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Entspanntes Lesen in bequemen Sesseln.
Legende: Es muss nicht immer Zeitung sein. Gaetan Bally/Keystone

Digital am Sonntag Digital am Sonntag, Nr. 24: Ja! Installiere alles! ALLES!

Am Wochenende hat man Zeit zum Lesen. Deshalb stellen wir hier jeden Freitag die Artikel zu Digital-Themen zusammen, die wir lesenswert finden.

Die Diktatur der Daten

Kenneth Cukier und Viktor Mayer-Schönberger erinnern im MIT Technology Review an Robert McNamara, US-amerikanischer Verteidigungsminister während des Vietnam-Krieges und seither Symbolfigur für eine Administration, die kalte statistische Daten über alles stellte. Er gilt als einer der ersten, der «data-driven decision making» eingeführt hat.

Was verlockend klingen mag – rationale Entscheide aufgrund harter Fakten treffen – erwies sich als Trugschluss, weil zwar mithilfe der Zahlen Politik gemacht wurde, die Datenbasis oft aber eine Präzision vorspiegelte, die weit von der Realität entfernt war.

Die Autoren befürchten, dass die aktuelle Daten-Sammel-Wut zu einer ähnlichen Fehlentwicklung führen könnte: Man sammelt riesige Daten-Berge, analysiert sie mit noch nie zuvor gekannter technologischer Kampfkraft und glaubt blind an die Aussagen der Modelle. Die wegen fehlerhafter Daten, falschen Gewichtungen oder schlicht Zufall aber trotzdem daneben liegen können. Was in einer Daten-Diktatur dann niemand wahrhaben will.

McNamara hat in seinen berühmten Memoiren den Fehler eingesehen und geschrieben: «We were wrong, terribly wrong.» Die Autoren im MIT Technology Review befürchten, dass man nichts aus McNamars Fehlern gelernt hat:

Big data will be a foundation for improving the drugs we take, the way we learn, and the actions of individuals. However, the risk is that its extraordinary powers may lure us to commit the sin of McNamara: to become so fixated on the data, and so obsessed with the power and promise it offers, that we fail to appreciate its inherent ability to mislead.

Siggis grosses Abenteuer

Kevin Poulsen porträtiert für Wired Threat Level einen jungen Mann namens Sigurdur «Siggi» Thordarson. Der Isländer war bei Wikileaks dabei und spielte dort eine eher unrühmliche Rolle. Nicht nur wurde er zum Maulwurf und übergab dem FBI für Geld Informationen über die Plattform. Sondern er soll dazu Wikileaks-T-Shirts verkauft und die Einnahmen in die eigene Tasche gesteckt haben.

Als Thordarson bei Wikileaks anfing, war er gerade mal 17 Jahre alt. Er scheint das ganze vor allem als grosses Abenteuer gesehen zu haben. Er war verantwortlich für den Wikileaks-Chat-Raum und damit erste Ansprechperson für neue Freiwillige, Journalisten und auch mögliche neue Whistleblower. Eine Position, die Vertraulichkeit voraussetzt. Stattdessen schnitt Thordarson alles mit, schreibt Kevin Poulsen:

He accumulated thousands of pages of chat logs from his time in WikiLeaks, which, he says, are now in the hands of the FBI.

Willst du alles installieren? Ja!

Als erfahrener Webonaut hat man sich bestimmt schon gefragt, wie schwer ein PC erkranken würde, klickte man bei jedem Popup und jedem Installations-Vorschlag immer freudig Ja! Ich will! Conor Myhrvold unternimmt für Ars Technica dieses Experiment der Selbstverstümmelung. Er füttert eine Suchmaschine mit Stichwörtern wie «free games», «free music» oder «free screensavers» und installiert einfach hemmungslos alles, was ihm das Internet so vorschlägt. Und protokolliert fleissig. Wenig überraschend hat er schnell einen PC voller Viren, Werbung und Software, die nicht funktioniert; oder wie es ein Leser in einem Kommentar schön auf den Punkt bringt:

Did you just borrow my Dad's old PC?

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