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20 Jahre «Klassiktelefon» Das «Klassiktelefon» feiert Geburtstag

Am 20. Geburtstag, am 3. November 2017, feiert das «Klassiktelefon» mit einer Live-Sendung in der Bar du Nord in Basel. «Ich kann mir nur zwei Nummern merken, meine eigene und die vom Klassiktelefon», typisches Statement von einer Stammhörerin. Redaktionsleiter Joachim Salau erinnert sich.

Für viele geliebtes Ritual: ab 13 Uhr gibt’s Musikwünsche mit schönen Arien, Lieblingsstücken und Stars von heute und gestern. Dazu die Stimmen des Publikums, die gratulieren, gedenken oder sich einfach nur etwas gönnen möchten. Es ist fast wie eine grosse Familie, die sich am Mittag versammelt. «Liebes Klassiktelefon», so beginnen denn auch die meisten Anrufe und Mails.

Gegenwind aus eigenen Reihen

Team der ersten Stunde

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Joachim Salau und Eva Oertle begleiten die Hörerschaft des Klassiktelefons schon seit 20 Jahren – und führten auch durchs Programm der Jubiläumssendung vom 3. November 2017 in der Bar du Nord in Basel. Die Sendung gibt es hier zum Nachhören.

Dass die Sendung mal so eng mit ihrem Publikum verbunden sein würde, war nicht abzusehen. Das wöchentliche Wunschkonzert sollte abgelöst werden und statt grossformatiger Sinfonien, die schriftlich bestellt und Wochen später gesendet wurden, wollten wir eine tägliche Sendung: Wünsche bis am Morgen per Telefon, die Musik in unterhaltsamer Folge und als Clou die Stimmen auf dem Sender.

Zu Beginn gab’s durchaus Gegenwind, auch aus den eigenen Reihen. Die einen befürchteten «Volksverdummung» wegen der kurztaktigen Titelfolge. Andere meinten, dass sich die Lobby der zeitgenössischen Musik durchsetzen würde und wir dann keinen populären Ton mehr in der Sendung hätten.

Vergnügliche Detektivarbeit

Entgegen aller Befürchtungen etablierte sich ein Musik-Mix, der die bunte Palette des Publikumsgeschmacks spiegelt. Da sind die immergrünen Klassik-Hits von Mozarts Klarinettenkonzert bis zum «Hallelujah»-Chor, von der «Moldau» bis zu Schumanns «Mondnacht», aber auch jede Menge Raritäten. Und es gibt Stücke, die nur im «Klassiktelefon» zu Hits wurden: Heberles Blockflötenkonzert etwa oder auch die «Erbarme Dich»-Arie aus Bachs «Matthäus-Passion» – auf Arabisch gesungen.

Für uns in Redaktion und Moderation ist die Sendung noch nach Jahren vergnügliche Herausforderung, was schon beim Sichten der Wünsche am Morgen beginnt. Lässt sich daraus ein rundes Programm gestalten? Ist wieder einmal Detektivarbeit erforderlich? Welche wunderschöne Melodie ist gemeint, die jemand am Dienstag oder Mittwoch vergangener Woche so gegen 7:10 Uhr gehört hat - oder war es 8:10 Uhr?

Einmalige Wunschsendung

Was wir auch nach Jahren noch nicht im Griff haben, sind Ebbe und Flut unseres Wunschmeers. Liegt es nur am schönen Wetter, wenn mal weniger Wünsche eintreffen? Ist es allein der charmante Aufruf der Moderatorin gewesen, der zu ungeahnter Menge geführt hat? Enttäuschungen sind vorprogrammiert, wenn wir etwas nicht erfüllen.

Mit zwanzig Jahren ist ein Radio-Format heute Antiquität. Auch die seltensten Musikstücke finden sich online, grüssen kann man auch per SMS. Aber in seiner Kombination ist das «Klassiktelefon» einmalig. Im deutschsprachigen Raum gibt es keine weitere tägliche Wunschsendung bei einem Kultursender. Jeden Mittag hören uns fast 60'000 Klassik-Fans und seit es Internet-Radio gibt, erreicht man uns auch schon mal aus Brasilien oder Australien. Und es macht uns stolz, wenn eine Hörerin verrät, dass sie nur zwei Nummern auswendig könne: ihre eigene – und die vom «Klassiktelefon»: Null-Einundsechzig, Drei-Fünfundsechzig, Drei-Fünfundsechzig, Drei.

Dieser Text erschien in der November-Ausgabe des SRF Kulturclub Magazins.

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