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Symbiose Mykorrhiza Netzwerken unterm Boden – das geheime Leben von Bäumen und Pilzen

Waldbäume und Mykorrhiza-Pilze unterhalten eine unterirdische Tauschbörse. Gehandelt werden Zucker, Nährstoffe und Wasser. Zum Nutzen beider Seiten.

Viele Bäume und Pilze können es gut miteinander. Sehr gut sogar. Seit Hunderten Millionen Jahren. Mykorrhiza-Pilze und Baumwurzeln durchweben eng umschlungen den Waldboden. Wer mit dem Taschenmesser oder einem Stecklein oberflächlich in der Erde wühlt und ein Viertel Teelöffelchen Boden ausgräbt, hält zwar nur gerade 1 Gramm Erde in der Hand, aber zwei- bis dreitausend Pilzarten und über 40 Kilometer Pilzfäden.

Eine Beziehung, die hält – die Evolution der Mykorrhizen

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«Mykorrhiza» stammt aus dem Griechischen, bedeutet «Pilzwurzel» und steht damit für die Symbiose von Pilz (mykes) und Wurzel (rhiza). Die ältesten Mykorrhiza-Pilzfossilien sind 2.2 Milliarden Jahre alt. Die Mykorrrhiza-Pilze in unseren Waldböden sind jünger, haben aber ebenfalls eine lange Geschichte. Sie haben sich vor etwa 250 Millionen Jahren zusammen mit den Koniferen (Nadelhölzer entwickelt und vergesellschaftet. Die Beziehung hält bis heute.

  Wurzeln in weissem Pilzmantel

Erkennbar sind die filigranen Wurzelspitzen von Bäumen wie der Fichte, der Buche oder Eiche an ihrer weissen Farbe. Weiss sind nicht die Würzelchen selbst, sondern die feinen Pilzfäden, die sie ummanteln und durchweben. Hier ganz zuvorderst am fein verzweigten Ende der Baumwurzeln findet der Austausch statt.

  Wasser und Nährstoffe im Tausch gegen Zucker

Es ist ein Geben und Nehmen zwischen Pilz und Baum, von dem beide etwas haben. Der Pilz gibt dem Baum Stickstoff, Phosphor und Wasser. Der Baum reicht im Gegenzug Zucker rüber.

Ohne diese Symbiose von Wurzeln und Pilzfäden würden Bäume weniger gut wachsen und Pilze sich nicht weiterverbreiten. Denn ohne Energie, keine Pilzfrüchte, keine Sporen, keine Vermehrung. Der Pilz ist in dieser Beziehung der abhängigere. Er braucht den Baum, um seinen Lebenszyklus zu schliessen.

  Der Pilz muss warten

Bis zu einem Drittel seines Zuckers gibt der Baum an seinen unterirdischen Begleiter ab. Den Grossteil der zuckrigen Energie schickt er im Herbst zu den Wurzeln. Wenn der Baum seine Samen gebildet und das Wachstum abgeschlossen hat, ist der Pilz an der Reihe. Jetzt können die Pilzfrüchte spriessen. Die Früchte sind das, was wir für gewöhnlich unter Pilz verstehen: die Schirmchen von Eierschwämmen, Steinpilzen und Fliegenpilzen oder die Knollen von Trüffeln.

  Die Energietankstelle an der Wurzelspitze

Der eigentliche Körper eines Pilzes ist sein riesiges Fadengeflecht unter dem Boden. Manchmal lebt ein Mykorrhiza-Pilz mit einem einzigen Baum zusammen. Manchmal ist er mit mehreren Bäumen gleichzeitig verbandelt oder er teilt sich einen Baum mit anderen Pilzen. In welcher Konstellation auch immer: die Beziehung ist eng. Und immer ist es der Pilz, der mit seinen Fäden den Baumwurzeln folgt und dessen Energietankstellen an den Wurzelspitzen anzapft.

Wie weiss die Wurzel, wo sie hin muss?

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Wurzeln folgen immer der Erdanziehungskraft. Es zieht sie also beim Wachsen nach unten, Richtung Erdmittelpunkt. Experimente zeigen, dass Wurzeln auch dann der Gravitation folgen, wenn man sie schleudert. Ihre Wurzeln wachsen dann zur Seite.


Wurzeln haben an ihrer Spitze Schwerkraft-Sensoren, die sogenannten Amyloplasten, die wissen, wo’s durchgeht. Sie transportieren das Wachstumshormon Auxin von Zelle zu Zelle, vom Ort der Schwerkraftwahrnehmung hin zur Wachstumszone.


Schon in der Antike wurde die Intelligenz der Wurzeln bewundert. Aristoteles und Platon waren überzeugt, dass die Vernunft der Bäume in den Wurzeln liege. Auch Charles Darwin, der Begründer der Evolutionstheorie, vermutete an der Wurzelspitze eine Art Gehirn.

  Der Wald ist eine grosse Projektionsfläche

Dieses symbiotische Zusammenleben weckt Sehnsüchte – beim Menschen. Der Wald ist seit jeher eine Projektionsfläche und jede Zeit schafft sich ihr eigenes Bild vom ihm. Derzeit sind es Ideen  von einem Wood Wide Web, die die Fantasie beflügeln. Der Wald als eine Welt, in der alles in friedlicher Kooperation miteinander verbunden ist. Populärwissenschaftliche Thesen, wonach Wurzeln miteinander flüstern, Informationen austauschen, sich gegenseitig mit Hilfe ihrer Pilze ernähren und ihre Jungpflanzen unterstützen, sind im Trend.

  Kein unterirdisches Pflanzengeflüster zu hören

Oberirdische Warnsignale sind zwar unterdessen bekannt. Bestimmte Baumarten und andere Pflanzen können sich gegenseitig vor Schädlingsbefall warnen. Doch unterirdisch liegt noch vieles im Dunkeln. Entsprechend gross ist der Raum für Spekulationen und Träume.

Radio SRF 1 Treffpunkt, 29.07.2022, 10:00 Uhr

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