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Very British kochen Mit 5 Rezepten gegen den schlechten Ruf der Britischen Küche

Die Küche der britischen Inseln ist wohl eher berüchtigt als berühmt. Zu wenig raffiniert sei sie, im Vergleich zu anderen nationalen Küchen, wie etwa der Französischen oder Italienischen, wird oft gespottet. SRF 1-Hobbykoch Mark Frederick Chapman ist Engländer und tritt den Gegenbeweis an.

Warum hat die Küche in Grossbritannien einen so schlechten Ruf? Wie jede nationale Küche, lebt die britische Küche von den saisonalen Zutaten, die das Land und das Meer hergeben. Das milde, wechselhafte Klima bietet knackiges Gemüse, süsse Früchte, gutes Fleisch und frischen Fisch – alles von hervorragender Qualität. An den Produkten kann es nicht liegen.

Der Einfluss des British Empire

Im 19. Jahrhundert hatte die englische Küche einen sehr guten Ruf. Das British Empire brachte Einflüsse aus anderen Weltregionen auf die Inseln. Vor allem exotische Gewürze und andere Zubereitungsarten fanden ihren Eingang in die englische Küche. Die französischen Köche verwenden respektvoll den Begriff «à l’anglaise» (nach englischer Art), um eine eher naturbelasse und den Geschmack hervorhebende Zubereitungsart zu benennen, statt eine, die mit raffinierten Saucen zugedeckt ist.

Mark Frederick Chapman

SRF 1-Hobbykoch

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Mark Frederick Chapman wurde in Bushey, nordwestlich von London im Vereinigten Königreich, geboren und er ist in Zürich aufgewachsen. Beide Länder und ihre gastronomischen Traditionen haben ihn geprägt – ebenso wie seine vielen Reisen rund um den Globus. SRF 1-Hobbykoch Mark Frederick Chapman stellt regelmässig auf Radio SRF 1 Rezepte vor.

Der Niedergang des Kolonialreiches und die damit verbundenen sozialen Veränderungen im Königreich sowie die beiden Weltkriege forderten der englischen Küche viel ab. Aus Mangel und Rationierung entstand die Notwendigkeit, bezahlbare Ersatzprodukte und Zubereitungsarten zu finden.

Der Adel und das Bürgertum konnten sich weniger Bedienstete leisten und das erstarkte Selbstbewusstsein der Arbeiterklasse trennte schliesslich das Geld vom Know-how. Wer die Serie «Downton Abbey» verfolgt hat, weiss, wovon die Rede ist.

Industrialisierung und ihre Folgen in der britischen Küche

Die frühe Industrialisierung Grossbritanniens brachte Neuerungen in der Konservierung von Lebensmitteln, und tat ihr weiteres das Wissen, um gutes Essen verkümmern zu lassen. «Baked Beans» in Dosen – die weissen Bohnen in Tomatensauce zum Beispiel oder industriell gefertigtes «Custard»-Pulver, ein Ersatz für frische Eier und Vanille für die sogenannten Englische Crème. Beide Produkte sind heute noch zu kaufen und haben den zweifelhaften Ruf Englands Küche als billig und industriell mitgeprägt. Die oft lieblosen und günstigen Mittagessen an englischen Schulen tun seit Jahrzehnten ihren Teil, Kinder schlechte Essgewohnheiten einzuprägen.

Der Einfluss von Jamie Oliver, Rick Stein und Co.

Es wird wieder lustvoller, kreativer und geschmackvoller gekocht in britischen Haushalten. Einige der erfolgreichsten und weltweit meist kopierten TV-Formate Britanniens sind seit Jahrzehnten Koch- und Backsendungen. «MasterChef», «The Great British Bake Off» oder Kochsendungen mit Chefs wie Jamie Oliver, Gordon Ramsay oder Rick Stein haben das Bewusstsein für gute und gesunde Küche im Vereinigten Königreich befördert und nachhaltig verändert. Unter den Ländern mit den meisten Michelin-Sterne-Restaurants rangiert Grossbritannien 2023 immerhin auf Platz 7 – so schlecht essen kann man in merry old England demnach nicht.

The Full English Breakfast

Weise Bohnen, Tomaten, gebratener Speck, Würstchen, Spiegelei und Toast.
Legende: Das Frühstück in Grossbritannien ist herzhaft und deftig. SRF / Mark Frederick Chapman

Wer schon einmal die Britischen Inseln besucht und in einem Hotel übernachtet hat, kennt das Frühstücks-Buffet. Man hat die Wahl zwischen «Continental», mit Brötchen, Müesli, Konfitüre – ein Frühstück wie wir es in den hiesigen Breitengraden auch kennen. Oder «the English Breakfast» mit gebratenem Speck, Spiegel- oder Rührei, Würstchen, Baked Beans, Toast und mehr. Frisch zubereitet ist ein englisches Frühstück eine herzhafte und komplette Mahlzeit.

Ob es gesund ist, darüber streiten sich die Geister. Letztlich kommt es wie immer auf die Qualität der Produkte und auf die Art der Zubereitung an. Ein pochiertes Ei ist gesünder als ein in Fett gebratenes Spiegelei. Ein englisches Frühstück hat rund 850 bis 1200 Kalorien je nach Grösse und Zusammensetzung der Portion. Es ist reich an Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten und es sättigt, für einen guten Start in den Tag. Aber ehrlich – ein full English Breakfast ist in erster Linie Wohlfühl-Essen – entweder man mag es oder eben nicht. Man soll es geniessen, vielleicht nicht täglich.

Bangers and Mash

Würstchen an einer Zwiebelsauce angerichtet.
Legende: «Bangers and Mash with onion sauce» SRF / Mark Frederick Chapman

Was den Schweizern Bratwurst und Rösti mit Zwiebelsauce ist, ist den Briten «Bangers and Mash with onion sauce». Bangers sind kleine Schweinswürstchen mit einem unverkennbaren Geschmack, «Mash» ist Kartoffelstock und beides wird zusammen mit einer Zwiebelsauce serviert. Der charakteristische Geschmack der Würstchen entstand während des Ersten Weltkrieges, als Metzger das rationierte, teure Fleisch in den Würsten mit Brotkrümel oder Zwieback, mehr Anteil Fett und Wasser streckten.

Wurden diese Würstchen gebraten, platzten diese oft mit einem kleinen Knall, wodurch sie ihren Namen «Bangers» bekamen. Zudem sind die Gewürze wie Muskatnuss, Muskatblüte, Ingwer, Salbei für den unverkennbaren Geschmack verantwortlich. Heute werden auch in Britannien Bangers mit nahezu 100 Prozent Fleisch ohne Füllmaterial hergestellt – diese brutzeln herrlich, knallen allerdings nicht.

Shepherd’s Pie

Lammhackfleisch und Kartoffelstock.
Legende: «Shepherd’s Pie» ist ein klassisches, oft bestelltes Pub-Essen. SRF / Mark Frederick Chapman

Unter einem «Pie» versteht man im Englischen allgemein ein Gericht, das von einem knusprigen Teig ummantelt und innen saftig ist. Der «Shepherd’s Pie» ist jedoch nichts dergleichen. Erwähnt werden erste Rezepte schon Ende des 18. Jahrhunderts. «Shepherd’s Pie» ist ein klassisches, oft bestelltes Pub-Essen, das in vielen Wirtshäusern angeboten wird.

Die zuvor gekochte Füllung aus Lammhackfleisch, Gemüse, Zwiebeln und Sauce wird in eine ofenfeste Form gefüllt, mit Kartoffelstock bedeckt und im Ofen fertig gebräunt. Es ist ein gehaltvolles und einfaches Gericht, dass bei Gross und Klein sehr beliebt ist. Und was ist der Unterschied zwischen «Shepherd’s Pie» und «Cottage Pie»? Im «Shepherd’s Pie», also dem Hirten-Pie wird Lammfleisch verwendet, im «Cottage Pie» Rindfleisch – aber so genau ist das nicht festgeschrieben.

Fish & Chips

Pommes-Frites und frittierter Fisch.
Legende: Fast so bekannt wie die britische Hauptstadt: Das ultimative britische Fastfood Fish & Chips. SRF / Mark Frederick Chapman

Das ultimative britische Fastfood hat seine Wurzeln in einem Gericht, welches jüdische Immigranten, die im 16. Jahrhundert aus Portugal nach London mitbrachten. Im dünnen Teig frittierter Fisch nannte man damals auch «Fisch auf jüdische Art zubereitet». Durch den industriellen Fischfang wurde Fisch preiswerter und für mehr Menschen erschwinglich. Zudem half das damals sich ausbreitende Bahnnetz den frischen Fisch schnell übers ganze Land zu verteilen. Für Fish & Chips werden zu rund 60 Prozent Kabeljau (Cod) und 25 Prozent Schellfisch (Haddock) im flüssigen Teig eingetaucht und frittiert.

Rezept-Download

Heute existieren in Grossbritannien rund 10’500 Chippies-Buden, die Fish & Chips zubereiten. Sie verkaufen erstaunliche 380 Millionen Portionen Fish & Chips im Jahr, mit anderen Worten ungefähr zwölf Mahlzeiten pro Sekunde. Frischer Fisch in frischem Öl schwimmend gebacken, ist für mich eines des besten Fastfoods.

Sherry Trifle

Dessert mit geschichtetem Biskuit, Vanille-Creme und Früchten in einem Glas.
Legende: Ein Favorit aus der Küche von Marks Grossmutter. SRF / Mark Frederick Chapman

Fruchtig, cremig, süss und leicht alkoholisch ist eines der beliebtesten Desserts der Briten. Das geschichtete Dessert aus luftigem Biskuit, frischen Früchten in selbstgemachtem Gelee und englischer Vanille-Creme wird am besten in einer grossen Glas-Schüssel zubereitet und serviert. Ein «Trifle» ist ein wunderbarer Abschluss zu einem Essen, dem wenige widerstehen können. Je nach gewählten Früchten oder Beeren ist jedes «Trifle» anders. Es lohnt sich, verschiedene Rezepte auszuprobieren. SRF 1-Hobbykoch Mark Frederick Chapman stellt das Rezept seiner Grossmutter vor.

Rezept Download

SRF 1, «A Point», 4.9.2023 um 11:40 ; 

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