Diese Himbeeren lösen auch ohne Vanille-Glacé Begeisterung aus. Und sie kosten auch nicht viel mehr als ein luxuriöses Dessert: Für knapp sechzig Franken erhält man eine handflächengrosse Platine mit einem ARM-Prozessor, 512 MB Arbeitsspeicher, zwei USB-Anschlüssen und einem HDMI-Ausgang, um den Kleinen an einen Fernseher oder Monitor anzuschliessen. Über einen analogen Video-Ausgang kann auch ein alter Fernseher das Bild anzeigen. Ein günstigeres «Raspberry Pi»-Modell mit etwas weniger Speicher und Anschlüssen ist ebenfalls erhältlich.
Auf einer SD-Speicherkarte werden Betriebssystem, etwa ein angepasstes Debian namens «Raspbian», und Software installiert – dank Open Source alles gratis und frei verfügbar.
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Ein Computer für Schulen
Konzipiert wurde der Budget-Computer von der «Raspberry Pi Foundation», einer englischen Stiftung, die sich zum Ziel setzt, Informatik schon in der Schule zu fördern. Mit dem Projekt «Raspberry Pi» entwickelte die Stiftung deshalb einen möglichst günstigen PC mit einer möglichst einfachen und leicht ausbaubaren Hard- und Software.
Doch nicht nur das Erziehungswesen interessiert sich für den Mini-Rechner: Seit der Gründung der Stiftung 2009 bis Anfang 2013 wurden schon eine Million Stück des Mini-Computers verkauft. Bemerkenswert ist, dass immer mehr «Raspberries» in Europa gefertigt werden. In einer Sony-Fabrik im Süden von Wales ging vor kurzem der 500'000ste «Raspberry Pi» vom Band.
Projekte mit dem «Raspberry Pi»
Eine Bastelkiste für alle
Diesen Erfolg verdankt der «Raspberry Pi» nicht nur seinem tiefen Preis, sondern auch der Tatsache, dass er ein vollwertiger Computer ist, der seinen Benutzer fast alles machen lässt. Es gibt bereits eine grosse Zahl an Programmen, die speziell für den «Raspberry Pi» umgeschrieben wurden, zum Beispiel das Bau-Spiel «Minecraft» oder das «XBMC»-Mediacenter. Als Betriebssystem sind mehrere Open-Source-Betriebssysteme erhältlich, darunter verschiedene Linux- oder BSD-Varianten.
Für Bastler kommen zudem immer mehr Hardware-Erweiterungen auf den Markt, die den Raspberry zur universellen Steuerungskiste machen. Ein Beispiel ist das Aufsteckmodul «RaZberry» , das den Rechner befähigt, mit hunderten von Heimautomations-Geräten zu kommunizieren, die den «Z-Wave»-Standard unterstützen.
Jetzt aber los! Die Schritt-für-Schritt-Anleitung
Wir setzten uns allerdings erst einmal ein einfaches Ziel: auf dem «Rasperry Pi» das Spiel «Minecraft» zu installieren und dieses mit der Python-Programmiersprache zu programmieren. Mit den folgenden Schritten sollten das auch Einsteiger schaffen.
1. «Rasperry Pi»-Grundinstallation
- Statt das Betriebssystem selber auf der SD-Karte zu installieren, wählten wir die Variante für Faule und bestellten mit dem «Raspberry Pi» gleich eine SD-Karte mit vorinstalliertem Raspbian drauf.
- Wer dennoch selbst installieren möchte, folgt dieser Anleitung .
- Nun den «Raspberry Pi» verkabeln : Ein gängiges 5-V-Netzteil (wie es die meisten Handys benutzen) dient als Stromquelle, Maus und Tastatur werden per USB angeschlossen, das Netzwerk-Kabel an den Ethernet-Anschluss und der Monitor oder Fernseher mittels HDMI-Kabel. Alternativ kann das Video-Signal auch über ein gewöhnliches Koax-Kabel analog an einen Fernseher angeschlossen werden.
Als erstes nun das richtige Tastatur-Layout einstellen. Dazu das Konfigurations-Menu starten mit dem Befehl:
sudo raspi-config
Dort den Anweisungen auf dem Bildschirm folgen, um das richtige Keyboard-Layout zu wählen (Standard-Tastatur, dann CH-Deutsch).Es kann vorkommen, dass das Video-Signal über den HDMI-Stecker vom angeschlossenen Fernseher nicht erkannt wird. In einem solchen Fall müssen wir erst herausfinden, welchen Modus der TV/Monitor mag. Und zwar mit folgenden Befehlen:
tvservice -d hdmimodes.txt
edidparser hdmimodes.txt
Nun werden verschiedene mögliche Auflösungen angezeigt; gegen Ende der Textausgabe wird der bevorzugte Modus aufgelistet («Best score mode is...»). Bei unserem Gerät war das CEA, 31 (1920 x 1080, 60p). Eine vollständige Liste der unterstützten Modi gibt es hier .Den so ermittelten Modus müssen wir nun in der Datei config.txt hinterlegen. Die bearbeiten wir mit folgendem Befehl:
sudo nano /boot/config.txt
Nun die folgenden Zeilen aktivieren (jeweils das # zu Beginn der Zeile löschen):
hdmi_force_hotplug=1
hdmi_drive=2
hdmi_group=1
hdmi_mode=31
Bei hdmi_group tragen wir 1 ein, wenn wir vorhin CEA als ideal ermittelt haben; oder 2, wenn DMT vorgeschlagen wurde. Bei hdmi_mode tragen wir den oben ermittelten Code ein, in unserem Beispiel 31.Um die Datei zu speichern und zu verlassen, tippen wir:
Ctrl+X, Y, Enter
Nun den «Raspberry Pi» mit folgendem Befehl neu starten :
sudo reboot
Sollte dabei etwas schiefgehen , können wir in config.txt die Option hdmi_safe=1 aktivieren (auf der entsprechende Zeile das # löschen). Damit wird auf dem HDMI-Ausgang ein Bild ausgegeben, das die meisten Bildschirme anzeigen können.
config.txt kann auch bearbeitet werden, indem wir die SD-Karte an einem PC oder Mac einstecken und die Datei direkt ändern.
Sollte kein Bild über HDMI gelingen, schliessen wir den «Raspberry Pi» über das analoge Video-Kabel an und aktivieren in config.txt die Zeile sdtv_mode=2 .- Weitere Problembehebungen findet man hier .
2. Video abspielen
In die Desktop -Umgebung wechseln wir so: erst einloggen, dann folgenden Befehl eingeben:
startx
Nun wollen wir ein Video abspielen , das wir auf einem USB-Stick gespeichert haben (im MP4/H.264-Format).
Dazu öffnen wir ein Terminal-Fenster (oben links auf dem Desktop auf «LXTerminal» klicken) und geben ein:
cd /media/NAME_DES_USB_STICKS
omxplayer -o hdmi NAME_DES_VIDEOS
Die Option -o hdmi weist den Player an, auch den Ton über HDMI auszugeben. Pfeiltasten links und rechts spulen vor und zurück, die Taste q beendet die Wiedergabe.
3. Minecraft installieren
- Die Minecraft-Version für «Raspberry Pi» kostenlos hier herunterladen .
Installieren mit folgendem Befehl (im Terminal-Fenster):
tar -zxvf minecraft-pi-0.1.1.tar.gz
Dann die Desktop-Umgebung starten mit:
startx
Dort ein Terminal-Fenster aufmachen und Minecraft mit folgendem Befehl starten:
cd mcpi
./minecraft-pi
Es öffnet sich ein weiteres Fenster, in dem wir Minecraft spielen können; mit Klick auf das Fullscreen-Symbol oben rechts im Minecraft-Fenster geht das auch bildschirmfüllend.
Die «Raspberry Pi»-Version von Minecraft spielt sich fast gleich wie die Pocket Edition (für iOS/Android): Es gibt keine Geschichte oder gegnerische Viecher, wir können einfach nach Herzenslust drauflosbauen.
Die wichtigsten Tasten : Wir bewegen uns mit W, A, S, D und schauen uns mit der Maus um. Ein Links-Klick entfernt den Block vor uns, ein Rechts-Klick setzt einen hin. Mit 0-9 oder dem Mausrad wählen wir einen Block aus. Zugriff auf weitere Block-Typen gibt es mit der E -Taste.
4. Minecraft programmieren
- Der wichtigste Unterschied zur Minecraft-Pocket Edition: Die «Raspberry Pi»-Version lässt sich programmieren. Das macht Minecraft Pi für das Schulzimmer interessant: Viele Kinder/Jugendliche kennen Minecraft schon und können so spielerisch Grundsätze des Programmierens erlernen.
- Wenn wir Minecraft starten, sind zwei Fenster offen: In einem sehen wir die Welt aus der Sicht unserer Spielfigur. Und im anderen können wir direkt Befehle an Minecraft schicken, um z.B. Blöcke in die Welt zu zeichnen oder die Spielfigur an eine andere Stelle zu versetzen.
- Die wichtigsten
Befehle
:
player.getPos()
zeigt die aktuellen Koordinaten der Spielfigur an
player.setPos(x,y,z)
setzt die Spielfigur an die angegebenen Koordinaten
world.setBlock(x,y,z,BLOCKTYPE)
platziert einen Block in der Welt
world.setBlocks(x1,y1,z1,x2,y2,z2,BLOCKTYPE)
platziert gleich mehrere Blocks, also füllt auf vom ersten bis zweiten Punkt
BLOCKTYPE ist eine Zahl, die bestimmt, was für ein Block das ist. Ausprobieren! Einige der gebräuchlichsten sind:
0=Luft (damit löschen wir bestehende Blöcke)
1=Stein
2=Dreck mit Gras
8=Wasser
11=Lava
12=Sand
20=Glas
35=Wolle (weiss)
41=Gold
42=Stein
44=halbe Steinstufe
45=Roter Ziegelstein
46=TNT
47=Bücherregal
50=Fackel
57=Diamant
62=Ofen
81=Kaktus
Um farbige Blöcke zu setzen, nimmt man am besten gefärbte Woll-Blöcke. Man setzt sie so:
world.setBlock(x,y,z,35,BLOCKDATA)
BLOCKDATA ist eine Zahl, die bestimmt, welche Farbe der Wollblock hat. Z.B.:
1=orange
4=gelb
5=grün
8=grau
10=violett
11=blau
12=braun
14=rot
15=schwarz
16=weiss
- Viele Tutorials für Anfänger und Fortgeschrittene findet man hier .
- Eine Liste der möglichen Befehle an Minecraft gibt es hier .
- Man kann Minecraft auch
von einem anderen Computer
im gleichen lokalen Netzwerk aus ansprechen. (Das kann für Lehrer interessant sein, um in die Installation eines Schülers einzugreifen):
Die IP-Adresse des «Raspberry Pi» herausfinden mit dem Befehl:
ifconfig
Dann von einem anderen Computer über Telnet darauf verbinden. Die IP-Adresse ist die soeben ermittelte, der Port ist 4711. Also z.B. so:
telnet 192.158.1.58 4711
- Minecraft Pi lässt sich nicht nur mit einzelnen von Hand getippten Befehlen steuern, sondern auch über Programme, die in Python geschrieben sind. Python ist auf dem «Raspberry Pi» schon vorinstalliert. Damit lassen sich auch komplexere Dinge erstellen, mit Schleifen oder Bedingungen arbeiten. Die oben verlinkten Tutorials zeigen, wie es geht.
Deren Verfasser Martin O'Hanlon bietet seine Programme auch gleich fertig zum Download an, über die Code-Verteilplattform Github . Um darauf zuzugreifen, müssen wir ein paar Werkzeuge installieren, und zwar mit folgenden Befehlen im Raspberry-Terminal:
sudo apt-get update
sudo apt-get install git-core
Nun können wir Programme laden, z.B. eine riesige Uhr :
git clone https://github.com/martinohanlon/minecraft-clock.git
Wir starten dieses Python-Programm so (Minecraft selber muss schon laufen und eine Welt geladen sein.):cd minecraft-clock
python minecraft-clock.py
Und Zack, haben wir eine riesige Uhr in Minecraft gezeichnet, die mit Blöcken die aktuelle Zeit anzeigt.
Ein paar Grundlagen erklärt O'Hanlon hier: API Basics und API Tutorial . Die Uhr beschreibt er im Detail hier .
Bei der Raspberry-Pi-Foundation selber findet man Minecraft-Tipps hier .
Wenn das alles nicht weiterhilft: Bei Google suchen. Es gibt eine engagierte, hilfsbereite und gut vernetzte «Raspberry Pi»-Community und für praktisch jedes Problem einen Forum- oder Wiki-Eintrag mit der Lösung.
Bist du Lehrer/in? Arbeitest du in deiner Klasse schon mit dem «Raspberry Pi» oder hast es vor? Wir würden uns freuen, von dir zu hören!
Schreib uns hier einen Kommentar oder eine E-Mail (auf digital ät srf.ch).