Octavia, Golf, Yeti: Autohersteller lassen ihrer Kreativität oftmals freien Lauf, wenn es um die Namen ihrer Automodelle geht. Wer aber denkt, ein solcher Name sei rasch entwickelt, irrt. Hinter der Taufe steckt oft ein monatelanger Prozess. Dennoch ist das Endergebnis nicht immer zufriedenstellend, wie es jüngst Alfa Romeo erfahren musste.
Italienisches Auto made in Polen
So hätte das erste Elektroauto der Traditionsmarke statt «Junior» eigentlich «Milano» heissen sollen. Doch der italienische Industrieminister Adolfo Urso intervenierte. Der Name «Milano» sei gesetzeswidrig, da der SUV in Polen und nicht in Italien produziert und die Verbraucher durch den «italienisch klingenden» Namen in die Irre geführt würden.
Obwohl der Autokonzern Stellantis überzeugt war, dass der Name «Milano» alle rechtlichen Kriterien erfüllt, beschloss das Unternehmen, den Namen «im Interesse des gegenseitigen Verständnisses» zu ändern, wie es in einer offiziellen Mitteilung heisst.
Namensgebung wird häufig unterschätzt
Die italienische Automarke ist nicht die Einzige, die wegen eines missglückten Autonamens für Schlagzeilen sorgt. Bereits in der Vergangenheit sorgten namhafte Konzerne für Aufruhr.
Doch weshalb treten selbst grosse, weltweit tätige Unternehmen bei der Bezeichnung ihrer Automodelle ins Fettnäpfchen? «Namensgebung wird häufig unterschätzt», sagt Werbetexter Manfred Gotta, der selbst schon zahlreiche Autonamen entwickelt hat. In den vergangenen Jahren erfand er unter anderem die Namen Vectra, Actros, Twingo, Smart, Cayenne und Panamera.
Andere Marken – andere Fehler
Gotta selbst ist zwar noch nie ein Patzer unterlaufen, jedoch könne es schnell zu Fehlgriffen kommen. «Häufig machen Unternehmen irgendein Codewort, woraus sie den Namen ableiten – ohne nochmals zu schauen, ob der Name eine falsche Bedeutung hat.»
Aus Uno wird Punto
So zum Beispiel passiert bei Fiat Uno. Eigentlich sollte der Name demonstrieren, dass er das Zeug zur Nummer 1 hat. In Finnland aber blieb der kleine Italiener ein Ladenhüter. Dort bedeutet «Uuno» umgangssprachlich «Trottel». Auf den Uno folgte 1995 schliesslich der Nachfolger Punto.
Um dies zu verhindern, lässt sich Gotta für die Kreation von neuen Produktnamen genug Zeit. Bis zu zwei Monate, «um Abstand vom Produkt zu gewinnen und es neu beurteilen zu können», sagt Gotta. Dies sei auch der Grund, weshalb er im Jahr nur ein Maximum von 40 Aufträgen entgegennehmen könne.
Ein Name für alle Sinne
Zuhören, was der Kunde will, das ist für Namensentwickler Gotta das A und O. Erst danach könne er sich vollkommen auf das Produkt einlassen. «Dazu lasse ich mich mit dem Auto einschliessen, muss mit ihm allein sein», sagt Gotta, «ich lege mich davor, setze mich rein, rieche daran, berühre es». Nur so könne er sinnlich erleben, was letztendlich die Endkundschaft erleben soll.
Der Name sollte einzigartig sein, in allen Ländern dasselbe bedeuten, nicht bereits existieren.
Mithilfe von freien Mitarbeitenden und Gruppendiskussionen werden danach potenzielle Namen getestet und durch Recherchearbeit überprüft. «Der Name sollte einzigartig sein, in allen Ländern dasselbe bedeuten, nicht bereits existieren».
Schlussendlich liegen rund 15 Namen auf dem Tisch. «Und das ist dann das Allerschwierigste; daraus meine persönliche Empfehlung machen.» Dies habe vor allem mit Gefühl zu tun, sagt Gotta. Für dieses Gefühl zahlen ihm Auftragsgeber bis zu 150'000 Franken.