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Bei «Focus» im Gespräch Simon Enzler: «Ich wäre gerne nochmals jung»

Einst spielte er den knorrigen Appenzeller Bauer, heute ist der Kabarettist Simon Enzler auf der Bühne ein scharfzüngiger Beobachter des Weltgeschehens. In «Focus» ist er zu Gast bei Beatrice Gmünder, die er seit dem Kindergarten kennt.

Simon Enzler

Kabarettist

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Simon Enzler, 1976 geboren, steht seit 20 Jahren als Kabarettist auf der Bühne. Eines seiner Markenzeichen ist sein markanter Appenzeller Dialekt. Die Moderation der SRF-Sendung «Comedy im Casino» machte ihn einem breiten Schweizer Publikum bekannt. Er wurde unter anderem mit dem Swiss Comedy Award, dem Salzburger Stier und dem Prix Walo ausgezeichnet.

SRF: Ich nehme die Vermarktung von Appenzell etwa so war: Es gibt keinen schöneren Ort als Appenzell mit seiner lieblichen Hügellandschaft samt Alpstein, die Leute sind alle «glatti Cheibe», und Tradition wird hier noch hochgehalten. Du bist im Appenzell tief verwurzelt, erkennst du dich wieder?

Simon Enzler: Etwa zur Hälfte. Das Bild, das die Schweiz von Appenzell hat, ist nicht das, wie ich es als Kind erlebt habe. Ich bin nicht in einer Bauernfamilie aufgewachsen, also waren mir Dinge wie Volksmusik und Trachtenverein nie wichtig. Ich kenne diese kulturellen Begebenheiten, und sie gefallen mir auch. Traditionen haben einen Sinn, aber irgendwann hat man auch genug davon.

Appenzell ist auch immer wieder Thema in deinem Programm. Wie muss man sich die Vorbereitung vorstellen, gehst du zum Beispiel mit Notizblock an einen Stammtisch?

Früher habe ich das so gemacht, habe ich mich zur Recherche an den Stammtisch gesessen und habe Sequenzen davon aufgezeichnet. Auch wenn ich bei meiner Mutter Kaffee trinke, habe ich meistens den Notizblock dabei. Mittlerweile ist es ein wenig anders: es passieren überall im Alltag Dinge. Das grösste Talent, das ein Komiker haben muss, ist nicht, komisch zu sein, sondern zu merken, was komisch ist.

Traditionen haben einen Sinn, aber irgendwann hat man auch genug davon.

In deine Karriere gestartet bist du ja vor gut 20 Jahren.

Nicht ganz. Gestartet habe ich 1991, als mein Grossvater Alfred Fischli 70 Jahre alt wurde. Abends hatten wir eine Disco in einem Bauernhaus, da warst du auch dabei. Tagsüber habe ich als 15-Jähriger meine erste Nummer im Stil von Emil Steinberger gespielt. Ab dann war klar, das ist mein Hobby. Darauf folgten erste Engagements bei Bekannten.

Heute bist du Mitte 40. In deinem aktuellen Programm «Brenzlig» kommen Energiemangellange, Medien in der Krise, der Krieg in Europa und der Klimawandel vor. Wer bist du heute auf der Bühne?

Ich bin auf der Bühne viel mehr im Alter angekommen, in dem ich auch privat bin. Man hört, dass ich aus dem Appenzell komme, aber mich interessiert die weite Welt, die einen heute nicht kalt lässt. Mit dem Schreiben von «Brenzlig» habe ich im Januar 2022 angefangen, dann kam der Krieg, und ich musste nochmals über die Bücher. Dann kam die Hysterie wegen der Energie, und auch da musste ich auf der Bühne dazu Stellung nehmen. Es wurde das aktuellste Programm, das ich je hatte.

Fluchen ist hochkreativ.

Auf der Bühne fluchst du viel. Früher hiess es von den Eltern her oft: «Das sagt man nicht». Wie handhabst du das Fluchen mit deinen zwei Söhnen?

Sie sind ziemlich talentiert darin. Wenn ihnen etwas widerfährt, dass ihnen wehtut oder nicht passt, dann hört man es. Ich würde einem Kind nie sagen: Rede nicht so. Ich sage dann etwas, wenn sie sinnlos drauflos schwatzen. Aber Fluchen ist hochkreativ.

Würdest du alles in deinem Leben nochmals so machen, oder würdest du etwas nachholen?

Nein, ich würde nichts anders machen. Ich bin auch ein Mensch, der gerne nochmals jung wäre, weil es so schön war. Viele sagen, zum Glück muss ich nicht nochmals durch diese Zeit, aber ich würde es mir wünschen. Gleich nochmals von Anfang an.

Das Gespräch führte Beatrice Gmünder.

Radio SRF 3, Focus, 05.06.2023, 20:00 Uhr ; 

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