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Stimmen diese Klischees über Croupiers?
Aus Radio SRF 3 Clips vom 06.03.2024.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 9 Sekunden.
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Berufe auf der Leinwand Wie im Film – oder doch nicht?

Oscarreife Filmszenen haben nicht viel mit der Realität zu tun. Das fällt besonders auf, wenn Berufe dargestellt werden.

Hollywood-Geschichten haben oft nicht viel mit der Realität gemein. Das fällt besonders auf, wenn Berufe in Filmen oder Serien dargestellt werden. Denn so nehmen wir diese Berufsbilder oft auch in der Realität wahr.

Pflegeberuf – falsche Anreize

Herzstillstand, und in der Notaufnahme ist die Hölle los. Chaotisch und laut geht es zu und her, mit einer Herzmassage versucht die Ärztin, den Patienten zu retten. «Das würde keiner überleben, das ist viel zu mild dargestellt. Normalerweise werden bei der Reanimation ein paar Rippen gebrochen», sagt Pierre-André Wagner, Leiter des Rechtsdienstes vom Schweizer Berufsverband für Pflegepersonal. In der Realität gehe es zwar auch schnell, aber: «Hektik ist nicht gut auf dem Notfall!»

Szene aus Grey's Anatomy
Legende: Grey's Anatomy zählt zu den eher unrealistischen Spitalserien, weil die Ärztinnen und Ärzte alles können und das Pflegepersonal kaum vorkommt. Imago/Allstar

Ein weiteres Klischee: Das Personal hat viel Zeit, sich um die Probleme der Patienten zu kümmern. Solche Szenen setzen falsche Anreize: «Wie Leute einen Beruf in Film oder Serien sehen, hat einen Einfluss auf die Berufswahl», sagt Wagner. Die gezeigten Ideale seien zwar gut, könnten aber in der Praxis zum Realitätsschock führen: «Man verbringt 30 bis 50 Prozent mit administrativer Arbeit, die man der Dramaturgie wegen im Film oder in der Serie niemals sieht.»

Anwalt – zwischen Gut und Böse

Ally McBeal, Erin Brockovich oder Saul Goodman – die Liste von Filmadvokaten ist lang und hat viele Jus-Studierende inspiriert. Die Realität sieht dann doch anders aus als auf der Leinwand. Der grosse Unterschied ist das Rechtssystem in den USA im Vergleich zur Schweiz und somit auch die Arbeit von Anwältinnen.

In US-Filmen richtet sich die Verteidigung meistens an die Jury. «Da macht die Theatralik Sinn», sagt Rechtsanwalt und Journalist Patrick Sutter. «Schweizer Richterinnen und Richter lassen sich davon nicht beeindrucken.»

Gerichtsszene mit Kultanwältin Ally McBeal aus der gleichnamigen Serie.
Legende: Die Kultserie Ally McBeal hat viele Jus-Studierende beeinflusst. Der Berufsalltag von Schweizer Anwältinnen und Anwälten ist dagegen weniger filmreif. Imago/Cinema Publishers Collection

Böse, streitsüchtig und karrieregeil – oft werden Anwälte und Anwältinnen auch so gezeigt. Das habe Einfluss auf die Wahrnehmung des Berufsbilds und schaffe Hürden in der Realität, erklärt Sutter: «Es kommt oft vor, dass Klientinnen oder Klienten sagen, dass sie in ihrem Leben zum Glück noch nie einen Anwalt gebraucht haben.» Dabei wäre es in gewissen Lebenssituationen besser, schon vor dem eigentlichen Rechtsstreit Rat bei einem Anwalt zu holen: «Wenn Leute das Gefühl haben, Anwälte und Anwältinnen seien nur zum Streiten da, dann ist es meistens zu spät.»

Eigentlich sei es die Aufgabe eines guten beratenden Anwalts, einen Rechtsfall zu verhindern oder zumindest gut darauf vorbereitet zu sein: «Realistisch gesehen, gibt es nichts im Leben, was nicht rechtlich geregelt ist. Da ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man etwas falsch macht.»

Kriminalpolizei – ähnliche Fälle, andere Arbeit

Es ist das Narrativ jedes Sonntagabendkrimis und fast jeder Nordic-Noir-Serie. Es geschieht ein Mord, der Kommissar taucht mit einer Tasse Kaffee als Letzter am Tatort auf, untersucht die Leiche und der Fall ist innerhalb weniger Tage gelöst.

Die beiden Schweizer Tatort-Kommissarinnen  Isabelle Grandjean und Tessa Ott.
Legende: Die beiden Schweizer Tatort-Kommissarinnen Isabelle Grandjean und Tessa Ott. Dies könnte auch eine Szene aus dem echten Polizeialltag sein. SRF/Sava Hlavacek

Die Tatortsbesichtigung läuft tatsächlich so ähnlich ab, bestätigt Reto Waldmeier von der Kriminalabteilung der Kantonspolizei Bern: «Gerade bei Tötungsdelikten sind wie im Film die ersten Stunden und Tage entscheidend.» Doch im Gegensatz zum Krimi arbeiten die Ermittlerinnen in einer Sonderkommissionsstruktur und wechseln sich ab. Und im echten Polizeialltag geht es auch länger mit der Spurensicherung: «Da müssen wir in Ausnahmefällen den Leuten auch mal erklären, dass das nicht wie im Film läuft.»

Radio SRF 3, Aktuell, 07.03.2024, 06:40 Uhr;kesm

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