Die Kaki führt im Tessin ein stilles Dasein. Dabei steckt sie voller Vitamine. Eine, die sie rettet, ist Claudia Gorbach. Sie führt im Val Colla bei Lugano einen Bio-Bergbauernhof und verarbeitet die Tessiner Kaki von Hand. Im Gespräch erzählt sie, warum die Frucht hierzulande kaum Beachtung findet – und wie Gorbach sie zum Leuchten bringt.
SRF : Frau Gorbach, Sie ernten jedes Jahr rund eine Tonne Kakis. Wie kam es zu dieser Leidenschaft?
Claudia Gorbach: Mich fasziniert diese orange Kugel, die im Herbst zwischen den kahlen Ästen leuchtet. Wenn man im Tessin wandert, sieht man sie überall hängen wie kleine Sonnen an grauen Tagen. Dieses Bild hat sich mir eingebrannt, schon als Jugendliche. Ich habe mir damals gesagt: Irgendwann möchte ich diese Früchte pflücken. Heute darf ich das und jede Ernte ist ein kleines Geschenk.
Die Tessinerinnen und Tessiner lassen die Früchte einfach hängen. Warum?
Viele wissen gar nicht, dass Kaki-Bäume hier wachsen. Es gibt im Tessin über tausend davon, in Gärten und an Wegrändern. Aber die wenigsten nutzen sie.
Die Tessiner Kaki ist naturbelassen, empfindlich und hat Charakter.
Manche mögen den Geschmack nicht, andere scheuen die Verarbeitung. Eine reife Kaki ist heikel, sie muss weich und glasig sein. Wenn man sie zu früh pflückt, enthält sie viele Gerbstoffe. Dann zieht sich der Mund zusammen und man glaubt, die Frucht sei verdorben.
Anders als die importierten Kakis aus Spanien oder Israel kann man die Tessiner also nicht einfach so essen?
Genau. Die importierten Sorten wie «Sharon» oder «Rojo Brillante» wurden gezüchtet, damit sie fester sind und sich gut transportieren lassen. Die Tessiner Kaki ist naturbelassen, empfindlich und hat Charakter. Sie muss wirklich weich sein, fast flüssig, dann entfaltet sie ihren vollen Geschmack. Das macht sie einzigartig, aber auch schwierig für den Handel.
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Bild 1 von 7. Claudia Gorbach bei der Kaki-Ernte auf ihrem Biohof im Val Colla bei Lugano. Bildquelle: Claudia Gorbach.
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Bild 2 von 7. Reife Kakis am Baum im Tessin. Die Früchte leuchten im Spätherbst zwischen kahlen Ästen. Bildquelle: Claudia Gorbach.
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Bild 3 von 7. Mit einer kleinen Seilbahn bringt Claudia Gorbach die Kaki-Ernte vom Hang ins Tal... Bildquelle: Claudia Gorbach.
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Bild 4 von 7. und trägt frisch geerntete Kakis in grünen Kisten zum Hof. Bildquelle: Claudia Gorbach.
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Bild 5 von 7. Auf dem Biohof werden die Kakis von Hand geschnitten und auf Holzrahmen zum Trocknen ausgelegt. Bildquelle: Claudia Gorbach.
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Bild 6 von 7. Getrocknete Kaki-Stücke – eine der Spezialitäten von Claudia Gorbach. Bildquelle: Claudia Gorbach.
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Bild 7 von 7. Mit dem Lieferwagen unterwegs: Claudia Gorbach (links) und ihre Mitarbeiterin beim Transport der Kisten. Bildquelle: Claudia Gorbach.
Wie gehen Sie bei der Ernte vor?
Ich sammle die Früchte von Hand, meist in Privatgärten. Viele Besitzerinnen und Besitzer freuen sich, wenn ich anklingle und frage, ob ich ihre Kakis ablesen darf. So gehen die Früchte nicht verloren und alle profitieren. Manchmal bekomme ich einen Kaffee, manchmal einen Sack Äpfel zum Dank.
Und was geschieht danach mit den Früchten?
Ich breite sie auf Netzen über unserem Holzofen aus und lasse sie langsam trocknen. So bleiben sie wochenlang haltbar. Aus den weichen Früchten mache ich Mus oder Marmelade, manchmal auch Schnaps.
Eine Kaki enthält viel Magnesium, Phosphor und Kalzium.
Ich liebe diesen Kreislauf: Was nicht gegessen wird, wird gebrannt, und was übrig bleibt, kommt auf den Kompost und nährt den Garten fürs nächste Jahr.
Klingt nach viel Handarbeit. Warum lohnt sich das trotzdem?
Weil es mich erfüllt. Ich arbeite mit den Händen, mit der Natur, mit den Jahreszeiten. Und ich sehe, dass die Leute die Kaki wiederentdecken als regionale, gesunde Frucht. Sie enthält viel Magnesium, Phosphor und Kalzium. Eine Kaki deckt etwa die Hälfte des Tagesbedarfs an Vitamin A, gut für Haut und Augen.
Sind Sie schon fertig mit der Ernte?
Noch nicht. Der November ist unsere intensivste Zeit. Wir hoffen, dass das Wetter hält und dass die Vögel uns nicht zu viel wegschnappen.
Das Gespräch führte Elena Bernasconi.