Musik soll auf Ungeborene eine entspannende Wirkung haben und deren Entwicklung fördern. Das behauptet schon seit längerem eine ganze Industrie, die Geräte und Musik an Schwangere verkaufen will. Die Firma Belly Buds zum Beispiel bietet Lautsprecher an, die sich werdende Mütter an den Bauch heften können, um so das ungeborene Kind mit Musik zu versorgen – in Stereo, versteht sich.
Optimale Beschallung aus der Vagina
Forschern der gynäkologischen Klinik Institut Marquès in Barcelona geht diese Beschallung von aussen zu wenig weit. Sie wollen die Musik so nahe wie möglich an das Ungeborene bringen.
Zu diesem Zweck haben sie einen Lautsprecher in Form eines Tampons entwickelt, den sich werdende Mütter einführen können. Dieser Baby Pod bleibt nicht ohne Wirkung auf das Kind: In einer Studie konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Föten bereits in der 16. Woche auf barocke Flötenmusik aus dem Vaginal-Lautsprecher reagieren. Bis anhin ist man davon ausgegangen, dass sich der Gehörsinn erst Wochen später entwickelt.
Stimme der Mutter ist Teil einer Beziehung
Die klinische Musikpädagogin Friedrike Haslbeck findet diese Erkenntnis aus der Studie interessant. Die promovierte Wissenschaftlerin forscht an der Klinik für Neonatologie des Universitätsspitals Zürich über den Einfluss von Musik auf Neugeborene. Musik bedeutet hier: Lieder, die die Eltern oder Pflegepersonen dem Baby vorsingen.
Die Forscherin ist überzeugt, dass die Stimme der werdenden Mutter beim Aufbau einer Beziehung zum Kind eine wichtige Rolle spielt und zwar aus verschiedenen Gründen: Das Ungeborene nimmt die Stimme seiner Mutter nicht nur von aussen über die Ohren wahr, sondern auch als Schwingungen über den Körper. Zudem gibt eine Schwangere beim Singen, Sprechen oder Musizieren Glückshormone ab – und das ist eine prägende Erfahrung. Als Neugeborenes kann es so dann bereits die Stimme der Mutter erkennen und deren Sprache von anderen unterscheiden.
Selber singen statt Musik aus der Konserve
Wie sich die Beschallung mit dem Baby Pod auf diesen Prozess auswirkt, hat noch niemand untersucht. Gut möglich, dass die Berieselung aus dem Vaginal-Lautsprecher zu einer Reizüberflutung führt und störend wirkt statt fördernd.
Friederike Haslbeck steht deshalb dem Baby Pod skeptisch gegenüber: Kein Lautsprecher, weder von extern eingeführt oder auf den Bauch gelegt, könne einer Mutter, die singt, musiziert oder mit ihrem Kind spricht, das Wasser reichen. Voraussetzung dazu sei allerdings, dass die Mutter dies aus Freude macht. Dann kann sie getrost auf Lautsprecher jeglicher Art verzichten.