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Entspanntes Lesen in bequemen Sesseln.
Legende: Lesen und nachdenken über: Die sexualisierte Hackerin Clara und Frauenrollen in Games. Gaetan Bally/Keystone, Montage SRF

Digital am Sonntag Digital am Sonntag, Nr. 65: Ubisoft und die Frauen

Das Thema dieses Wochenende: Frauen-Rollen in Games sind zu oft sexistisch, wenn sie nicht gleich ganz fehlen. Aktuell gerät deswegen Ubisoft in die Kritik, weil sich das Problem gleich in drei ihrer Spiel-Serien offenbart: «Watch Dogs», «Assassins's Creed» und «Far Cry».

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Am Wochenende hat man Zeit. Deshalb stellen wir hier jeden Freitag die Artikel zu Digital-Themen zusammen, die wir lesens- und bedenkenswert finden. Setzt euch zu uns in die bequemen Sessel dieser «chambre de réflexion digitale»!

Habt auch ihr einen Tipp? Sagt es uns.

Ich diskutiere gerade in den Kommentaren zum Review mit einigen von euch über die Frauen-Rolle in «Watch Dogs». Ich finde die Figur der Hackerin Clara schlecht, weil sie sogleich sexualisiert wird. Weil die Figur das immer und immer wieder benutzte Klischee zementiert, dass eine Frau in einer Geschichte nur über ihre mögliche Beziehung zum männlichen Helden relevant sei.

Natürlich ist das nicht allein ein Problem von Hersteller Ubisoft, doch weil ich mich bereits zuvor über eine Frauenrolle in einem Ubisoft-Spiel aufgeregt hatte, habe ich es auch in der aktuellen Kritik wieder thematisiert.

Da passt es natürlich hervorragend, dass Ubisoft diese Woche erneut wegen der Repräsentation von Frauen in Spielen in die Bredouille geriet.

Frauen sind zu viel Arbeit

An der wichtigen Game-Messe E3 kündigte Ubisoft neue Versionen ihrer erfolgreichen Serien an, «Assassins's Creed Unity» und «Far Cry 4». In Interviews mussten Produzenten beider Spiele dann erklären, warum in Mehrspieler-Modi nur männliche Spielfiguren zur Verfügung stehen werden.

Sie begründeten das zunächst auffallend ähnlich: Man habe weibliche Avatare aus dem Spiel genommen, weil es zu viel Aufwand gewesen wäre. Animationen anpassen, Stimmen neu aufnehmen, die Figuren gestalten – das habe man schweren Herzens streichen müssen.

Nachdem dieser Darstellung widersprochen wurde, passte Ubisoft die Position bezüglich «Assassins's Creed Unity» an: Man wolle erzählerische auf die (männliche) Hauptfigur Arno fokussieren. Alec Meer fasst die Debatte in einem Artikel im Game-Blog «Rock Paper Shotgun» zusammen und vermutet:

Had the original party line been «this is a game about Arno, pure and simple» this controversy wouldn't have happened[…]. The problem is that they initially went with something that came across as «women are too much work».

Es zeigt halt: Das sind Ausreden. Denn natürlich hätte man auch andere Teile des Spiels streichen können – was ich ohnehin wohltuend fände, weil ich regelmässig Ubisoft-Spiele völlig überladen finde. Und natürlich hätte man auch gleich eine weibliche Hauptfigur schreiben können.

Ausreden, aber Problembewusstsein

Hier steht also die Game-Industrie in dieser Frage: Sie weiss zwar, dass sie Frauen in Spielen besser repräsentieren muss. Doch sie tut so, als sei die Lösung des Problems sehr schwierig und mühsam. Sie schiebt es lieber vor sich her und drechselt kunstvoll Ausreden.

Im Gegensatz zu früher wird immerhin nicht mehr verneint. Mitarbeiter von Ubisoft, die sich jetzt zur Kontroverse äussern, tun das in einer Art und Weise, die zeigt, dass das Problem intern diskutiert wird, und dass der Druck, etwas zu verändern, nicht nur von aussen kommt.

Das Überwinden der Haftreibung

Kleine Schritte, immerhin. Ich vermute, dass es wie mit der Haftreibung ist: Um ein Objekt in Bewegung zu versetzen, muss man mehr Energie aufbringen, als es danach in Bewegung zu halten.

Wenn die Industrie ihren inneren Schweinehund also endlich überwindet und die Hürde der Haftreibung nimmt, werden alle merken, dass Spiele nicht schlechter, sondern besser werden, wenn sie respektvolle Frauenrollen enthalten. Doch damit das geschieht, müssen wir – Spieler und Kritiker – weiterhin Druck ausüben.

Ich bin sicher, dass einige von euch trotzdem nicht so recht verstehen, warum wir so auf diesem Thema herumreiten. Praktisch, dass es Alec Meer im bereits erwähnten Artikel so eloquent erklärt :

[I]t's extremely important for those of us who play and discuss games to make it clear that enough of us really do want that choice to be there. […] We must make this known, even though there are many, extremely aggressive voices who loudly and angrily claim that they do not want it […]. Those voices are scared that their games are being taken away from them. They are not. They are simply, I hope, going to be more welcoming to more people, and they will do this by offering choice.

Word.

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