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Sexualstrafrecht in Europa In diesen 13 Ländern ist Sex ohne Zustimmung strafbar

Am Dienstag berät der Ständerat über die Revision des Sexualstrafrechts. Wie fortschrittlich ist der neue Entwurf? Und wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich da?

Das Schweizer Sexualstrafrecht soll modernisiert werden: Im Februar dieses Jahres präsentierte die Rechtskommission des Ständerates nach monatelangen Diskussionen einen neuen Entwurf. Dieser sieht eine «Nein-heisst-Nein»-Lösung vor, der im April auch der Bundesrat zustimmte. Wer gegen den Willen der anderen Person sexuelle Handlungen vornimmt, macht sich strafbar.

Aktuelles Sexualstrafrecht

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Heute wird für den strafrechtlichen Tatbestand einer sexuellen Nötigung (Art. 189 StGB) oder einer Vergewaltigung (Art. 190 StGB) ein Zwang vorausgesetzt, also zum Beispiel physische Gewalt oder Drohung. Zudem umfasst der Tatbestand der Vergewaltigung heute nur Frauen.

Tatbestand Vergewaltigung: Zwang nicht mehr vorausgesetzt

Das Nein zum Sex kann auch ohne Worte zum Ausdruck gebracht werden. Damit der Tatbestand der Vergewaltigung erfüllt ist, ist – im Gegensatz zum aktuellen Sexualstrafrecht – kein Zwang mehr vorausgesetzt. Und: Neu können auch Männer Opfer einer Vergewaltigung werden. Auch eine beischlafähnliche Handlung, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist, gilt als Vergewaltigung. Zuvor war die Vergewaltigung auf die vaginale Penetration mit dem Penis beschränkt.

«Nur Ja heisst Ja»: Mehrheit der Schweizer:innen dafür

Sollte der Gesetzesentwurf vom Parlament angenommen werden, erhielte die Schweiz tatsächlich ein fortschrittlicheres Sexualstrafrecht. Doch einigen Kommissionsmitgliedern und Parteien geht die Revision viel zu wenig weit. Grüne und SP fordern schon seit längerem eine «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung. Jede sexuelle Handlung ohne Zustimmung wäre dann illegal. Diese Lösung befürwortet übrigens auch eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer: In einer Studie von GFS Bern im Auftrag von Amnesty International Schweiz sprechen sich 45 Prozent dafür aus. 27 Prozent unterstützten die «Nein-heisst-Nein»-Lösung. Und nur 13 Prozent wollen am aktuellen Sexualstrafrecht gar nichts ändern.

Die meisten Übergriffe geschehen im familiären Umfeld

Eine Studie von Amnesty International aus dem Jahr 2020 kommt zum Schluss, dass viele Länder in Europa – unter anderem die Schweiz – ein veraltetes Sexualstrafrecht hätten: Nur wenn eine Form von Drohung oder Gewalt im Spiel ist, gilt ein sexueller Übergriff als Vergewaltigung. Dabei gingen die meisten Übergriffe nicht von fremden Männern aus, die nachts aus dem Gebüsch springen, sondern von Familienmitgliedern – und dies meistens ohne erkennbare Gewalt, schreibt Amnesty International.

In diesen 13 Ländern gilt «Nur Ja heisst Ja»

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Belgien, Dänemark, Griechenland, Grossbritannien, Irland, Island, Kroatien, Luxemburg, Malta, Schweden, Slowenien, Spanien, Zypern

Belgien kennt Zustimmungsprinzip seit 1989

Derweil gilt in 13 europäischen Ländern bereits das Zustimmungsprinzip, unter anderem in Deutschland. Zuletzt hat das spanische Parlament für die «Nur-Ja-heisst-Ja»-Regel votiert. In Belgien gilt Sex ohne Zustimmung schon seit 1989 als Vergewaltigung. Zum Vergleich: Damals war in der Schweiz die Vergewaltigung in der Ehe noch legal. Erst seit 1992 ist Vergewaltigung auch in der Ehe ein Delikt, erst seit 2004 ein Offizialdelikt.

Bussen für anzügliche Bemerkungen

In Spanien werden künftig nicht nur physische Übergriffe unter Strafe stehen, sondern alle Handlungen, die die sexuelle Freiheit einer anderen Person verletzen, beispielsweise auch das Catcalling, laut Urban Dictionary «anzügliche sexuelle Bemerkungen von Männern gegenüber Frauen auf der Strasse». Auch in Belgien, Portugal und Frankreich werden sexistische Beleidigungen im öffentlichen Raum bestraft – mit Bussen von bis zu 1500 Euro.

Sendungshinweis «Club», 22:25 Uhr, SRF 1

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Sexualstrafrecht: Was ist am «Nein» so schwierig zu verstehen?

In der Schweiz hat schon jede zehnte Frau Sex gegen ihren Willen erlebt. Bisher galt das nicht immer als Vergewaltigung. Nun soll sich das ändern.

Der Ständerat berät am Dienstag über eine Änderung des Sexualstrafrechts. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob ein Opfer eines Sexualdelikts künftig nicht mehr beweisen muss, dass es sich gewehrt hat. Ein verbal oder nonverbal ausgedrücktes «Nein» soll ausreichen, damit Sex als Vergewaltigung gilt.

Diversen Organisationen und den linken Parteien geht das aber nicht weit genug. Sie fordern die Zustimmungslösung – heisst: Nur wenn ein explizites Ja erfolgt, soll der Sex als einvernehmlich gelten. Auch hier gilt: verbal oder nonverbal.

Aber würde damit die Unschuldsvermutung geritzt? Und wann ist ein Nein ein Nein? Wie lässt sich etwas beweisen, wenn nur zwei Personen dabei waren?

Moderation
Barbara Lüthi

Radio SRF 3, Dienstag, 7. Juni 2022, 7:10 Uhr

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