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Ein Mann probiert Chili con carne mit einem Löffel.
Legende: Er schnetzelt, brät, rührt und kocht. Doch schmeckt auch, was aus dem Everycook herauskommt? everycook/srf

Digital Chili con carne aus dem Automaten

Einen privaten Koch kann sich kaum jemand leisten. Ein Küchengerät, das uns am Herd ablösen soll, allerdings schon eher. «Everycook» heisst die Schweizer Entwicklung, die fixfertige Gerichte zubereiten kann. Ganz ohne menschliche Hilfe kommt die Technik allerdings noch nicht aus.

Wer hat's erfunden?

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Hinter Everycook steckt der Schweizer Alexis Wiasmitinow.

Entwickelt hat ihn der gelernte Maschineningenieur, wie er selber erklärt, aus Faulheit und weil ihm zu oft Gerichte angebrannt seien.

Ich koche häufig und gerne. Mich fasziniert die Mischung aus Präzision und Intuition, die es braucht, wenn etwas wirklich Feines in der Küche entstehen soll. Sinnlichkeit ist wichtig. Keine optimalen Voraussetzungen, wenn man eine vollautomatische Kochmaschine testen soll. Oder vielleicht doch? Gerade deswegen?

21:00 abends in einer Zürcher Wohnung: Alexis Wiasmitinov bringt den derzeit einzigen funktionierenden Prototypen seines Everycook- Kochautomaten persönlich vorbei. Ich darf uns damit ein Chili con carne kochen. Die Zutaten haben wir schon alle da.

Äusserlich eine Mischung aus Reiskocher und Teigmaschine, sind im Inneren des Everycook ein Induktions-Herd und eine Waage untergebracht, Messerscheiben und eine Menge Mess- und Steuertechnik. Elektronische Bauteile schauen ganz unverhohlen an verschiedenen Stellen aus dem Prototypen heraus. Ein Serien-Modell ist zwar schon designt, aber noch nicht in Produktion.

Smartphone statt Kochbuch

Ein Smartphone steckt in einer überteuerten asiatischen Suppen-Attrappe.
Legende: Wir steuern den Everycook mit dem Smartphone und er gibt uns damit Anweisungen. SRF

Ich lege los. Das Rezept für Chili con carne ist im Smartphone geladen, die Verbindung zum Everycook steht. Start!

«Sonnenblumenöl bereit halten. Drei Esslöffel einfüllen»: So lautet das erste Kommando. Ich tue wie geheissen und quittiere den ersten Schritt durch Antippen des Smartphones. Der Everycook erhitzt das Öl.

«Zwiebel schälen und zum schneiden einfüllen.» Aha! Das ist also einer der Vorteile: kein Zwiebelgeruch an den Fingern und keine tränenden Augen. Es genügt, die Zwiebel von der trockenen Schale zu befreien und zu vierteilen.

Ich werfe die Zwiebel-Viertel durch die rohrförmige Öffnung im Deckel meiner Kochmaschine. Im Inneren hacken die Messerscheiben die Stücke und es duftet bereits nach Essen.

Und so geht es nun eine knappe halbe Stunde weiter. Es folgen Peperoni, Hackfleisch, Chili, Mais aus der Büchse, Pelati, Salz und Pfeffer. Ich tue nichts weiter, als die jeweiligen Zutaten zum richtigen Zeitpunkt beizugeben – dann, wenn mir das Smartphone es sagt. Dazwischen werden mir die Wartezeiten bis zum nächsten Schritt angezeigt und der Everycook informiert mich darüber, was er macht. («15 Minuten Kochen bei 90 Grad»)

Der grosse Moment

Dann macht Everycook «Bing» – der Timer ist zum letzten Mal abgelaufen. Mein Essen ist fertig. Und ich bin nun wirklich gespannt, wie das schmecken wird. Schliesslich hat mich zum ersten Mal eine Maschine bekocht. Und sie überrascht mich. Das Chili con carne ist gelungen. Sicher gibt es Gerichte, die anspruchsvoller zuzubereiten sind, aber das Gerät hält, was es versprochen hat. Ich habe mein erstes Chili con carne gekocht und dabei im Wesentlichen nur die Zutaten geliefert.

Es ist mittlerweile spät und die warmen Bissen tun gut. Aber mir fehlt das Gefühl, selbst für das Gekochte verantwortlich zu sein. Ich habe das Klappern der Pfanne auf dem Herd und das Zischen der Zwiebeln vermisst. Das Gefühl, selber das Heft in der Hand zu haben. Die sinnliche Seite des Kochens eben.

Ich glaube nicht, dass ich einen Everycook zuhause brauche. Dafür kann ich vielleicht einfach schon zu gut kochen.

Investoren gesucht

Eine computergenerierte Visualisierung des Everycook-Serienmodells
Legende: So ungefähr könnte das Serienmodell aussehen. everycook

Alexis Wiasmitinow aber ist vom Potential seiner Entwicklung überzeugt. Wenn er die vielen positiven Rückmeldungen auf den Everycook hochrechnet, glaubt er an einen grossen potentiellen Markt. Wiasmitinow verhandelt derzeit mit Produzenten in China und sucht nach Investoren, denn sein Produkt wäre reif für die Serienproduktion.

50 speziell für den Everycook programmierte Rezepte stehen auf jeden Fall schon jetzt auf der Everycook-Webseite bereit und die Sammlung soll weiter wachsen.

Die Interaktion zwischen Rezept, Mensch und Maschine, also die Steuerung des Everycook, geschieht derzeit noch über den Browser im Handy, Tablet oder PC. Apps für iOS und Android sollen im nächsten Jahr folgen – dann, wenn der Everycook für um die 1800 Franken auf den Markt kommen soll.

Hier geht's zu meiner ersten Begegnung mit der Kochmaschine und gleichzeitig zur letzten Folge der zweiten SRF Gadgets-Staffel:

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