer gibt es welche. Stefanie Hautle liest viel und gerne. Das hat sie von ihrem Elternhaus mitgenommen. «Mir sind Menschen suspekt, die keine Bücher in der Wohnung haben.»

Suspekt ist es den Nachbarn eventuell auch, wenn Stefanie Hautle ihrem zweiten Präzisons-Hobby frönt und hinter dem Haus das Bogenschiessen übt. Vielleicht hätten die Nachbarn auch eine Whatsapp-Gruppe, um sich gegenseitig zu informieren, wenn sie mit Langbogen und Pfeil auf der Wiese hinter dem Haus auftaucht, meint die Geografin verschmitzt. So könnten alle noch ihre Katzen ins Haus holen.

Radio SRF 1, 11.05.2025, 10:00 Uhr

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