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Beliebter Weihnachtsbrauch Wichteln: Schenken, aber anders

Wichteln wird als Advents- und Weihnachtsbrauch immer beliebter. Immer wieder entstehen neue Varianten, etwa «Schrottwichteln» oder die «Nissedör». Die Ursprünge des Wichtelns liegen in Skandinavien.

Bei der Arbeit, in der Schulklasse, in der Familie: Wichteln ist zu einer beliebten Adventstradition geworden. Ein Grund für den Erfolg: Beim Wichteln beschenkt jede Teilnehmerin nur eine andere Person. Zusätzlich ist der Betrag, den das Geschenk kosten darf, oft beschränkt. Das reduziert die Geschenkeflut und damit Kosten und Konsum.

Kleines Geschenk mit roter Schleife neben Tannenästen.
Legende: Beim klassischen Wichteln beschenkt jede Person nur eine andere – so werden die Geschenkflut und die Kosten reduziert. Colourbox / Evgeny Karandaev

In Zeiten der Inflation und des bewusst gemässigten Konsums erobert das Wichteln so auch immer mehr Familienweihnachten. Zuvor wurde es vor allem in Schulklassen oder unter Arbeitskollegen praktiziert, wo es sowieso nicht zumutbar ist, dass sich alle in hohe Unkosten stürzen.

Wichtel schenken heimlich

Die Beschränkung auf ein einziges Geschenk gibt den Schenkenden zudem den Raum, ein Geschenk auszuwählen, das besonders gut zum «Wichtelopfer» passt.

Varianten: Vom «Schrottwichteln» zur «Nissedør»

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Neben der herkömmlichen Form des Wichtelns haben sich in den letzten Jahrzehnten viele Varianten entwickelt. Hier die bekanntesten:

Schrottwichteln

Beim «Schrottwichteln» dürfen die Geschenke nicht neu gekauft werden. Stattdessen soll etwas weitergegeben werden, das der oder die Schenkende nicht mehr benötigt. Die Idee dahinter: Keine Ausgaben für potenziell Unnötiges, sondern ein zweites Leben für nicht Gebrauchtes.

Mottowichteln

Beim «Mottowichteln» wird im Voraus ein Motto oder auch eine Farbe abgemacht, worauf sich die Wichtelgeschenke beziehen müssen. Das schränkt die unendliche Zahl möglicher Geschenke etwas ein.

Würfelwichteln

Beim «Würfelwichteln» werden die Geschenke nicht heimlich hinterlassen und sind auch nicht für ein bestimmtes «Wichtelopfer» bestimmt. Stattdessen treffen sich alle Beteiligten und bringen ihre Geschenke mit.

Dann wird reihum gewürfelt. Bei bestimmten Würfelresultaten darf ein Geschenk ausgewählt werden. Das geht so lange bis alle Geschenke verteilt sind.

Räuberwichteln

«Räuberwichteln» kann als Variante des «Würfelwichtelns» gespielt werden. Hier dürfen je nach Würfelwurf Geschenke ausgetauscht oder von anderen stibitzt werden. Nach Ablauf einer vorbestimmten Dauer behalten die Beteiligten die ergatterten Geschenke.

Alternativ funktioniert «Räuberwichteln» auch ohne Würfel: Der Reihe nach (z.B. von Jung nach Alt) darf man entweder ein Geschenk vom Haufen nehmen oder von jemand anderem ein Geschenk stehlen. Das Spiel endet, wenn alle ein Geschenk haben.

Wichteltür / nissedør / Elf on a Shelf

Seit einigen Jahren verbreitet sich die «Wichteltür», dänisch «nissedør» als Alternative zum Adventskalender für Kinder. Dazu wird eine kleine Tür gebastelt, hinter der Anfang Dezember ein Wichtel «einzieht». Dieser «hinterlässt» in der Adventszeit kleine Geschenke und stellt mancherlei Schabernack an, lässt sich dabei aber nie blicken.

Der «Wichteltür»-Brauch ist vielleicht aus Dänemark in den deutschsprachigen Raum gekommen; möglicherweise hatte auch das erfolgreiche US-amerikanischen Kinderbuch «The Elf on a Shelf» von 2005 einen Einfluss. Dieses stützt sich wie das Wichteln auf den skandinavischen Volksglauben an freche, kleine, menschenähnliche Wesen, welche den Menschen Gutes tun, sich dabei aber nicht sehen lassen.

Ausserdem wird beim Wichteln meistens heimlich und anonym geschenkt. Das sorgt für heiteres Rätselraten, wer denn der eigene Wichtel sein könnte.

Ursprünge in Skandinavien

In der Schweiz ist der Wichtelbrauch seit ein paar Jahrzehnten bekannt. In Norddeutschland wichtelt man bereits seit dem 19. Jahrhundert – dort wird der Braucht oft «Julklapp» genannt. Dieser Name deutet auf die skandinavische Herkunft des Wichtelns hin: «julklapp» ist das schwedische Wort für 'Weihnachtsgeschenk'.

Kleiner Wichtel im Schnee.
Legende: Die skandinavischen Schenkbräuche gehen davon aus, dass es kleine menschenähnliche Wesen gibt, die im Verborgenen schenken. Colourbox / Thomas Graversen

Der Ursprung des Wichtelns liegt in skandinavischen Schenkbräuchen. In Schweden etwa gingen im 18. und 19. Jahrhundert Jugendliche am 24. Dezember durch die Nachbarschaft, klopften an die Haustüren und warfen, wenn jemand öffnete, ein «Geschenk» hinein. Etwa ein Holzscheit oder eine Strohfigur – nicht selten begleitet von einem Schmähgedicht.

Norddeutschland als «Einfallstor»

Später wurden dieser Schenkbrauch in die Familie geholt: Eltern klopften an die Zimmertüren der Kinder und warfen echte Geschenke hinein. In dieser Form kam der Brauch Ende des 19. Jahrhunderts unter den Namen «Julklapp» und «Wichteln» nach Norddeutschland.

Der Name «Wichteln»

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Bei den skandinavischen Schenkbräuchen spielt auch die Vorstellung eine Rolle, dass es kleine, menschenähnliche Wesen gibt, welche den Menschen helfen und sie beschenken, sich aber niemals blicken lassen.

Diese Wesen werden «tomter», «nisser» oder «troll» genannt und gehören fest zur skandinavischen Sagenwelt. Man kann sie ungenau als Kobolde oder Zwerge bezeichnen. Der Überbegriff für diese Wesen ist «vättar», was auf Deutsch mit «Wichtel» übersetzt werden kann.

Da diese Vorstellung offenbar zusammen mit dem heimlichen Schenken nach Norddeutschland kam, wurde der Brauch auch «Wichteln» genannt. Die Schenkenden spielen gewissermassen Wichtel, welche heimlich Geschenke hinterlassen.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde daraus das heute bekannte «Wichteln», bei dem die «Wichtelopfer» ausgelost und heimlich beschenkt werden. So verbreitete sich das «Wichteln» im gesamten deutschen Sprachraum und darüber hinaus. Zuerst wohl eher am Arbeitsplatz und in Freundesgruppen, später auch in Schulklassen und schliesslich in Familien.

Dass immer neue Varianten des Wichtelns erfunden werden, zeigt, dass Traditionen sehr wandelbar sind und sich problemlos dem Zeitgeist anpassen können.

Ausstellung zum Schenken

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Im Kulturmuseum St. Gallen widmet sich aktuell eine Ausstellung der Frage, warum Menschen schenken – in der Schweiz und andernorts.

Die Ausstellung «Warum schenken wir? Gabentausch rund um die Welt» dauert noch bis am 21. Januar 2024.

Radio SRF 3, 22. Dezember 2023, 8:40 Uhr ; 

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