Wörter. Sie kommen und gehen. Und manche kommen wieder und wieder und gehen gehörig auf die Nerven. Oder aber sie gefallen, sie treffen, betreffen uns. Anders formuliert: Jedes Jahr fressen sich neue oder «neuerdings» exzessiv verwendete Begriffe in unsere Gehirnwindungen und spuken exzessiv in Gesprächen und Texten rum.
Was steht für 2015?
Die Frage war: Welches Wort/Unwort und welcher Satz prägen das laufende Jahr? Was ist aufgefallen? Gefiel? Missfiel? Wir baten euch um eure Vorschläge – und ihr habt uns gefüttert, gefüttert, zugetextet via SRF 3-App, Facebook, Twitter oder hier im Kommentarfeld. Am Nachmittag des 2. Dezembers tagte dann die renommierte Jury. Nach einer mehrstündigen Diskussion stand schliesslich fest:
Das Wort des Jahres 2015 lautet: Einkaufstourist
Begründung der Jury:
Fast alle Worte, die uns dieses Jahr beschäftigt haben, betreffen die Beziehung der Schweiz zum Rest der Welt. Einmal sind es Asylsuchende oder Fachkräfte, die in unser Land wollen, einmal Schweizer, die über die Grenze gehen, um günstig einzukaufen. Wir wollen zugleich alleine bleiben auf unserer Hochpreisinsel und trotzdem von den günstigen Preisen im Ausland profitieren. Der Detailhandel hingegen tut sich schwer damit, die günstigeren Einkaufspreise in Europa an die Konsumenten weiterzugeben. Die Aufnahmezentren für die Wirtschaftsflüchtlinge aus der Schweiz sind die Einkaufszentren von Konstanz bis Lörrach. Das Wort des Jahres 2015 ist Einkaufstourist.
Das Unwort des Jahres 2015 lautet: Asylchaos
Begründung der Jury:
Das Unwort des Jahres ist Asylchaos. Dass wir in der Schweiz ein Asylchaos hätten, ist eine Behauptung, mit der im Wahljahr Ängste geschürt wurden. Denn die sogenannte Flüchtlingswelle ist ja weitgehend an der Schweiz vorbeigegangen, und von einem Chaos konnte 2015 keine Rede sein.
Der Satz des Jahres 2015 lautet: «Eine WM kann man nicht kaufen»
Begründung der Jury:
Der Entscheid zum Satz des Jahres fiel der Jury leicht. Er kommt vom suspendierten FIFA-Präsident Sepp Blatter: «Eine WM kann man nicht kaufen». Beeindruckt hat uns, mit welchem Trotz Sepp Blatter allen Enthüllungen im Jahr 2015 widerspricht.
Die Jury – Sie hatten die Qual der Wortwahl
Nora Zukker (bei SRF 3 zuständig für den Lesestoff), traf eine Vorauswahl und kaut das Sammelsurium sodann in bester Gesellschaft durch – nämlich zusammen mit anderen, sprachaffinen Jurorinnen und Juroren, die da wären:
- Schriftsteller Peter Stamm
- Rapper Manillio
- Kolumnistin Yonni Meyer aka Pony M.
- Kabarettist, Kolumnist und Hausmann Bänz Friedli
- Autor Daniel Quaderer
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Bild 1 von 6. Die Jury. Zukker fürs Volk: Nora Zukker frönt der Wörter-Wonne und empfiehlt euch bei SRF 3 in ihrem Buchtipp wöchentlich neuen Lesestoff. Bei der Suche nach dem Wort/Unwort/Satz des Jahres rührt sie die Buchstabensuppe an. Gegessen wird dann gemeinsam. Bildquelle: SRF/Claudia Herzog.
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Bild 2 von 6. Die Jury. Yonni Meyer aka Pony M. eiert nicht rum beim Schreiben, sondern trifft als Kolumnistin den Nagel Alltags-nah und -tauglich auf den Kopf. Meyer liest auch sehr gerne – zum Beispiel im Duden. Bildquelle: SRF/Oscar Alessio.
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Bild 3 von 6. Die Jury. Er ist der (Peter) Stamm, an dem sich die Schweizer Literatur seit seinem gefeierten Roman-Erstling «Agnes» (1998) anlehnen kann. Der Schriftsteller mag den Klartext, die klare Sprache. Für unnötige Wörter ist ihm die Zeit wohl zu schade. Bildquelle: Keystone/Dominic Steinmann.
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Bild 4 von 6. Die Jury. Daniel Quaderer haben die Wörter des Jahres quasi den Kopf verdreht. Und aus der Liebschaft hat er auch tatsächlich was gemacht: Er hat sie zwischen Buchdeckel gepackt, ist Ko-Autor des Werks «Wörter des Jahres». Bildquelle: PD.
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Bild 5 von 6. Die Jury. Ja, der Bänz Friedli kennt sich aus mit Slangs und Sprach-Spleens und Modewörtern; Wenn der Kabarettist auf der Bühne den Mund aufmacht, funkelt sein Wortschatz auf der Zunge. Schreiben kann er auch: Friedli ist auch Autor und Kolumnist. Bildquelle: Keystone/Walter Bieri.
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Bild 6 von 6. Die Jury. Manuel Liniger alias Manillio, der geistige Sohn von Greis, weiss als Rapper um die geballte Kraft und Macht von Wörtern. Er gilt als lyrisch sackstark und beatmet den CH-Rap quasi Mund-zu-Mund, haucht dem Sound Sinn und Leben ein. Bildquelle: SRF.
Zeichen und Zeitgeister
Kann man Wörtern und Sätzen gratulieren oder auch kondolieren? Wenn ja, dann tun wir das. Und präsentieren an dieser Stelle auch sehr gerne ein paar Beispiele aus der jungen Vergangenheit gefällig: # (Hashtag), Dichtestress und der Satz «Es bleibt unbeständig» waren total 2014. Stellwerkstörung, Systemrelevant und «Aff!» so 2013.
Schweizer Wort des Jahres: Die Chronik (von 2003 bis heute)
Danke fürs Mitmachen.