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Lebenslanges Lernen Du willst eine Weiterbildung? Lass deine Chefin zahlen!

Eine kluge Frau hat mir mal als Teenie erklärt, ich solle nicht motzen – es sei ein Privileg, Französisch zu büffeln. Als Erwachsene müsse sie in teure Kurse, um etwas Neues zu lernen. Sie hatte recht. Es gibt so viel Spannendes zu lernen – aber wie kriegt man das hin mit Familie, Job und Finanzen?

Nie hatte man so viel Zeit fürs Lernen, wie in der Schul- und Ausbildungszeit. Man hatte daneben keinen Haushalt, keine Kinder, keine Partnerschaft und vor allen Dingen keinen richtigen Job.

Wer im Erwachsenenalter eine längere Aus- oder Weiterbildung macht, braucht nicht nur Zeit und Geld, sondern auch Motivation. Diese sollte natürlich von innen kommen - wichtig sind aber auch liebe Freundinnen und Freunde und eine Familie, die einen unterstützen. Was es aber vor allem braucht: Einen Plan! Laufbahnberaterin Isabelle Zuppiger hat Tipps.

1. Interesse und Potential sind nicht dasselbe

Ich träume zum Beispiel davon, in einer kleinen, herzigen Pasticceria in Italien eine Lehre zu machen, um dann daheim mein eigenes Lokal zu eröffnen. Das zeugt von Interesse (und Abenteuerlust). Ob ich aber das Potential - also die Fähigkeiten dazu - habe, ist etwas ganz anderes.

Test: Was sind meine Stärken?

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Die Universität Zürich bietet diesen Test an, um die eigenen Stärken herauszufinden: charakterstärken.org

Die ZHAW bietet diesen Fragebogen zur Laufbahndiagnostik an: https://www.laufbahndiagnostik.ch/de

Das ist die weniger schöne Aufgabe, sagt Laufbahnberaterin Isabelle Zuppiger: «Viele junge Leute meinen, weil sie gut sind mit dem PC und digitalen Instrumenten, seien sie auch geeignet für eine Ausbildung in Informatik. Wenn wir dann aber die Schulnoten anschauen und sehen, dass sie in den dafür wichtigen Fächern nicht gut sind, müssen wir Träume zerstören.»

Auch wenn es schmerzhaft ist: Es ist gut, den Unterschied zwischen Interesse und Potential zu kennen. Ich hätte vermutlich das Potential, Dolci herzustellen. Aber ich müsste einiges dazulernen, um ein eigenes Lokal zu führen...

Isabelle Zuppiger

Isabelle Zuppiger

Laufbahnberaterin

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Isabelle Zuppiger ist Präsidentin von Profunda Suisse, dem schweizerischen Verband der Fachleute für Laufbahnentwicklung.

2. Wenn die Chefin eine Runde ausgibt

Was, wenn man nicht genug auf der Seite hat? Was, wenn man schon eine Ausbildung hat und nicht mehr so einfach an Stipendien kommt? Da mache ein Besuch bei der kantonalen Stipendienberatung Sinn, um die Möglichkeiten auszuloten, empfiehlt Isabelle Zuppiger: «Es gibt Darlehen, die man erst zurückzahlen muss, wenn man wieder berufstätig ist. Auch der Arbeitgeber kann unterstützen mit Urlaub oder der Beteiligung an Kurskosten.»

Was sind gute Argumente für Chefinnen und Chefs? Man müsse klar aufzeigen, dass es für das Unternehmen einen Mehrwert bietet, aber nicht nur: «Ich muss überzeugt sein, dass die Ausbildung für mich gut ist, dass ich mich beruflich entwickle und mir wichtige Kompetenzen aneigne.» Man müsse klar aufzeigen, dass es einem selber, aber auch dem Unternehmen etwas bringt.

Auch empfehlenswert: Mit der Chefin oder dem Chef ein Personalentwicklungsgespräch führen und ohne konkrete Ideen schauen, wie die berufliche Laufbahn aussieht und welche Möglichkeiten es gibt. «Der Vorteil: Der Vorgesetzte weiss, was die Firma braucht und was in der Branche an Weiterbildungen üblich ist. So kommt man an wichtige Informationen, um beruflich weiterzukommen.»

Audio
Erst Coiffeuse, dann Anwältin: So geht Weiterbildung
aus Input Story vom 13.05.2020. Bild: SRF / Reena Thelly
abspielen. Laufzeit 19 Minuten 17 Sekunden.

3. Von der Berufs- in die Paarberatung

Anders als in der Schulzeit, als die Eltern für uns schauten, kümmern wir uns heute um andere: Um die eigenen Kinder, den Mann, die Freundin. Wer Haus, Herd und Bankkonto teilt, braucht bei der Aus- oder Weiterbildung Unterstützung. Wie regelt man den Haushalt? Wer bringt wie viel Geld heim? Wer ist bereit, auf was zu verzichten?

«Ich mache keine Eheberatungen», sagt Isabelle Zuppiger, «aber ich habe schon erlebt, dass ganz viele Fragen offen sind: zur Familie, finanzielle Fragen, die ganzen Rahmenbedingungen aber auch grundlegende Konflikte. Da empfehle ich eine Paarberatung.»

4. Wer gut plant, kommt entspannter ins Ziel

Eine mehrjährige Weiterbildung bedeutet auch: Weniger Geld, weniger Zeit für Freunde, Familie, Hobbies. Wie hält man durch?

Eine seriöse Projektplanung sei wichtig, mit Meilensteinen und Pausen: «Es braucht Halt und Belohnung, etwa ein Kinobesuch oder ein gemeinsames Wochenende, um so einen Weg zu überstehen.»

5. Probieren geht über studieren

Bevor man sich für längere Zeit in etwas Neues stürzt, lohnt es sich, mit Leuten zu sprechen, die diesen Weg bereits gegangen sind: Was kann man von ihnen lernen? Was hat es ihnen gebracht?

Und warum nicht etwas konkret ausprobieren? Warum nicht beim Beck ums Eck reinschauen, bevor ich meine Sachen packe und in einer italienischen Pasticceria arbeite? Ich durfte in meiner Lieblingsbäckerei reinschnuppern und habe gelernt, wie man die besten Gipfeli der Welt macht. Ich habe aber auch gelernt, dass ich mich sehr motivieren müsste, wenn ich jeden Tag Gipfeli backen müsste...

Die Sendungen zum Thema

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Von der Coiffeuse zur Anwältin, von der Anwältin zu Hypnose-Therapeutin: Im Podcast INPUT STORY erzählen zwei Frauen von ihrem Weg.

Dass solche Wege im Schweizer Bildungssystem möglich sind, bestätigt die Laufbahnberaterin Isabelle Zuppiger in der Sendung INPUT und zeigt, wie man die Steine aus dem Weg räumt.

SRF 3 Input, SRF 1 Doppelpunkt

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