Zum Inhalt springen

Terrorismus-Gesetz Mehr Sicherheit oder mehr Willkür?

Braucht die Schweiz im Kampf gegen den Terrorismus ein neues Gesetz? «Ja, man stellt Gefährder unter Beobachtung, das ist wichtig», sagen Parlament und Bundesrat. «Nein, es droht Willkür», sagen die Gegner aus den Referendumskomitees.

Paris oder Wien, Nizza oder Berlin: Die Terrorakte gegen die Zivilgesellschaft, politisch motiviert und mit grösster Härte ausgeführt, schockieren noch heute.

Auch in der Schweiz kam es im letzten Jahr zu zwei Anschlägen, bei denen man einen terroristischen Hintergrund vermutet: In Morges und Lugano. Ein Mann wurde getötet, eine Frau schwer verletzt. Taten, die man mit griffigen Massnahmen in Zukunft zu verhindern versuchen möchte. Kernpunkt: Mögliche «Gefährder» erkennen, bevor sie aktiv werden.

Das will das Terrorismus-Gesetz

Box aufklappen Box zuklappen
  • Auf Antrag einer Kantonspolizei kann das Bundesamt für Polizei (Fedpol) mehrere Massnahmen erlassen, um eine Person besser einschätzen zu können.
  • Wird eine Person als «Gefährder» eingestuft, können als Massnahme folgen: Kontaktverbot zu anderen Personen; das Verbot, bestimmte Quartiere oder Häuser zu betreten; eine Meldepflicht bei den Behörden oder ein Ausreiseverbot.
  • Bleiben diese Massnahmen erfolglos, kann das Fedpol (Bundesamt für Polizei) beim Berner Zwangsmassnahmengericht einen Hausarrest beantragen.
  • Der Hausarrest gilt ab 15, alle weitere Massnahmen gelten bereits ab zwölf Jahren.
  • Die Dauer einer Massnahme ist auf sechs Monate begrenzt. Sie kann einmalig verlängert werden.
  • Gegen jede Massnahme kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht werden.

Teilnahmepflicht an Gesprächen, Ausreiseverbot, Kontaktverbot

Das Gesetz sieht eine Meldepflicht bei den Behörden, Kontakt-, Rayon- und Ausreiseverbote sowie Hausarrest vor – dies auch schon für Jugendliche. «Die Massnahmen richten sich nur gegen terroristische Gefährder», sagt Bundesrätin Karin Keller-Sutter.

Nils Melzer, UNO-Sonderberichterstatter über Folter widerspricht. Er sagte letzten Herbst gegenüber der «Rundschau»: «Die neue Terrorismusdefinition der Schweiz ist jenseits von dem, was in einem Rechtsstaat akzeptabel ist.»

Im Prinzip könne jede politische Aktivität, die der Regierung missfalle, als terroristische Aktivität interpretiert werden. Überspitzt formuliert, so Nils Melzer weiter, hätten so auch Christoph Blocher oder Greta Thunberg, die den Staat kritisieren und Bewegungen in Gange brachten (gegen die EU oder gegen die Klimapolitik der Länder) überwacht werden können.

Viele Unterschriften gegen das Terror-Gesetz

Am 20. September 2020 wurde das Bundesgesetz «Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT)», verabschiedet. Kurz darauf präsentierte sich ein überparteiliches Referendumskomitee «Nein zum Willkür-Paragraphen».

Verschiedene Jungparteien hatten sich zusammengeschlossen. Ebenfalls Unterschriften sammelte die Bürgerbewegung «Freunde der Verfassung». Die Komitees sammelten so 140'000 Unterschriften. Erforderlich sind 50'000.

Die Gäste in der Diskussionssendung «Forum»:

Box aufklappen Box zuklappen

Pro: Jacqueline de Quattro , FDP Nationalrätin Waadt und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission.

Contra: Nadja Capus , Professorin für Strafrecht an der Universität Neuenburg und Unterzeichnerin des offenen Briefs von Rechtsexperten an den Bundesrat

Sendung «Forum», Radio SRF 1, Donnerstag 27. Mai 2021 um 20 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel