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Freiwilligenarbeit Du willst in den Ferien Gutes tun? Dann beachte diese Punkte!

Waisen betreuen in Nepal, Schildkröteneier schützen in Costa Rica, HIV-Beratung in Sambia – die Kombination von Ferien und Freiwilligenarbeit wird immer beliebter. Doch Vorsicht: Nicht jede gut gemeinte Tat hat auch eine positive Wirkung.

Ein weisses Mädchen umringt von kleinen, dunklen Kindern. Solche Fotos ploppen in sozialen Medien immer wieder auf. Immer häufiger. Nicht nur in der virtuellen, auch in der realen Welt steigt die Zahl: Schätzungen zufolge sollen jährlich bis zehn Millionen Menschen weltweit Freiwilligenarbeit im Ausland leisten.

Reisebüros oder Onlineportale haben ganze Kataloge mit kurzzeitigen Einsätzen, zwei Wochen Schildkröteneier schützen in Costa Rica oder fünf Wochen HIV-Aufklärung in Sambia. Mit Abstand am beliebtesten aber seien Projekte mit Kindern.

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INPUT KOMPAKT: Kurz helfen im Ausland? Das musst du wissen!
aus Input vom 30.05.2018.
abspielen. Laufzeit 13 Minuten 58 Sekunden.

Falsche Waisenkinder

«Diese enorme Nachfrage hat einen perversen Effekt», sagt Christine Plüss von fairunterwegs.org, ein Non-Profit-Onlineportal, das sich für fairen und nachhaltigen Tourismus einsetzt. «In vielen Ländern entstehen falsche Waisenhäuser.»

Die Kinder werden den Eltern häufig mit dem Versprechen auf eine bessere Zukunft abgeworben, damit sich gutgläubige Touristen um sie kümmern können. Zahlreiche Fälle aus Nepal sind bekannt, aber auch aus Kambodscha, laut UNICEF hätten da 80 Prozent der «Waisen» noch mindestens ein Elternteil.

Die «Input»-Sendung zum Thema

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Freiwilligenarbeit im Ausland ist attraktiv für den Lebenslauf und beliebt. Besonders Projekte mit Kindern stossen auf Interesse. In der Hintergrundsendung «Input» erklären wir, bei welchen Punkten Vorsicht geboten ist.

Ob falsche oder echte Waisen, ob eine Woche oder ein halbes Jahr – fairunterwegs.org rät generell ab von Freiwilligeneinsätzen in Waisenhäusern: «Wir sehen, dass es für die Kinder eine traumatische Erfahrung ist, wenn sie alle paar Wochen wieder eine neue Bezugsperson haben», sagt Christine Plüss.

Immer mehr Anbieter streichen Waisenprojekte aus ihrem Katalog, doch noch immer gibt es zahlreiche Angebote, auch oft kurzfristig vor Ort buchbar: Denn jeder Waise bedeutet bares Geld. Ein deutscher Online-Anbieter etwa verlangt 1130 Franken für zwei Wochen in einem nepalesischen Waisenhaus.

Freiwilligenarbeit kostet

Freiwilligenarbeit kostet, teilweise nicht wenig, wie der Blick in einen kommerziellen Reisekatalog zeigt: Fünf Wochen HIV-Beratung in Sambia gibt’s für 2150 Franken, inklusive Kost, Logis und Ausflügen, exklusive Flug.

Christine Plüss von fairunterwegs.org findet dieses Angebot teuer, aber generell sei es richtig, dass die Angebote nicht gratis sind: «Wir wollen ja, dass die Freiwilligen vor Ort betreut sind. Das ist Arbeitsaufwand, der bezahlt werden soll.» Trotzdem sei es wichtig, dass Interessierte genau nachfragen, was mit dem Geld passiere und wieviel tatsächlich direkt in das Projekt fliesse.

Laura Schwab bei ihrem Freiwilligeneinsatz als Englischlehrerin in Peru.
Legende: Laura Schwab bei ihrem Freiwilligeneinsatz als Englischlehrerin in Peru. ZVG

Geringer Nutzen für die lokale Bevölkerung

Die 20-jährige Laura Schwab hat selbst als Freiwillige gearbeitet, direkt nach der Matur, elf Wochen in Peru als Englischlehrerin für Primarschüler. Heute, knapp zwei Jahre nach ihrem Einsatz, hinterfragt sie den Sinn ihrer Arbeit.

«Die Freiwilligen wechselten alle paar Wochen. Weil es kein Lehrbuch gab und es den Betreuer nicht interessierte, wussten wir nicht, was unsere Vorgänger den Kindern schon beigebracht haben», erzählt die heutige Wirtschafts-Studentin.

Es kam öfter vor, dass die Kinder laut gestöhnt haben, weil sie zum Beispiel schon zum siebten Mal die Farben lernen mussten.
Autor: Laura Schwab Ehemalige Freiwillige in Peru

Etwas naiv sei sie schon gewesen, meint Laura Schwab selbstkritisch: «Ich dachte, ich könne die Welt ein bisschen verbessern und den Kinder in diesen Wochen richtig gut Englisch beibringen, so dass sie bessere Chancen für die Zukunft hätten. Tatsächlich konnte ich sehr viel weniger weitergeben als ich gehofft habe».

Geringer Nutzen für das Projekt

Aber Laura Schwab hat trotzdem viel mitgenommen aus dieser Zeit: «Ich habe eine neue Kultur kennengelernt, spreche viel besser Spanisch als vorher und ich bin reifer geworden in Peru, weil ich mich selbst durchschlagen musste.»

Barbara Iseli Sczepanski kennt dieses Problem: «In erster Linie profitiert nicht das Projekt, wenn man nur vier Wochen Freiwilligenarbeit leistet», sagt die Co-Geschäftsleiterin von ICYE (International Cultural Youth Exchange), einer Jugendaustausch-Organisation, die sowohl Langzeit- wie auch Kurzzeiteinsätze anbietet und auch Freiwillige aus anderen Ländern in die Schweiz holt. «Wir vermitteln keine Entwicklungsarbeit, wir verkaufen eine persönliche Erfahrung.»

Aus diesem Grund empfiehlt sie denn auch allen Interessierten, länger zu gehen als nur ein paar Wochen, ein halbes Jahr, ein Jahr.

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