Die Schweiz ist schön. Tierisch schön. Und überall dort, wo es Tiere hat, fühle ich mich wohl. In den letzten Jahren hat das Angebot an Trekkings mit tierischer Begleitung massiv zugenommen. Heute wandert man nicht mehr nur mit Hunden, Pferden oder Lamas, auf den Schweizer Wanderwegen trifft man beinahe alles an, was vier Beine hat.
Marcel Hähni
SRF 1 – Outdoor-Reporter
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Radioprodzent Marcel Hähni ist auch ausgebildeter Wanderleiter. Regelmässig berichtet er auf srf1.ch und am Radio über seine neusten Abenteuer und verrät Tipps und Tricks für die Outdoorwelt. Seine Lieblingsbrücke ist eine Hängebrücke im Prättigau. Den genauen Standort hält er geheim.
1. Kamele statt Kühe im Zürcher Unterland
Reiten auf einem Kamel empfehle ich allen fernwehgeplagten Menschen. In Oberglatt im Zürcher Unterland kann man ohne schlechtes Gewissen auf den Wüstenschiffen reiten. Auf der Kamelfarm von Kamel Ben Salem steht das Tier im Mittelpunkt.
Entstanden ist Bens Kamelfarm im Jahr 2004. Damals kaufte Ben Salem sein erstes Dromedar auf Gran Canaria und brachte es in die Schweiz. Mittlerweile leben auf seiner Farm in Oberglatt zweiundzwanzig Tiere. Im Unterschied zu Kühen gelte das Kamel hierzulande aber nicht als Nutz-, sondern als Wildtier, erklärt Ben Salem. Die Milch seiner Kamele, im Unterschied zu Kuhmilch im Abang leicht salzig, sei sehr gefragt. Auch Glace aus Kamelmilch kann auf dem Hof gekauft werden.
Wieso verreisen, wenn es das Sahara-Feeling auch zu Hause gibt?
Doch die Hauptattraktion für Gross und Klein und auch für mich, sind die Reitausflüge. Auf dem Kamel fühle ich mich tatsächlich ein bisschen wie in einem Boot auf einem See. Gemütlich schaukeln wir hin und her, vor und zurück. Wir reiten über grüne Felder und entlang der Piste des Flughafens. In nächster Nähe starten die Jets in die Feriendestinationen. Doch wieso verreisen, wenn es das Sahara-Feeling auch zu Hause gibt? In mir regt sich, auf dem Rücken eines Dromedars sitzend, eine Mischung aus Heim- und Fernweh.
Kamel oder Dromedar?
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Sowohl als auch! Dromedare sind Kamele mit einem Höcker. Die Tiere mit zwei Höckern nennt man Trampeltiere. Zusammen bilden sie die Gattung der Altweltkamele. Zur Familie der Kamele gehören aber auch Alpakas und Lamas. Sie gehören zur Gattung der Neuweltkamele.
2. Himalaya-Feeling: Yaks in den Walliser Alpen
Ein Trekking mit Yaks empfehle ich allen ruhelosen Gipfelstürmern. Denn Wandern mit einem Yak entspannt total. Ich habe mich spontan für ein Yak-Trekking mit Patricia und Christian Wyssenbach in Chermignon d'en Haut im Unterwallis entschieden und schnell gemerkt: Nein, schnell geht hier nichts.
Yaks sind robust, geländegängig und sehr ruhig. Doch Yaks seien auch sehr sensible Tiere und liessen sich zu nichts drängen, was sie nicht wollen, erklärt mir ihr Besitzer. Das Vertrauen eines Yaks gewinne man nur durch Ruhe, Geduld und Hingabe. Bei einem quirligen Reporter wie mir ist das nicht ganz einfach. Aber ich habe es trotzdem geschafft.
Du musst dich voll und ganz auf das Yak einlassen. Sonst spürt das Tier deine Abwesenheit und reagiert mit Angst.
Zuerst führe ich Orissa, mein Yak, an einer Leine. Später, als ich immer mehr zu meiner inneren Ruhe finde, führe ich sie per Hand auf ihrem Rücken. Am Schluss, denke ich mir die Richtung nur noch. Es funktioniert. Tier und Mensch sind gedanklich verbunden. Ein tolles Erlebnis.
Sieben Yaks besitzt Familie Wyssenbach. Mit ihren Tieren bieten sie das ganze Jahr über Halb- und Ganztageswanderungen in der Region um Crans-Montana an. Die Route wird dem Niveau der Teilnehmerinnen angepasst.
Was ist ein Yak?
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Yaks sind eine Rinderart und stammen ursprünglich aus Hochasien. Die Bezeichnung Yak stammt aus der tibetischen Sprache. Wegen ihrerer grunzähnlichen Geräusche nennt man sie auch Grunzochsen.
Für viele Menschen waren und sind Yaks eine Lebensgrundlage. Aus Wolle und Haar werden Säcke und Seile hergestellt. Sie liefern Milch, Leder und Fleisch. Die Tiere können Lasten bis zu 150 kg tragen. Und auch interessant: Ihr Kot ist getrocknet ein optimales Brennmaterial.
In der Schweiz gab es Yaks lange nur im Zoo. Erst 1995 hat sich ein Pionier im Wallis dafür eingesetzt, dass die Tiere auch als Nutztiere gehalten werden dürfen. Heute werden knapp 1000 Yaks in der Schweiz gehalten. Die meisten für die Fleischproduktion.
3. Auf den Spuren des Schweizer Nationalhundes
Einen Hundespaziergang mit Bernhardinern empfehle ich traditionsbewussten Familien. Die Geschichte von Barry, der auf dem Grossen St. Bernhard mindestens 40 Menschen das Leben gerettet haben soll, hat dem Bernhardiner einen Heldenstatus eingebracht.
Noch rund 600 Bernhardiner leben in der Schweiz, 30 davon in Martigny bei der Fondation Barry. Körperlich ist der heutige Bernhardiner mit dem legendären Rettungshund nicht mehr vergleichbar. Die grossen Tiere werden aber gerne als Therapiehunde eingesetzt.
Dem Bernhardiner wird oft nachgesagt er sei stur. Das stimmt nicht.
Die Hunde hier in Martigny sind so gut erzogen, dass wir locker an anderen Hunden vorbei gehen können. Den Bernhardinern werde oft nachgesagt, sie seien stur, sagt Madeleine Wagner von der Fondation Barry, die mich begleitet. Das stimme nicht. «Der Bernhardiner ist gemütlich, fröhlich und liebenswert.» Ich als grosser Hundefan bin begeistert von dem Spaziergang mit dem grossen, gutmütigen Hund an meiner Seite.
In Begleitung einer Fachperson kann man im Sommer mit den Bernhardinern auf der Passhöhe wandern, im Winter in Champex-Lac. Ich habe viel über den Nationalhund gelernt. Doch etwas bleibt auch nach meinem Besuch im Wallis ein Geheimnis: Der Inhalt des legendären Fässchens.
Schweizer Nationalhund Bernhardiner
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Die Mönche, die einst das Hospiz auf dem grossen St. Bernhard führten, sollen schon im 17. Jahrhundert grosse Berghunde gehalten haben, die verirrten Reisenden den Weg zeigten.
Barry national
Der bekannteste Bernhardiner war Barry. Zwischen 1800 und 1812 soll er 40 Menschen das Leben gerettet haben. Heute steht er im Naturhistorischen Museum in Bern.
1887 wurde der St. Bernhardshund offiziell als Schweizer Hunderasse anerkannt und gilt seither als Nationalhund.
Was ist im Fässchen?
Ob die Hunde früher stets ein Fässchen trugen und was sich dort drinn befand, darum ranken sich viele Mythen. In Aufzeichnungen der Soldaten von Napoleons Armee steht, dass die Hunde am Grossen St. Bernhard ein Rettungspaket getragen hätten. Ob sie dieses jedoch in Form eines Fässchens um den Hals hatten, ist nicht erwiesen.
4. Auf Kühen zum Rhein reiten
Kuhreiten empfehle ich allen Cowboys und Cowgirls. Und ja, richtig gelesen: auch auf Kühen kann man reiten, sehr gut sogar. Der grosse Vorteil: Kuhreiten ist gemütlich und entspannt total. Vorausgesetzt, man setzt die zwei gelernten Kommandos konsequent durch: «Vorwärts» und «Stopp». Denn gerade Kühe sind besonders empfänglich für die grüne Wiese entlang der Strecke.
Zehn Kühe von Doris und Heinz Morgenegg aus Hemishofen sind über die Jahre hinweg zu Reitkühen ausgebildet worden. Entdeckt hat Heinz Morgenegg das Talent seiner Kühe durch Zufall. Einst waren seine Kinder an einem Anlass, bei welchem man auf Kamelen reiten konnte. Sie berichteten ihm von den langen Wartezeiten und der kurzen Reitrunde. Da war für den Biobauern klar: Das könnte man auch auf seinen Kühen machen. Noch am selben Abend habe er im Stall probiert, seinen Kühen auf den Rücken zu sitzen. Bei neun von zehn habe es geklappt.
Noch am gleichen Abend probierte ich auf den Rücken meiner Kühe zu sitzen.
Hemishofen liegt im Kanton Schaffhausen. Es ist ein wunderschönes Dorf in einer naturumgebenen Region am Rhein, die man auf dem Rücken der Kühe auf kurzen oder halbtägigen Trekkingtouren erkunden kann. Hier komme ich zur Ruhe. Ich reite auf meiner Kuh in den Nachmittag heinein. Vergessen ist die Hektik der Grossstadt. Ich bin total entspannt. Nicht umsonst heisst es ja: Auf dem Rücken der (Pferde) Kühe liegt das Glück dieser Erde.
Kuhreiten – weniger exotisch als gedacht
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Schon seit Urzeiten reiten Menschen auf Ochsen und Kühen. Im alten Persien erzählte man sich Geschichten von einem mythischen Kuhreiter Feridun, der mit der Milch einer heiligen Kuh aufgezogen wurde und diese später auch geritten haben soll. Auch den Mond stellten sich die Perser als Reiter auf einem weissen Stier vor.
Zudem zeigen alte Höhlenmalereien, dass Kühe vor Pferden geritten wurden. Da Pferde aber auf Dauer schneller und leistungsfähiger sind, haben sie sich als bevorzugte Reittiere durchsetzen können.
Zugegeben, Personen auf Kühen sieht man nicht jeden Tag, alljährlich aber zum Beispiel an der Olma in St. Gallen beim traditionellen Kuh-Rennen.
5. Mit Sack, Pack und Geiss durch den Jura
Wandern mit Geissen empfehle ich neugierigen Personen. Denn so habe ich auch die Ziegen von Vera Schmid kennengelernt. Mit den Packgeissen geht die Post ab, wenn man loszieht in die Wälder und Wiesen hinter dem Stall in Mönthal im Kanton Aargau.
Packgeissen sind grosse und kräftige Ziegen und können bis zu 120 Kilogramm schwer werden. Bei Vera Schmid leben alte Schweizer Ziegenarten, wie zum Beispiel Pfauenziegen, Pfauenziegen-Mischlinge und ein schwarzer Bündner Strahlen- Bock. Sie können bis zu einem Fünftel ihres Körpergewichts tragen, also rund 20 Kilogramm.
Die Geissen sind sehr neugierig und wirken sehr schnell beruhigend auf uns Menschen.
Mönthal liegt versteckt in einer Talsenke im Bezirk Brugg eingebettet zwischen dem Falten- und Tafeljura, für mich erkennbar am typischen gelben Juragestein. Mit den Geissen von Vera Schmid kann man gemütliche Wanderungen oder halbtägige Touren machen. Nebst dem, dass die Ziegen unsere Emotionen spiegeln könnten und sehr neugierig seien, wirke ihre Präsenz auch sehr beruhigend auf uns Menschen, so die Besitzerin.
Mir wurde es nie langweilig. Die Tiere sprangen vor, hinter und neben mir vorbei. Am Schluss dann noch die Erkenntnis: Geissen sind auch wahre Akrobaten. Auf einem Parcours vor dem Hof trainiert Vera Schmid die Geschicklichkeit ihrer Tiere. Und auch ich durfte mich im Geissen-Agility probieren. Spass ist garantiert!
Darf und soll man auf Kamelen reiten und mit Ziegen wandern?
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Egal ob Kamel, Yak, Hund, Ziege oder Kuh – gemeinsam mit einem treuen Begleiter durch die Natur zu ziehen, garantiert uns Menschen ein besonderes Erlebnis.
Doch wie ist das für die Tiere? Laut Verhaltensbiologin und Tiertrainerin Andrea Campa sollte bei Wanderungen mit Tieren folgendes beachtet werden:
Tierwanderungen sollten immer von einer Fach- oder Beziehungsperson begleitet werden.
Es sollten Informationen zu den Tieren und zum Umgang mit ihnen gegeben werden.
Bevor es losgeht, sollte ein erstes Kennenlernen stattfinden.
Jedes Tier hat wie jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit. Der eine wandert gerne, der andere bleibt lieber in seiner gewohnten Umgebung. Tiere, die nicht «wollen», sollten nicht zu Freizeitaktivitäten gezwungen werden, zum Beispiel mit einer Peitsche.
Anzeichen des Tierwohls beachten
Um herauszufinden, ob ein Tier gerecht gehalten wird, sollte man folgende Anzeichen beachten.
Positive Anzeichen:
Das Tier ist aufgestellt oder verspielt. Es sucht selbständig den Kontakt zu den Teilnehmerinnen, läuft bereitwillig los und ist unterwegs neugierig.
Negative Anzeichen:
Das Tier ist teilnahmslos oder widerwillig. Es muss angetrieben werden. Eventuell hat es ein dreckiges Fell, ist verletzt oder hinkt.
Wie wird das Tier gehalten?
Ist der Stall oder die Unterkunft sauber? Hat es Wasser und Futter? Sind die Tiere mit Artgenossen zusammen? Gibt es Tiere, die sich absondern, Verletzungen haben? Sind Hufe und Klauen in gutem Zustand? Zeigen die Tiere ein aufgestelltes, verspieltes, entspanntes Verhalten oder sind sie unruhig, apathisch oder streiten sich dauernd?
Was würde das Tier in der Natur tun?
Läuft es selbst täglich weite Strecken am Stück (zum Beispiel Ziegen) oder ist es so, dass das Tier gemächlich weidend eher einen kleinen Radius hat?
Radio SRF 1, Outdoor-Reporter, 10.6.2022, 16:40 Uhr
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